Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

Ordnung/ mit fliegenden Fahrten/ und klingendem Spiel / ungehindert vom Feinde/ in die Stadt. Diesen waren unterwegs/ zwischen Treßmaur/ (wie es Ortelius nennet) und Tulln/ viel flüchtiges Burger-Volk/ sonderlich aber viel Weiber und Kinder/ nechst vielen Ordens-Leuten/ in fünfftausend stark/ zu Fuß begegnet; imgleichen drey-bis viertausend Menschen/ zu Schiffe/ mit ihren Haab und Gütern. Welche aber nachmals mehrentheils der Türkisch-Tartarischen Reuterey in die Hände/ wie Hirten-lose Schafe den Wölfen in die Klauen/ gerathen/ und entweder erbärmlich nidergesebelt/ oder gefänglich weggeführt/ und ihre Güter vom Raube verschlungen worden. So geht mancher seinem Unglück entgegen/ indem er ihm vermeint zu entgehen: Und wem GOtt / von solchen seinen Geisseln/ einen Streich zumessen will/ der drehet den Rücken vergeblich/ bald hie/ bald dorthin. Welchen er erhaschen will/ kann ihm nicht entfliehen/ ob er gleich Flügel der Morgenröte nähme.

Gleichwie nun an diesem 25. Herbsttage die Stadt/ um etliche Fähnlein/ besagter massen / und zwar zum letzten/ verstärcket ward: also wuchs auch die Macht und Menge ihrer Belägerer/ eben an demselbigen Tage/ noch grösser/ und marschirten nun/ der Kern Ottomannischer Kriegs-Macht/ die Janitscharen/ grössern Theils/ zum Lager hinein. Die Anzahl dieser Fuß-Soldatesca/ summiren etliche auf zwantzig tausend/ andere auf viel weniger/ nemlich auf zwölfftausend. Wiewol man nicht wähnen muß/ als ob nicht sonst auch allerhand liederlich Gesind zu Fuß dem Lager sey gefolgt. Denn allhie werden nur die streitbare Fuß-Völcker/ nemlich die Janitscharen/ gemeint/ welche zu der Zeit/ die streitbarste Militz in der Welt/ und in den Türkischen Kriegs-Schulen erzogen/ dazu allbereit bey manchen Feldzügen/ zum Ernst/ durch übende Erfahrung gewetzt und abgerichtet waren. Denn obgleich ein gewisser Author schreibt/ ausser solcher Anzahl der Janitscharen/ sey kein andres Fußvolk mehr/ sondern das übrige eitel Reuterey gewest; fehlet er doch: sintemal aus dem Isthuanfio/ und der Erfahrung/ man es viel anders weiß; nemlich daß sie/ auch ausser besagten Janitscharen/ noch viel andere Soldaten zu Fuß / wiewol keine so geübte und mannhaffte/ als wie jene waren/ bey sich geführt.

Diese scharffe Probirer und Versucher unsers Muts/ die Janitscharen sag ich/ machten sich bald zu nutz das von den ruinirten Vor-Städten noch überbliebene Gemäuer/ welches die aus der Stadt/ wegen allzu eiligen Anmarsches des Feinds/ zu ihrem Schaden / unabgeworffen hatten hinterlassen. Angesehen/ folgenden Tags/ nemlich am 26. Septembris / siebentausend Janitscharen sich hinein gelegt/ und solches Maur-Werk/ für einen guten Schild wider das Geschöß der Stadt/ angenommen. Welches ihnen auch guter Behelff/ und so grosser Vortheil/ als den Unserigen ein grossen Nachtheil/ gewest: Sintemal sie daselbst / rings umher/ Löcher durchgebrochen/ durch selbige unaufhörlich/ mit Hacken / Falkonetlein/ und Handröhren/ dermassen nach den Stadt-Mauren/ als welchen sie gar na-

