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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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rüttelt ward, da zerstoben denn auch die bunten Sei¬
fenblasen vor dem nüchtern geschulten Blick. Würde,
so fragte ich mich, der tollmüthige, ritterliche Antinous
um schnödes Geld und Gut sich der Verbindung mit
einem unschönen, unstandesmäßigen Fräulein, das er
nicht einmal kannte, unterwerfen? Würde die alte
Reckenburgerin auf diese Verbindung bestehen, dem
Sohne eines Mannes gegenüber, der ihr Stolz und
ihre Lust, der offen und geheim der Regulator ihres
Lebens gewesen war? Endlich aber, wenn sie auf
die Bedingung bestand, wenn er der Noth sich unter¬
warf, würde das unschöne, unbekannte Fräulein sich
bedingungsweise einem Manne in den Kauf geben lassen,
der sie mit widerwilligem Gemüthe empfing? Nein,
dreimal nein! Nicht um den Besitz eines fürstlichen
Antinous; nicht um den Besitz der Reckenburg und
aller Herrschaften der Welt. Nimmermehr!

Mit diesem herzhaften Strich durch alle gaukeln¬
den Hirngespinnste und mit dem Vorsatz, mich durch
keine Andeutung der matrimonialen Schrullen auf der
Reckenburg lächerlich zu machen, betrat ich mein Eltern¬
haus. Bei alledem wird mir eine rückfällige Schwach¬
heit zu verzeihen sein, als gleich nach der ersten Be¬
grüßung, der gute Papa mir mit der Frage entgegen¬

rüttelt ward, da zerſtoben denn auch die bunten Sei¬
fenblaſen vor dem nüchtern geſchulten Blick. Würde,
ſo fragte ich mich, der tollmüthige, ritterliche Antinous
um ſchnödes Geld und Gut ſich der Verbindung mit
einem unſchönen, unſtandesmäßigen Fräulein, das er
nicht einmal kannte, unterwerfen? Würde die alte
Reckenburgerin auf dieſe Verbindung beſtehen, dem
Sohne eines Mannes gegenüber, der ihr Stolz und
ihre Luſt, der offen und geheim der Regulator ihres
Lebens geweſen war? Endlich aber, wenn ſie auf
die Bedingung beſtand, wenn er der Noth ſich unter¬
warf, würde das unſchöne, unbekannte Fräulein ſich
bedingungsweiſe einem Manne in den Kauf geben laſſen,
der ſie mit widerwilligem Gemüthe empfing? Nein,
dreimal nein! Nicht um den Beſitz eines fürſtlichen
Antinous; nicht um den Beſitz der Reckenburg und
aller Herrſchaften der Welt. Nimmermehr!

Mit dieſem herzhaften Strich durch alle gaukeln¬
den Hirngeſpinnſte und mit dem Vorſatz, mich durch
keine Andeutung der matrimonialen Schrullen auf der
Reckenburg lächerlich zu machen, betrat ich mein Eltern¬
haus. Bei alledem wird mir eine rückfällige Schwach¬
heit zu verzeihen ſein, als gleich nach der erſten Be¬
grüßung, der gute Papa mir mit der Frage entgegen¬

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[218/0225] rüttelt ward, da zerſtoben denn auch die bunten Sei¬ fenblaſen vor dem nüchtern geſchulten Blick. Würde, ſo fragte ich mich, der tollmüthige, ritterliche Antinous um ſchnödes Geld und Gut ſich der Verbindung mit einem unſchönen, unſtandesmäßigen Fräulein, das er nicht einmal kannte, unterwerfen? Würde die alte Reckenburgerin auf dieſe Verbindung beſtehen, dem Sohne eines Mannes gegenüber, der ihr Stolz und ihre Luſt, der offen und geheim der Regulator ihres Lebens geweſen war? Endlich aber, wenn ſie auf die Bedingung beſtand, wenn er der Noth ſich unter¬ warf, würde das unſchöne, unbekannte Fräulein ſich bedingungsweiſe einem Manne in den Kauf geben laſſen, der ſie mit widerwilligem Gemüthe empfing? Nein, dreimal nein! Nicht um den Beſitz eines fürſtlichen Antinous; nicht um den Beſitz der Reckenburg und aller Herrſchaften der Welt. Nimmermehr! Mit dieſem herzhaften Strich durch alle gaukeln¬ den Hirngeſpinnſte und mit dem Vorſatz, mich durch keine Andeutung der matrimonialen Schrullen auf der Reckenburg lächerlich zu machen, betrat ich mein Eltern¬ haus. Bei alledem wird mir eine rückfällige Schwach¬ heit zu verzeihen ſein, als gleich nach der erſten Be¬ grüßung, der gute Papa mir mit der Frage entgegen¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/225>, abgerufen am 22.11.2024.