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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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Scribenten genannt/ weil die Römer diese Landschafft mehr bevölkert/ und besser bebauet hatten/ auch nebst der Christlichen Religion/ die Römisch-Griechische Policey-Ordnungen und Gesetze daselbst eingeführt waren /) mit harten Auflagen und Frohn-Diensten beschwerte/ etliche derselben/ auch wol gar/ auf der Donau / hinweg führen ließ. Da nun diese böse Stieff-Muter deß Landes einsmals/ in dem nechsten Flecken bey Wien angelangt/ und Befehl gegeben/ man solte ihr etliche zu Wasser holen / die sie zu den allerverächtlichsten Diensten/ gebrauchen mögte: Hat der Gottes-Mann / Severinus/ jemanden zu ihr abgesandt/ mit Bitte/ solche weggenommene Leutlein wieder los zu lassen. Worüber sie sich hefftig entrüstet/ und ihm im Zorn diese scharffe Worte entboten: Bleib du/ Knecht GOttes/ in deiner Zellen/ für dich/ und bete; und laß uns / mit unsern Knechten schaffen/ was wir wollen. Welches auf Teutsche Manier/ soviel gesagt war: Warte du deines Gebets/ und laß uns ungereformirt/ die wir uns/ von dir/ nicht vorschreiben lassen/ was wir/ mit unsern Knechten thun oder lassen sollen. Er hat aber denen/ so ihm solchen kurzen Bescheid überbracht/ zur Antwort gegeben: Ich habe das Vertrauen/ zu dem HErrn JESU Christo/ die Noth werde sie wol lehren/ zu thun/ was ihr verkehrter Will verschmähet. Es ist ihr auch bald die Erfahrung in die Hand gekommen/ und der Hochmut gelegt worden. Sie hatte etliche Gold-Schmide/ die ihr einige Königliche Kleinodien/ und allerhand andre köstliche Arbeit machen musten/ eingesperrt/ und mit Schild-Wache besetzet; zu denen gieng eben des Tages/ da sie dem Mann GOttes so verächtliche Antwort gegeben/ ihr kleiner Prinz Friedrich hinein/ aus Kindlicher Neu- und Spiel-Lust. Demselben setzten die Gold-Schmide/ aus verzweifeltem Uberdruß ihres langwierigen Verhaffts/ einen Degen ans Herz (vielleicht denselbigen/ welchen er etwan selber/ als ein Königlicher junger Prinz/ an der Seiten getragen) und schrien/ wofern jemand/ zu ihnen würde hineintretten/ bevor man ihnen eidlich ihre Freyheit versprochen hätte/ so wolten sie gleich dem Königlichen jungen Herrn die Spitze durchs Herz stossen / und hernach sich selbsten gleichfals erstechen; weil sie doch sonst von langer Gefängnis keine Erledigung hoffen könten/ und ihnen/ solcher Gestalt/ der Tod lieber wäre/ als das Leben. Wie dieses die Königin erfahren/ hat sie Augenblicks/ zum S. Severin/ einen Currier abgefertigt/ um Verzeihung gebeten/ daß sie seine Bitte abgeschlagen/ und sich damit an GOtt versündigt/ der hingegen sie jetzo/ zur Straffe/ in diese Angst gestürzt hätte. Zugleich seynd auch/ nebenst besagten Gold-Schmieden/ alle Gefangene/ also fort auf freyen Fuß gestellet worden. Man lieset auch/ bey demselbigen Eugippio, in der Stadt Favianis (oder Wien) sey einmal eine grosse Hungers-Noth entstanden: Weswegen die Einwohner diesen heiligen Mann/ aus der Stadt Comagenis, da er vor dem sein Bleibens gehabt/ mit einer ehrlichen Absendung zu sich erbeten. Als nun GOtt ihm/ im Ge-

Eugippius in Vita S. Severini c. 8.

