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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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grüßend, an meiner Nachbarin vorübergeglitten war.
Er pausirte einen Moment, ein vertrauliches Lächeln
auf den Lippen, so, als ob er einem alten Bekann¬
ten begegnet sei; dann ging es weiter, vorstellend und
sich neigend die Reihe entlang.

Die Polonaise hob an. Der Prinz führte meine
Mutter durch den Saal, bei Weitem zu kurz und
kunstlos für die Mode der Zeit. Jetzt entstand eine
Pause; die Großwürdenträgerinnen erwarteten gespannt
eine Näherung des gefeierten Gastes und zuckten unver¬
hohlen die Achseln, als sie ihn, nachdem er bereits der
verwittweten Excellenz vom Hofmarschallamt die Gat¬
tin seines Rittmeisters vorgezogen hatte, jetzt raschen
Schrittes sich deren Tochter zuwenden sahen.

"Sie kommen von Reckenburg, Gnädigste?" so
redete er mich mit dem vorigen, vertraulichen Lächeln
an. "Wie geht es meiner Exmama? Unsterblich,
so sagt man -- --"

"Unentkräftet mindestens, Durchlaucht, und uner¬
müdet," antwortete ich.

"Auch unersättlich, gelt, und unerbittlich über
ihren lydischen Schätzen! Nun, auch Crösus hat ja
endlich seinen Solon gefunden. Wollen Sie nicht
Ihre Weisheit geltend machen, Gnädigste, um wenig¬

grüßend, an meiner Nachbarin vorübergeglitten war.
Er pauſirte einen Moment, ein vertrauliches Lächeln
auf den Lippen, ſo, als ob er einem alten Bekann¬
ten begegnet ſei; dann ging es weiter, vorſtellend und
ſich neigend die Reihe entlang.

Die Polonaiſe hob an. Der Prinz führte meine
Mutter durch den Saal, bei Weitem zu kurz und
kunſtlos für die Mode der Zeit. Jetzt entſtand eine
Pauſe; die Großwürdenträgerinnen erwarteten geſpannt
eine Näherung des gefeierten Gaſtes und zuckten unver¬
hohlen die Achſeln, als ſie ihn, nachdem er bereits der
verwittweten Excellenz vom Hofmarſchallamt die Gat¬
tin ſeines Rittmeiſters vorgezogen hatte, jetzt raſchen
Schrittes ſich deren Tochter zuwenden ſahen.

„Sie kommen von Reckenburg, Gnädigſte?“ ſo
redete er mich mit dem vorigen, vertraulichen Lächeln
an. „Wie geht es meiner Exmama? Unſterblich,
ſo ſagt man — —“

„Unentkräftet mindeſtens, Durchlaucht, und uner¬
müdet,“ antwortete ich.

„Auch unerſättlich, gelt, und unerbittlich über
ihren lydiſchen Schätzen! Nun, auch Cröſus hat ja
endlich ſeinen Solon gefunden. Wollen Sie nicht
Ihre Weisheit geltend machen, Gnädigſte, um wenig¬

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[233/0240] grüßend, an meiner Nachbarin vorübergeglitten war. Er pauſirte einen Moment, ein vertrauliches Lächeln auf den Lippen, ſo, als ob er einem alten Bekann¬ ten begegnet ſei; dann ging es weiter, vorſtellend und ſich neigend die Reihe entlang. Die Polonaiſe hob an. Der Prinz führte meine Mutter durch den Saal, bei Weitem zu kurz und kunſtlos für die Mode der Zeit. Jetzt entſtand eine Pauſe; die Großwürdenträgerinnen erwarteten geſpannt eine Näherung des gefeierten Gaſtes und zuckten unver¬ hohlen die Achſeln, als ſie ihn, nachdem er bereits der verwittweten Excellenz vom Hofmarſchallamt die Gat¬ tin ſeines Rittmeiſters vorgezogen hatte, jetzt raſchen Schrittes ſich deren Tochter zuwenden ſahen. „Sie kommen von Reckenburg, Gnädigſte?“ ſo redete er mich mit dem vorigen, vertraulichen Lächeln an. „Wie geht es meiner Exmama? Unſterblich, ſo ſagt man — —“ „Unentkräftet mindeſtens, Durchlaucht, und uner¬ müdet,“ antwortete ich. „Auch unerſättlich, gelt, und unerbittlich über ihren lydiſchen Schätzen! Nun, auch Cröſus hat ja endlich ſeinen Solon gefunden. Wollen Sie nicht Ihre Weisheit geltend machen, Gnädigſte, um wenig¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/240>, abgerufen am 22.11.2024.