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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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nach Glück schmachtender wie der ihre zusammentreffen
mußten, daß sie sich liebten und sich dieser Liebe
freuten.

Ich fühlte, ich wußte es und ich wehrte der
Sünde nicht. So oft die Warnung: "Denk' an Sieg¬
mund Faber!" oder die Mahnung: "Sie ist einem
Ehrenmanne zur Treue verlobt," auf meinen Lippen
schwebten, ich unterdrückte das Wort, denn seine Quelle
war nicht rein. Es war nicht Dorotheens Pflicht,
nicht die Ehre Siegmund Fabers, nicht das starke
Gefühl für Recht und Sitte, es war dies alles we¬
nigstens nicht allein, sondern das eigene gekränkte
Verlangen, das meinen Argwohn stachelte. Völlig
unbefangen, ganz ohne Eigensucht und Eifersucht würde
ich, die Unerfahrene, der Reinheit einer Schwester¬
seele vertraut haben, wie Vater und Mutter, die Er¬
fahrenen, derselben vertrauten. Ich fühlte mich nicht
unschuldig, fühlte es mit Scham, und Scham und
Stolz banden meine Zunge und so wurde ich mit¬
schuldig.

Freilich, auch ein Posaunenschall würde die Be¬
rauschten nicht aus ihrem ersten Taumel geweckt haben.
Und warum dachte Siegmund Faber nicht selbst daran.

nach Glück ſchmachtender wie der ihre zuſammentreffen
mußten, daß ſie ſich liebten und ſich dieſer Liebe
freuten.

Ich fühlte, ich wußte es und ich wehrte der
Sünde nicht. So oft die Warnung: „Denk' an Sieg¬
mund Faber!“ oder die Mahnung: „Sie iſt einem
Ehrenmanne zur Treue verlobt,“ auf meinen Lippen
ſchwebten, ich unterdrückte das Wort, denn ſeine Quelle
war nicht rein. Es war nicht Dorotheens Pflicht,
nicht die Ehre Siegmund Fabers, nicht das ſtarke
Gefühl für Recht und Sitte, es war dies alles we¬
nigſtens nicht allein, ſondern das eigene gekränkte
Verlangen, das meinen Argwohn ſtachelte. Völlig
unbefangen, ganz ohne Eigenſucht und Eiferſucht würde
ich, die Unerfahrene, der Reinheit einer Schweſter¬
ſeele vertraut haben, wie Vater und Mutter, die Er¬
fahrenen, derſelben vertrauten. Ich fühlte mich nicht
unſchuldig, fühlte es mit Scham, und Scham und
Stolz banden meine Zunge und ſo wurde ich mit¬
ſchuldig.

Freilich, auch ein Poſaunenſchall würde die Be¬
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Und warum dachte Siegmund Faber nicht ſelbſt daran.

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[258/0265] nach Glück ſchmachtender wie der ihre zuſammentreffen mußten, daß ſie ſich liebten und ſich dieſer Liebe freuten. Ich fühlte, ich wußte es und ich wehrte der Sünde nicht. So oft die Warnung: „Denk' an Sieg¬ mund Faber!“ oder die Mahnung: „Sie iſt einem Ehrenmanne zur Treue verlobt,“ auf meinen Lippen ſchwebten, ich unterdrückte das Wort, denn ſeine Quelle war nicht rein. Es war nicht Dorotheens Pflicht, nicht die Ehre Siegmund Fabers, nicht das ſtarke Gefühl für Recht und Sitte, es war dies alles we¬ nigſtens nicht allein, ſondern das eigene gekränkte Verlangen, das meinen Argwohn ſtachelte. Völlig unbefangen, ganz ohne Eigenſucht und Eiferſucht würde ich, die Unerfahrene, der Reinheit einer Schweſter¬ ſeele vertraut haben, wie Vater und Mutter, die Er¬ fahrenen, derſelben vertrauten. Ich fühlte mich nicht unſchuldig, fühlte es mit Scham, und Scham und Stolz banden meine Zunge und ſo wurde ich mit¬ ſchuldig. Freilich, auch ein Poſaunenſchall würde die Be¬ rauſchten nicht aus ihrem erſten Taumel geweckt haben. Und warum dachte Siegmund Faber nicht ſelbſt daran.

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/265>, abgerufen am 25.11.2024.