Scribenten genannt/ weil die Römer diese Landschafft mehr bevölkert/ und besser bebauet hatten/ auch nebst der Christlichen Religion/ die Römisch-Griechische Policey-Ordnungen und Gesetze daselbst eingeführt waren /) mit harten Auflagen und Frohn-Diensten beschwerte/ etliche derselben/ auch wol gar/ auf der Donau / hinweg führen ließ. Da nun diese böse Stieff-Muter deß Landes einsmals/ in dem nechsten Flecken bey Wien angelangt/ und Befehl gegeben/ man solte ihr etliche zu Wasser holen / die sie zu den allerverächtlichsten Diensten/ gebrauchen mögte: Hat der Gottes-Mann / Severinus/ jemanden zu ihr abgesandt/ mit Bitte/ solche weggenommene Leutlein wieder los zu lassen. Worüber sie sich hefftig entrüstet/ und ihm im Zorn diese scharffe Worte entboten: Bleib du/ Knecht GOttes/ in deiner Zellen/ für dich/ und bete; und laß uns / mit unsern Knechten schaffen/ was wir wollen. Welches auf Teutsche Manier/ soviel gesagt war: Warte du deines Gebets/ und laß uns ungereformirt/ die wir uns/ von dir/ nicht vorschreiben lassen/ was wir/ mit unsern Knechten thun oder lassen sollen. Er hat aber denen/ so ihm solchen kurzen Bescheid überbracht/ zur Antwort gegeben: Ich habe das Vertrauen/ zu dem HErrn JESU Christo/ die Noth werde sie wol lehren/ zu thun/ was ihr verkehrter Will verschmähet. Es ist ihr auch bald die Erfahrung in die Hand gekommen/ und der Hochmut gelegt worden. Sie hatte etliche Gold-Schmide/ die ihr einige Königliche Kleinodien/ und allerhand andre köstliche Arbeit machen musten/ eingesperrt/ und mit Schild-Wache besetzet; zu denen gieng eben des Tages/ da sie dem Mann GOttes so verächtliche Antwort gegeben/ ihr kleiner Prinz Friedrich hinein/ aus Kindlicher Neu- und Spiel-Lust. Demselben setzten die Gold-Schmide/ aus verzweifeltem Uberdruß ihres langwierigen Verhaffts/ einen Degen ans Herz (vielleicht denselbigen/ welchen er etwan selber/ als ein Königlicher junger Prinz/ an der Seiten getragen) und schrien/ wofern jemand/ zu ihnen würde hineintretten/ bevor man ihnen eidlich ihre Freyheit versprochen hätte/ so wolten sie gleich dem Königlichen jungen Herrn die Spitze durchs Herz stossen / und hernach sich selbsten gleichfals erstechen; weil sie doch sonst von langer Gefängnis keine Erledigung hoffen könten/ und ihnen/ solcher Gestalt/ der Tod lieber wäre/ als das Leben. Wie dieses die Königin erfahren/ hat sie Augenblicks/ zum S. Severin/ einen Currier abgefertigt/ um Verzeihung gebeten/ daß sie seine Bitte abgeschlagen/ und sich damit an GOtt versündigt/ der hingegen sie jetzo/ zur Straffe/ in diese Angst gestürzt hätte. Zugleich seynd auch/ nebenst besagten Gold-Schmieden/ alle Gefangene/ also fort auf freyen Fuß gestellet worden. Man lieset auch/ bey demselbigen Eugippio, in der Stadt Favianis (oder Wien) sey einmal eine grosse Hungers-Noth entstanden: Weswegen die Einwohner diesen heiligen Mann/ aus der Stadt Comagenis, da er vor dem sein Bleibens gehabt/ mit einer ehrlichen Absendung zu sich erbeten. Als nun GOtt ihm/ im Ge-

Eugippius in Vita S. Severini c. 8.
