Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

auf diese Bedingungen/ daß er das eroberte Nieder-Oesterreich solte behalten/ bis seinen Anfordrungen wäre genug geschehen/ und ihm die Kriegs-Kosten erlegt: Woferrn er aber mit Tode abginge; so solte das ganze Oesterreich/ samt allen Rechten/ an den Käiser/ und dessen Erben/ wieder zurück fallen; inzwischen aber Käiser Friedrich befugt seyn/ den Titel eines Königs in Ungarn zu führen.

Hingegen muste König Matthias/ des bishero/ in allen Kriegen/ noch sieghafft und unüberwindlich geblieben/ im Jahr 1490. von dem letzten Feinde/ dem Tode/ sich bezwingen lassen. Er hatte/ am Palm-Sonntage/ die Messe besucht/ und nachmals/ auf seine Gemahlin/ die in der Stadt/ hin und wieder die Kirchen andächtig besuchte/ gar lang/ mit dem Essen gewartet; als ihn endlich hungerte/ und er/ damit er nicht zu matt würde/ dem Speisemeister befehlen ließ/ etliche frische Feigen ihm zu reichen. Derselbe brachte ihm etliche nichtsnützige und faule: Darüber entrüstete er sich so hefftig/ daß ihm der Appetit hernach zum Essen verschwand. Seine Gemahlin versuchte/ ihn hernach/ mit allerley Süpplein/ zu laben; stillete auch seinen Zorn/ und bat für den Speisemeister: aber er kunte nichts geniessen; klagte sehr über den Schwindel/ und daß ihm sein Gesicht sehr verwirrt würde; begehrte derhalben/ man solte ihn/ in sein Schlaff-Gemach / bringen. Daselbst traff ihn der Schlag. Man forderte gleich unterschiedliche fürnehme Herren herbey; welche/ mit bestürtzten Augen/ ansahen/ was er für grossen Schmerzen litte. Zu Ofen/ im Garten/ starben/ um diese Zeit/ alle seine Leuen: Hingegen brüllete er anjetzo zu Wien/ auf seinem Sterb-Lager/ vor Qual und Schmerzen/ wie ein Leu; kunte auch keine andre Worte machen/ als Hey! Hey! (oder O weh! O weh!) JEsu! JEsu!

Niemand wolte/ aus Ehrfurcht/ hinzu treten/ ihn anzurühren: nur die Königinn brach ihm den Mund auf/ und goß ihm etliche Stärk-Säffte hinein/ verband ihm bald die Arme/ bald die Hände/ bald die Füsse; schrie ihm zu in die Ohren/ und öffnete ihm die verkehrte Augen. Unterdessen hielt er an mit Seuffzen und Brüllen/ die ganze Nacht durch: Ausgesetzt etliche wenig Stunden gegen den Morgen/ darinn er ein wenig/ doch sehr unruhig und unsanfft/ schlummerte. Hernach begunte die Krankheit wiederum zu wüten. Diesen folgenden ganzen Tag über/ lag nun dieser großmächtige König da/ wie die allerohnmächtigste Kreatur/ sahe bald seinen/ vor ihm stehenden/ natürlichen Sohn / bald die Gemahlin/ gar steiff an; als hätte er ihnen was zu sagen: kunte aber kein Wort heraus bringen; ohnangesehn/ er es offt versuchte.

Am dritten Tage/ nemlich am 5. Aprilis/ zwischen 7. und 8. Vormittags/ verschied er; nachdem er (wie Bonfinius bezeugt) gleichwol mancherley Zeichen einer grossen Reu und Busse/ gleich als ob er zu GOtt um Verzeihung flehete/ an sich spühren lassen. Und da was es nun/ mit aller seiner Herrlichkeit/ aller so hitzig verlangten weltlichen Glori / aus.