Ordnung/ mit fliegenden Fahrten/ und klingendem Spiel / ungehindert vom Feinde/ in die Stadt. Diesen waren unterwegs/ zwischen Treßmaur/ (wie es Ortelius nennet) und Tulln/ viel flüchtiges Burger-Volk/ sonderlich aber viel Weiber und Kinder/ nechst vielen Ordens-Leuten/ in fünfftausend stark/ zu Fuß begegnet; imgleichen drey-bis viertausend Menschen/ zu Schiffe/ mit ihren Haab und Gütern. Welche aber nachmals mehrentheils der Türkisch-Tartarischen Reuterey in die Hände/ wie Hirten-lose Schafe den Wölfen in die Klauen/ gerathen/ und entweder erbärmlich nidergesebelt/ oder gefänglich weggeführt/ und ihre Güter vom Raube verschlungen worden. So geht mancher seinem Unglück entgegen/ indem er ihm vermeint zu entgehen: Und wem GOtt / von solchen seinen Geisseln/ einen Streich zumessen will/ der drehet den Rücken vergeblich/ bald hie/ bald dorthin. Welchen er erhaschen will/ kann ihm nicht entfliehen/ ob er gleich Flügel der Morgenröte nähme.

Gleichwie nun an diesem 25. Herbsttage die Stadt/ um etliche Fähnlein/ besagter massen / und zwar zum letzten/ verstärcket ward: also wuchs auch die Macht und Menge ihrer Belägerer/ eben an demselbigen Tage/ noch grösser/ und marschirten nun/ der Kern Ottomannischer Kriegs-Macht/ die Janitscharen/ grössern Theils/ zum Lager hinein. Die Anzahl dieser Fuß-Soldatesca/ summiren etliche auf zwantzig tausend/ andere auf viel weniger/ nemlich auf zwölfftausend. Wiewol man nicht wähnen muß/ als ob nicht sonst auch allerhand liederlich Gesind zu Fuß dem Lager sey gefolgt. Denn allhie werden nur die streitbare Fuß-Völcker/ nemlich die Janitscharen/ gemeint/ welche zu der Zeit/ die streitbarste Militz in der Welt/ und in den Türkischen Kriegs-Schulen erzogen/ dazu allbereit bey manchen Feldzügen/ zum Ernst/ durch übende Erfahrung gewetzt und abgerichtet waren. Denn obgleich ein gewisser Author schreibt/ ausser solcher Anzahl der Janitscharen/ sey kein andres Fußvolk mehr/ sondern das übrige eitel Reuterey gewest; fehlet er doch: sintemal aus dem Isthuanfio/ und der Erfahrung/ man es viel anders weiß; nemlich daß sie/ auch ausser besagten Janitscharen/ noch viel andere Soldaten zu Fuß / wiewol keine so geübte und mannhaffte/ als wie jene waren/ bey sich geführt.