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Scribenten genannt/ weil die Römer diese Landschafft mehr            bevölkert/ und besser bebauet hatten/ auch nebst der Christlichen Religion/ die            Römisch-Griechische Policey-Ordnungen und Gesetze daselbst eingeführt waren /) mit harten            Auflagen und Frohn-Diensten beschwerte/ etliche derselben/ auch wol gar/ auf der Donau           / hinweg führen ließ. Da nun diese böse Stieff-Muter deß Landes einsmals/ in dem nechsten            Flecken bey Wien angelangt/ und Befehl gegeben/ man solte ihr etliche zu Wasser holen /            die sie zu den allerverächtlichsten Diensten/ gebrauchen mögte: Hat der Gottes-Mann /            Severinus/ jemanden zu ihr abgesandt/ mit Bitte/ solche weggenommene Leutlein wieder            los zu lassen. Worüber sie sich hefftig entrüstet/ und ihm im Zorn diese scharffe Worte            entboten: Bleib du/ Knecht GOttes/ in deiner Zellen/ für dich/ und bete; und laß uns /            mit unsern Knechten schaffen/ was wir wollen. Welches auf Teutsche Manier/ soviel gesagt            war: Warte du deines Gebets/ und laß uns ungereformirt/ die wir uns/ von dir/ nicht            vorschreiben lassen/ was wir/ mit unsern Knechten thun oder lassen sollen. Er hat aber            denen/ so ihm solchen kurzen Bescheid überbracht/ zur Antwort gegeben: Ich habe das            Vertrauen/ zu dem HErrn JESU Christo/ die Noth werde sie wol lehren/ zu thun/ was ihr            verkehrter Will verschmähet. Es ist ihr auch bald die Erfahrung in die Hand gekommen/ und            der Hochmut gelegt worden. Sie hatte etliche Gold-Schmide/ die ihr einige Königliche            Kleinodien/ und allerhand andre köstliche Arbeit machen musten/ eingesperrt/ und mit            Schild-Wache besetzet; zu denen gieng eben des Tages/ da sie dem Mann GOttes so            verächtliche Antwort gegeben/ ihr kleiner Prinz Friedrich hinein/ aus Kindlicher Neu-            und Spiel-Lust. Demselben setzten die Gold-Schmide/ aus verzweifeltem Uberdruß ihres            langwierigen Verhaffts/ einen Degen ans Herz (vielleicht denselbigen/ welchen er etwan            selber/ als ein Königlicher junger Prinz/ an der Seiten getragen) und schrien/ wofern            jemand/ zu ihnen würde hineintretten/ bevor man ihnen eidlich ihre Freyheit versprochen            hätte/ so wolten sie gleich dem Königlichen jungen Herrn die Spitze durchs Herz stossen /            und hernach sich selbsten gleichfals erstechen; weil sie doch sonst von langer Gefängnis            keine Erledigung hoffen könten/ und ihnen/ solcher Gestalt/ der Tod lieber wäre/ als            das Leben. Wie dieses die Königin erfahren/ hat sie Augenblicks/ zum S. Severin/ einen            Currier abgefertigt/ um Verzeihung gebeten/ daß sie seine Bitte abgeschlagen/ und sich            damit an GOtt versündigt/ der hingegen sie jetzo/ zur Straffe/ in diese Angst gestürzt            hätte. Zugleich seynd auch/ nebenst besagten Gold-Schmieden/ alle Gefangene/ also fort            auf freyen Fuß gestellet worden. <note place="foot">Eugippius in Vita S. Severini c.              8.</note> Man lieset auch/ bey demselbigen Eugippio, in der Stadt Favianis (oder Wien)            sey einmal eine grosse Hungers-Noth entstanden: Weswegen die Einwohner diesen heiligen            Mann/ aus der Stadt Comagenis, da er vor dem sein Bleibens gehabt/ mit einer ehrlichen            Absendung zu sich erbeten. Als nun GOtt ihm/ im Ge-