Sonst hat dieser Herr/ von vielen Königlichen/ und auch militarischen/ Tu-

auf diese Bedingungen/ daß er das eroberte Nieder-Oesterreich solte behalten/ bis seinen Anfordrungen wäre genug geschehen/ und ihm die Kriegs-Kosten erlegt: Woferrn er aber mit Tode abginge; so solte das ganze Oesterreich/ samt allen Rechten/ an den Käiser/ und dessen Erben/ wieder zurück fallen; inzwischen aber Käiser Friedrich befugt seyn/ den Titel eines Königs in Ungarn zu führen.

Hingegen muste König Matthias/ des bishero/ in allen Kriegen/ noch sieghafft und unüberwindlich geblieben/ im Jahr 1490. von dem letzten Feinde/ dem Tode/ sich bezwingen lassen. Er hatte/ am Palm-Sonntage/ die Messe besucht/ und nachmals/ auf seine Gemahlin/ die in der Stadt/ hin und wieder die Kirchen andächtig besuchte/ gar lang/ mit dem Essen gewartet; als ihn endlich hungerte/ und er/ damit er nicht zu matt würde/ dem Speisemeister befehlen ließ/ etliche frische Feigen ihm zu reichen. Derselbe brachte ihm etliche nichtsnützige und faule: Darüber entrüstete er sich so hefftig/ daß ihm der Appetit hernach zum Essen verschwand. Seine Gemahlin versuchte/ ihn hernach/ mit allerley Süpplein/ zu laben; stillete auch seinen Zorn/ und bat für den Speisemeister: aber er kunte nichts geniessen; klagte sehr über den Schwindel/ und daß ihm sein Gesicht sehr verwirrt würde; begehrte derhalben/ man solte ihn/ in sein Schlaff-Gemach / bringen. Daselbst traff ihn der Schlag. Man forderte gleich unterschiedliche fürnehme Herren herbey; welche/ mit bestürtzten Augen/ ansahen/ was er für grossen Schmerzen litte. Zu Ofen/ im Garten/ starben/ um diese Zeit/ alle seine Leuen: Hingegen brüllete er anjetzo zu Wien/ auf seinem Sterb-Lager/ vor Qual und Schmerzen/ wie ein Leu; kunte auch keine andre Worte machen/ als Hey! Hey! (oder O weh! O weh!) JEsu! JEsu!

Niemand wolte/ aus Ehrfurcht/ hinzu treten/ ihn anzurühren: nur die Königinn brach ihm den Mund auf/ und goß ihm etliche Stärk-Säffte hinein/ verband ihm bald die Arme/ bald die Hände/ bald die Füsse; schrie ihm zu in die Ohren/ und öffnete ihm die verkehrte Augen. Unterdessen hielt er an mit Seuffzen und Brüllen/ die ganze Nacht durch: Ausgesetzt etliche wenig Stunden gegen den Morgen/ darinn er ein wenig/ doch sehr unruhig und unsanfft/ schlummerte. Hernach begunte die Krankheit wiederum zu wüten. Diesen folgenden ganzen Tag über/ lag nun dieser großmächtige König da/ wie die allerohnmächtigste Kreatur/ sahe bald seinen/ vor ihm stehenden/ natürlichen Sohn / bald die Gemahlin/ gar steiff an; als hätte er ihnen was zu sagen: kunte aber kein Wort heraus bringen; ohnangesehn/ er es offt versuchte.

Am dritten Tage/ nemlich am 5. Aprilis/ zwischen 7. und 8. Vormittags/ verschied er; nachdem er (wie Bonfinius bezeugt) gleichwol mancherley Zeichen einer grossen Reu und Busse/ gleich als ob er zu GOtt um Verzeihung flehete/ an sich spühren lassen. Und da was es nun/ mit aller seiner Herrlichkeit/ aller so hitzig verlangten weltlichen Glori / aus.

