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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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wie er zwischen Mann und Weib, oder gar Weib und
Weib, sondern wie er zwischen Mann und Mann gäng
und gebe ist; mich aber würde es gewundert haben,
wenn es anders gewesen wäre.

Von Zeit zu Zeit fühlte ich mich nun auch ver¬
anlaßt, durch ein Gastgebot dem Ansehen meiner
Reckenburg gerecht zu werden; da gaben denn die ge¬
zopften Einrichtungen, -- Heiducken, goldene Kutsche
sammt Schimmelgespann und tutti quanti, -- gab
ihre Harmonie mit der ererbten Ausstattung dem Rufe
der Besitzerin ein starkes Relief. Man citirte die
Reckenburgerin als Aristokratin reinsten Wassers, und
man that es mit Recht.

Je mehr und mehr empfand ich indessen diese
obligatorischen Schaustellungen als einen Vorschub
der heimlich eingenisteten Langeweile. Das Herz war
hier am wenigsten bei der Sache, und das Verlan¬
gen, dem Gebäude, das ich aufgeführt hatte, gleich¬
sam einen Thurm aufzusetzen, quälte mich niemals be¬
unruhigender, als nach solcher Unterbrechung des ein¬
fachen Tageslaufs. Hätte ich nur einig werden kön¬
nen über das Wo und Wie!

Wie beim Abschied von der Jugend in den Zei¬
ten der Abhängigkeit, so schlich in denen der schran¬

wie er zwiſchen Mann und Weib, oder gar Weib und
Weib, ſondern wie er zwiſchen Mann und Mann gäng
und gebe iſt; mich aber würde es gewundert haben,
wenn es anders geweſen wäre.

Von Zeit zu Zeit fühlte ich mich nun auch ver¬
anlaßt, durch ein Gaſtgebot dem Anſehen meiner
Reckenburg gerecht zu werden; da gaben denn die ge¬
zopften Einrichtungen, — Heiducken, goldene Kutſche
ſammt Schimmelgeſpann und tutti quanti, — gab
ihre Harmonie mit der ererbten Ausſtattung dem Rufe
der Beſitzerin ein ſtarkes Relief. Man citirte die
Reckenburgerin als Ariſtokratin reinſten Waſſers, und
man that es mit Recht.

Je mehr und mehr empfand ich indeſſen dieſe
obligatoriſchen Schauſtellungen als einen Vorſchub
der heimlich eingeniſteten Langeweile. Das Herz war
hier am wenigſten bei der Sache, und das Verlan¬
gen, dem Gebäude, das ich aufgeführt hatte, gleich¬
ſam einen Thurm aufzuſetzen, quälte mich niemals be¬
unruhigender, als nach ſolcher Unterbrechung des ein¬
fachen Tageslaufs. Hätte ich nur einig werden kön¬
nen über das Wo und Wie!

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[171/0175] wie er zwiſchen Mann und Weib, oder gar Weib und Weib, ſondern wie er zwiſchen Mann und Mann gäng und gebe iſt; mich aber würde es gewundert haben, wenn es anders geweſen wäre. Von Zeit zu Zeit fühlte ich mich nun auch ver¬ anlaßt, durch ein Gaſtgebot dem Anſehen meiner Reckenburg gerecht zu werden; da gaben denn die ge¬ zopften Einrichtungen, — Heiducken, goldene Kutſche ſammt Schimmelgeſpann und tutti quanti, — gab ihre Harmonie mit der ererbten Ausſtattung dem Rufe der Beſitzerin ein ſtarkes Relief. Man citirte die Reckenburgerin als Ariſtokratin reinſten Waſſers, und man that es mit Recht. Je mehr und mehr empfand ich indeſſen dieſe obligatoriſchen Schauſtellungen als einen Vorſchub der heimlich eingeniſteten Langeweile. Das Herz war hier am wenigſten bei der Sache, und das Verlan¬ gen, dem Gebäude, das ich aufgeführt hatte, gleich¬ ſam einen Thurm aufzuſetzen, quälte mich niemals be¬ unruhigender, als nach ſolcher Unterbrechung des ein¬ fachen Tageslaufs. Hätte ich nur einig werden kön¬ nen über das Wo und Wie! Wie beim Abſchied von der Jugend in den Zei¬ ten der Abhängigkeit, ſo ſchlich in denen der ſchran¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/175>, abgerufen am 28.03.2024.