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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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satorische Wirksamkeit und einen Abschluß für die
Zukunft, das ist es, was ich Ihnen zu bieten habe,
indem ich Ihnen sage: "Ziehen Sie sich selber aus
reinem, kräftigem Stamm die Sprossen, die Sie
dem absterbenden Baume der Reckenburg einimpfen
wollen.

"Ich dahingegen -- nun, Sie kennen mich, Sie
wissen, was ich im allgemeinen Gebiete leiste, und im
eigensten versäume. Das Leben auf meinen Gü¬
tern stagnirt, und das meiner Söhne treibt wilde
Schößlinge. Ich sehe es mit der Unruhe des Vaters
und Stammhalters, sehe es, -- und vermag es nicht
zu ändern, nicht die weitertragenden Entwürfe, den
Ehrgeiz, wenn Sie so wollen, zu beschränken. Ich
bin nicht der erste Mann, der sein Haus gegen sei¬
nen Beruf zurücksetzt; jeder Staatsdiener größeren
Styls thut es, muß es thun. Lassen Sie mich hin¬
zufügen, daß ich mich im Augenblicke dringen¬
der denn je in diesem Zwiespalt der Pflichten befan¬
gen sehe. Das Oberpräsidium der Provinz, das mir
angetragen worden ist, -- als Durchgangsposten zu
einem höheren, ich weiß es -- würde mich dauernd
aus dieser Gegend entfernen; aufrichtiger: es wird
mich entfernen, denn ich kenne zum Voraus meine

ſatoriſche Wirkſamkeit und einen Abſchluß für die
Zukunft, das iſt es, was ich Ihnen zu bieten habe,
indem ich Ihnen ſage: „Ziehen Sie ſich ſelber aus
reinem, kräftigem Stamm die Sproſſen, die Sie
dem abſterbenden Baume der Reckenburg einimpfen
wollen.

„Ich dahingegen — nun, Sie kennen mich, Sie
wiſſen, was ich im allgemeinen Gebiete leiſte, und im
eigenſten verſäume. Das Leben auf meinen Gü¬
tern ſtagnirt, und das meiner Söhne treibt wilde
Schößlinge. Ich ſehe es mit der Unruhe des Vaters
und Stammhalters, ſehe es, — und vermag es nicht
zu ändern, nicht die weitertragenden Entwürfe, den
Ehrgeiz, wenn Sie ſo wollen, zu beſchränken. Ich
bin nicht der erſte Mann, der ſein Haus gegen ſei¬
nen Beruf zurückſetzt; jeder Staatsdiener größeren
Styls thut es, muß es thun. Laſſen Sie mich hin¬
zufügen, daß ich mich im Augenblicke dringen¬
der denn je in dieſem Zwieſpalt der Pflichten befan¬
gen ſehe. Das Oberpräſidium der Provinz, das mir
angetragen worden iſt, — als Durchgangspoſten zu
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[176/0180] ſatoriſche Wirkſamkeit und einen Abſchluß für die Zukunft, das iſt es, was ich Ihnen zu bieten habe, indem ich Ihnen ſage: „Ziehen Sie ſich ſelber aus reinem, kräftigem Stamm die Sproſſen, die Sie dem abſterbenden Baume der Reckenburg einimpfen wollen. „Ich dahingegen — nun, Sie kennen mich, Sie wiſſen, was ich im allgemeinen Gebiete leiſte, und im eigenſten verſäume. Das Leben auf meinen Gü¬ tern ſtagnirt, und das meiner Söhne treibt wilde Schößlinge. Ich ſehe es mit der Unruhe des Vaters und Stammhalters, ſehe es, — und vermag es nicht zu ändern, nicht die weitertragenden Entwürfe, den Ehrgeiz, wenn Sie ſo wollen, zu beſchränken. Ich bin nicht der erſte Mann, der ſein Haus gegen ſei¬ nen Beruf zurückſetzt; jeder Staatsdiener größeren Styls thut es, muß es thun. Laſſen Sie mich hin¬ zufügen, daß ich mich im Augenblicke dringen¬ der denn je in dieſem Zwieſpalt der Pflichten befan¬ gen ſehe. Das Oberpräſidium der Provinz, das mir angetragen worden iſt, — als Durchgangspoſten zu einem höheren, ich weiß es — würde mich dauernd aus dieſer Gegend entfernen; aufrichtiger: es wird mich entfernen, denn ich kenne zum Voraus meine

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/180>, abgerufen am 28.03.2024.