Sonst hat dieser Herr/ von vielen Königlichen/ und auch militarischen/ Tu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0079" n="71"/>
auf            diese Bedingungen/ daß er das eroberte Nieder-Oesterreich solte behalten/ bis seinen            Anfordrungen wäre genug geschehen/ und ihm die Kriegs-Kosten erlegt: Woferrn er aber mit            Tode abginge; so solte das ganze Oesterreich/ samt allen Rechten/ an den Käiser/ und            dessen Erben/ wieder zurück fallen; inzwischen aber Käiser Friedrich befugt seyn/ den            Titel eines Königs in Ungarn zu führen.</p>
        <p>Hingegen muste König Matthias/ des bishero/ in allen Kriegen/ noch sieghafft und            unüberwindlich geblieben/ im Jahr 1490. von dem letzten Feinde/ dem Tode/ sich            bezwingen lassen. Er hatte/ am Palm-Sonntage/ die Messe besucht/ und nachmals/ auf            seine Gemahlin/ die in der Stadt/ hin und wieder die Kirchen andächtig besuchte/ gar            lang/ mit dem Essen gewartet; als ihn endlich hungerte/ und er/ damit er nicht zu matt            würde/ dem Speisemeister befehlen ließ/ etliche frische Feigen ihm zu reichen. Derselbe            brachte ihm etliche nichtsnützige und faule: Darüber entrüstete er sich so hefftig/ daß            ihm der Appetit hernach zum Essen verschwand. Seine Gemahlin versuchte/ ihn hernach/ mit            allerley Süpplein/ zu laben; stillete auch seinen Zorn/ und bat für den Speisemeister:            aber er kunte nichts geniessen; klagte sehr über den Schwindel/ und daß ihm sein Gesicht            sehr verwirrt würde; begehrte derhalben/ man solte ihn/ in sein Schlaff-Gemach /            bringen. Daselbst traff ihn der Schlag. Man forderte gleich unterschiedliche fürnehme            Herren herbey; welche/ mit bestürtzten Augen/ ansahen/ was er für grossen Schmerzen            litte. Zu Ofen/ im Garten/ starben/ um diese Zeit/ alle seine Leuen: Hingegen brüllete            er anjetzo zu Wien/ auf seinem Sterb-Lager/ vor Qual und Schmerzen/ wie ein Leu; kunte            auch keine andre Worte machen/ als Hey! Hey! (oder O weh! O weh!) JEsu! JEsu!</p>
      </div>
      <div>
        <p>Niemand wolte/ aus Ehrfurcht/ hinzu treten/ ihn anzurühren: nur die Königinn brach ihm            den Mund auf/ und goß ihm etliche Stärk-Säffte hinein/ verband ihm bald die Arme/ bald            die Hände/ bald die Füsse; schrie ihm zu in die Ohren/ und öffnete ihm die verkehrte            Augen. Unterdessen hielt er an mit Seuffzen und Brüllen/ die ganze Nacht durch:            Ausgesetzt etliche wenig Stunden gegen den Morgen/ darinn er ein wenig/ doch sehr            unruhig und unsanfft/ schlummerte. Hernach begunte die Krankheit wiederum zu wüten.            Diesen folgenden ganzen Tag über/ lag nun dieser großmächtige König da/ wie die            allerohnmächtigste Kreatur/ sahe bald seinen/ vor ihm stehenden/ natürlichen Sohn /            bald die Gemahlin/ gar steiff an; als hätte er ihnen was zu sagen: kunte aber kein Wort            heraus bringen; ohnangesehn/ er es offt versuchte.</p>
        <p>Am dritten Tage/ nemlich am 5. Aprilis/ zwischen 7. und 8. Vormittags/ verschied er;            nachdem er (wie Bonfinius bezeugt) gleichwol mancherley Zeichen einer grossen Reu und            Busse/ gleich als ob er zu GOtt um Verzeihung flehete/ an sich spühren lassen. Und da            was es nun/ mit aller seiner Herrlichkeit/ aller so hitzig verlangten weltlichen Glori /            aus.</p>