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[7/0015] Scribenten genannt/ weil die Römer diese Landschafft mehr bevölkert/ und besser bebauet hatten/ auch nebst der Christlichen Religion/ die Römisch-Griechische Policey-Ordnungen und Gesetze daselbst eingeführt waren /) mit harten Auflagen und Frohn-Diensten beschwerte/ etliche derselben/ auch wol gar/ auf der Donau / hinweg führen ließ. Da nun diese böse Stieff-Muter deß Landes einsmals/ in dem nechsten Flecken bey Wien angelangt/ und Befehl gegeben/ man solte ihr etliche zu Wasser holen / die sie zu den allerverächtlichsten Diensten/ gebrauchen mögte: Hat der Gottes-Mann / Severinus/ jemanden zu ihr abgesandt/ mit Bitte/ solche weggenommene Leutlein wieder los zu lassen. Worüber sie sich hefftig entrüstet/ und ihm im Zorn diese scharffe Worte entboten: Bleib du/ Knecht GOttes/ in deiner Zellen/ für dich/ und bete; und laß uns / mit unsern Knechten schaffen/ was wir wollen. Welches auf Teutsche Manier/ soviel gesagt war: Warte du deines Gebets/ und laß uns ungereformirt/ die wir uns/ von dir/ nicht vorschreiben lassen/ was wir/ mit unsern Knechten thun oder lassen sollen. Er hat aber denen/ so ihm solchen kurzen Bescheid überbracht/ zur Antwort gegeben: Ich habe das Vertrauen/ zu dem HErrn JESU Christo/ die Noth werde sie wol lehren/ zu thun/ was ihr verkehrter Will verschmähet. Es ist ihr auch bald die Erfahrung in die Hand gekommen/ und der Hochmut gelegt worden. Sie hatte etliche Gold-Schmide/ die ihr einige Königliche Kleinodien/ und allerhand andre köstliche Arbeit machen musten/ eingesperrt/ und mit Schild-Wache besetzet; zu denen gieng eben des Tages/ da sie dem Mann GOttes so verächtliche Antwort gegeben/ ihr kleiner Prinz Friedrich hinein/ aus Kindlicher Neu- und Spiel-Lust. Demselben setzten die Gold-Schmide/ aus verzweifeltem Uberdruß ihres langwierigen Verhaffts/ einen Degen ans Herz (vielleicht denselbigen/ welchen er etwan selber/ als ein Königlicher junger Prinz/ an der Seiten getragen) und schrien/ wofern jemand/ zu ihnen würde hineintretten/ bevor man ihnen eidlich ihre Freyheit versprochen hätte/ so wolten sie gleich dem Königlichen jungen Herrn die Spitze durchs Herz stossen / und hernach sich selbsten gleichfals erstechen; weil sie doch sonst von langer Gefängnis keine Erledigung hoffen könten/ und ihnen/ solcher Gestalt/ der Tod lieber wäre/ als das Leben. Wie dieses die Königin erfahren/ hat sie Augenblicks/ zum S. Severin/ einen Currier abgefertigt/ um Verzeihung gebeten/ daß sie seine Bitte abgeschlagen/ und sich damit an GOtt versündigt/ der hingegen sie jetzo/ zur Straffe/ in diese Angst gestürzt hätte. Zugleich seynd auch/ nebenst besagten Gold-Schmieden/ alle Gefangene/ also fort auf freyen Fuß gestellet worden. Man lieset auch/ bey demselbigen Eugippio, in der Stadt Favianis (oder Wien) sey einmal eine grosse Hungers-Noth entstanden: Weswegen die Einwohner diesen heiligen Mann/ aus der Stadt Comagenis, da er vor dem sein Bleibens gehabt/ mit einer ehrlichen Absendung zu sich erbeten. Als nun GOtt ihm/ im Ge- Eugippius in Vita S. Severini c. 8.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/15>, abgerufen am 25.11.2024.