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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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sinn, sondern an einer Lungenentzündung, wie der
Doctor erklärte. Fräulein Hardine war verreist. Sie,
die Stetige in ihrem Revier, die man nie, außer zu
einer Visite in der Nachbarschaft, und immer nur in
der sagenhaften goldenen Kutsche und dem schier un¬
sterblichen Schimmelzug, zwei gepuderte Heyducken auf
dem Trittbrett -- sämmtlich Erbstücke der schwarzen
Gräfin -- sich aus der Reckenburger Flur hatte ent¬
fernen sehen, sie war diese Nacht ohne Dienerschaft
im leichten Jagdwagen bis zur nächsten Station und
von da mit Courierpferden weiter gefahren. Trotz der
ämsigsten Nachforschungen hat Niemand erfahren kön¬
nen, wohin oder zu welchem Zweck. Als sie nach
zwei Tagen auf dieselbe heimliche Weise zurückkehrte,
war ihr erster Gang in die Schenke an das Kranken¬
bett August Müllers.

So befremdend dieses ganze Gebahren war, es
lag im Grunde noch nichts darin, was ein so makel¬
loses Ansehen, wie Fräulein Hardinens, hätte trüben
dürfen. Sie gab durch dasselbe zu, daß August Mül¬
lers Erinnerungen richtig waren, aber der Schluß,
den eine begehrliche Natur daraus gezogen hatte, er
konnte, nein, er mußte ein irriger sein. Fräulein
Hardine hatte niemals für eine Samariterin gelten

ſinn, ſondern an einer Lungenentzündung, wie der
Doctor erklärte. Fräulein Hardine war verreiſt. Sie,
die Stetige in ihrem Revier, die man nie, außer zu
einer Viſite in der Nachbarſchaft, und immer nur in
der ſagenhaften goldenen Kutſche und dem ſchier un¬
ſterblichen Schimmelzug, zwei gepuderte Heyducken auf
dem Trittbrett — ſämmtlich Erbſtücke der ſchwarzen
Gräfin — ſich aus der Reckenburger Flur hatte ent¬
fernen ſehen, ſie war dieſe Nacht ohne Dienerſchaft
im leichten Jagdwagen bis zur nächſten Station und
von da mit Courierpferden weiter gefahren. Trotz der
ämſigſten Nachforſchungen hat Niemand erfahren kön¬
nen, wohin oder zu welchem Zweck. Als ſie nach
zwei Tagen auf dieſelbe heimliche Weiſe zurückkehrte,
war ihr erſter Gang in die Schenke an das Kranken¬
bett Auguſt Müllers.

So befremdend dieſes ganze Gebahren war, es
lag im Grunde noch nichts darin, was ein ſo makel¬
loſes Anſehen, wie Fräulein Hardinens, hätte trüben
dürfen. Sie gab durch daſſelbe zu, daß Auguſt Mül¬
lers Erinnerungen richtig waren, aber der Schluß,
den eine begehrliche Natur daraus gezogen hatte, er
konnte, nein, er mußte ein irriger ſein. Fräulein
Hardine hatte niemals für eine Samariterin gelten

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[80/0087] ſinn, ſondern an einer Lungenentzündung, wie der Doctor erklärte. Fräulein Hardine war verreiſt. Sie, die Stetige in ihrem Revier, die man nie, außer zu einer Viſite in der Nachbarſchaft, und immer nur in der ſagenhaften goldenen Kutſche und dem ſchier un¬ ſterblichen Schimmelzug, zwei gepuderte Heyducken auf dem Trittbrett — ſämmtlich Erbſtücke der ſchwarzen Gräfin — ſich aus der Reckenburger Flur hatte ent¬ fernen ſehen, ſie war dieſe Nacht ohne Dienerſchaft im leichten Jagdwagen bis zur nächſten Station und von da mit Courierpferden weiter gefahren. Trotz der ämſigſten Nachforſchungen hat Niemand erfahren kön¬ nen, wohin oder zu welchem Zweck. Als ſie nach zwei Tagen auf dieſelbe heimliche Weiſe zurückkehrte, war ihr erſter Gang in die Schenke an das Kranken¬ bett Auguſt Müllers. So befremdend dieſes ganze Gebahren war, es lag im Grunde noch nichts darin, was ein ſo makel¬ loſes Anſehen, wie Fräulein Hardinens, hätte trüben dürfen. Sie gab durch daſſelbe zu, daß Auguſt Mül¬ lers Erinnerungen richtig waren, aber der Schluß, den eine begehrliche Natur daraus gezogen hatte, er konnte, nein, er mußte ein irriger ſein. Fräulein Hardine hatte niemals für eine Samariterin gelten

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/87>, abgerufen am 22.11.2024.