        <p>Sonst hat dieser Herr/ von vielen Königlichen/ und auch militarischen/ Tu-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0079] auf diese Bedingungen/ daß er das eroberte Nieder-Oesterreich solte behalten/ bis seinen Anfordrungen wäre genug geschehen/ und ihm die Kriegs-Kosten erlegt: Woferrn er aber mit Tode abginge; so solte das ganze Oesterreich/ samt allen Rechten/ an den Käiser/ und dessen Erben/ wieder zurück fallen; inzwischen aber Käiser Friedrich befugt seyn/ den Titel eines Königs in Ungarn zu führen. Hingegen muste König Matthias/ des bishero/ in allen Kriegen/ noch sieghafft und unüberwindlich geblieben/ im Jahr 1490. von dem letzten Feinde/ dem Tode/ sich bezwingen lassen. Er hatte/ am Palm-Sonntage/ die Messe besucht/ und nachmals/ auf seine Gemahlin/ die in der Stadt/ hin und wieder die Kirchen andächtig besuchte/ gar lang/ mit dem Essen gewartet; als ihn endlich hungerte/ und er/ damit er nicht zu matt würde/ dem Speisemeister befehlen ließ/ etliche frische Feigen ihm zu reichen. Derselbe brachte ihm etliche nichtsnützige und faule: Darüber entrüstete er sich so hefftig/ daß ihm der Appetit hernach zum Essen verschwand. Seine Gemahlin versuchte/ ihn hernach/ mit allerley Süpplein/ zu laben; stillete auch seinen Zorn/ und bat für den Speisemeister: aber er kunte nichts geniessen; klagte sehr über den Schwindel/ und daß ihm sein Gesicht sehr verwirrt würde; begehrte derhalben/ man solte ihn/ in sein Schlaff-Gemach / bringen. Daselbst traff ihn der Schlag. Man forderte gleich unterschiedliche fürnehme Herren herbey; welche/ mit bestürtzten Augen/ ansahen/ was er für grossen Schmerzen litte. Zu Ofen/ im Garten/ starben/ um diese Zeit/ alle seine Leuen: Hingegen brüllete er anjetzo zu Wien/ auf seinem Sterb-Lager/ vor Qual und Schmerzen/ wie ein Leu; kunte auch keine andre Worte machen/ als Hey! Hey! (oder O weh! O weh!) JEsu! JEsu! Niemand wolte/ aus Ehrfurcht/ hinzu treten/ ihn anzurühren: nur die Königinn brach ihm den Mund auf/ und goß ihm etliche Stärk-Säffte hinein/ verband ihm bald die Arme/ bald die Hände/ bald die Füsse; schrie ihm zu in die Ohren/ und öffnete ihm die verkehrte Augen. Unterdessen hielt er an mit Seuffzen und Brüllen/ die ganze Nacht durch: Ausgesetzt etliche wenig Stunden gegen den Morgen/ darinn er ein wenig/ doch sehr unruhig und unsanfft/ schlummerte. Hernach begunte die Krankheit wiederum zu wüten. Diesen folgenden ganzen Tag über/ lag nun dieser großmächtige König da/ wie die allerohnmächtigste Kreatur/ sahe bald seinen/ vor ihm stehenden/ natürlichen Sohn / bald die Gemahlin/ gar steiff an; als hätte er ihnen was zu sagen: kunte aber kein Wort heraus bringen; ohnangesehn/ er es offt versuchte. Am dritten Tage/ nemlich am 5. Aprilis/ zwischen 7. und 8. Vormittags/ verschied er; nachdem er (wie Bonfinius bezeugt) gleichwol mancherley Zeichen einer grossen Reu und Busse/ gleich als ob er zu GOtt um Verzeihung flehete/ an sich spühren lassen. Und da was es nun/ mit aller seiner Herrlichkeit/ aller so hitzig verlangten weltlichen Glori / aus. Sonst hat dieser Herr/ von vielen Königlichen/ und auch militarischen/ Tu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/79
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/79>, abgerufen am 24.11.2024.