Diese scharffe Probirer und Versucher unsers Muts/ die Janitscharen sag ich/ machten sich bald zu nutz das von den ruinirten Vor-Städten noch überbliebene Gemäuer/ welches die aus der Stadt/ wegen allzu eiligen Anmarsches des Feinds/ zu ihrem Schaden / unabgeworffen hatten hinterlassen. Angesehen/ folgenden Tags/ nemlich am 26. Septembris / siebentausend Janitscharen sich hinein gelegt/ und solches Maur-Werk/ für einen guten Schild wider das Geschöß der Stadt/ angenommen. Welches ihnen auch guter Behelff/ und so grosser Vortheil/ als den Unserigen ein grossen Nachtheil/ gewest: Sintemal sie daselbst / rings umher/ Löcher durchgebrochen/ durch selbige unaufhörlich/ mit Hacken / Falkonetlein/ und Handröhren/ dermassen nach den Stadt-Mauren/ als welchen sie gar na-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0137" n="129"/>
Ordnung/ mit fliegenden Fahrten/ und klingendem Spiel /            ungehindert vom Feinde/ in die Stadt. Diesen waren unterwegs/ zwischen Treßmaur/ (wie            es Ortelius nennet) und Tulln/ viel flüchtiges Burger-Volk/ sonderlich aber viel Weiber            und Kinder/ nechst vielen Ordens-Leuten/ in fünfftausend stark/ zu Fuß begegnet;            imgleichen drey-bis viertausend Menschen/ zu Schiffe/ mit ihren Haab und Gütern. Welche            aber nachmals mehrentheils der Türkisch-Tartarischen Reuterey in die Hände/ wie            Hirten-lose Schafe den Wölfen in die Klauen/ gerathen/ und entweder erbärmlich            nidergesebelt/ oder gefänglich weggeführt/ und ihre Güter vom Raube verschlungen worden.            So geht mancher seinem Unglück entgegen/ indem er ihm vermeint zu entgehen: Und wem GOtt           / von solchen seinen Geisseln/ einen Streich zumessen will/ der drehet den Rücken            vergeblich/ bald hie/ bald dorthin. Welchen er erhaschen will/ kann ihm nicht            entfliehen/ ob er gleich Flügel der Morgenröte nähme.</p>
        <p>Gleichwie nun an diesem 25. Herbsttage die Stadt/ um etliche Fähnlein/ besagter massen           / und zwar zum letzten/ verstärcket ward: also wuchs auch die Macht und Menge ihrer            Belägerer/ eben an demselbigen Tage/ noch grösser/ und marschirten nun/ der Kern            Ottomannischer Kriegs-Macht/ die Janitscharen/ grössern Theils/ zum Lager hinein. Die            Anzahl dieser Fuß-Soldatesca/ summiren etliche auf zwantzig tausend/ andere auf viel            weniger/ nemlich auf zwölfftausend. Wiewol man nicht wähnen muß/ als ob nicht sonst auch            allerhand liederlich Gesind zu Fuß dem Lager sey gefolgt. Denn allhie werden nur die            streitbare Fuß-Völcker/ nemlich die Janitscharen/ gemeint/ welche zu der Zeit/ die            streitbarste Militz in der Welt/ und in den Türkischen Kriegs-Schulen erzogen/ dazu            allbereit bey manchen Feldzügen/ zum Ernst/ durch übende Erfahrung gewetzt und            abgerichtet waren. Denn obgleich ein gewisser Author schreibt/ ausser solcher Anzahl der            Janitscharen/ sey kein andres Fußvolk mehr/ sondern das übrige eitel Reuterey gewest;            fehlet er doch: sintemal aus dem Isthuanfio/ und der Erfahrung/ man es viel anders weiß;            nemlich daß sie/ auch ausser besagten Janitscharen/ noch viel andere Soldaten zu Fuß /            wiewol keine so geübte und mannhaffte/ als wie jene waren/ bey sich geführt.</p>
        <p>Diese scharffe Probirer und Versucher unsers Muts/ die Janitscharen sag ich/ machten            sich bald zu nutz das von den ruinirten Vor-Städten noch überbliebene Gemäuer/ welches            die aus der Stadt/ wegen allzu eiligen Anmarsches des Feinds/ zu ihrem Schaden /            unabgeworffen hatten hinterlassen. Angesehen/ folgenden Tags/ nemlich am 26. Septembris           / siebentausend Janitscharen sich hinein gelegt/ und solches Maur-Werk/ für einen guten            Schild wider das Geschöß der Stadt/ angenommen. Welches ihnen auch guter Behelff/ und so            grosser Vortheil/ als den Unserigen ein grossen Nachtheil/ gewest: Sintemal sie daselbst           / rings umher/ Löcher durchgebrochen/ durch selbige unaufhörlich/ mit Hacken /            Falkonetlein/ und Handröhren/ dermassen nach den Stadt-Mauren/ als welchen sie gar na-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0137] Ordnung/ mit fliegenden Fahrten/ und klingendem Spiel / ungehindert vom Feinde/ in die Stadt. Diesen waren unterwegs/ zwischen Treßmaur/ (wie es Ortelius nennet) und Tulln/ viel flüchtiges Burger-Volk/ sonderlich aber viel Weiber und Kinder/ nechst vielen Ordens-Leuten/ in fünfftausend stark/ zu Fuß begegnet; imgleichen drey-bis viertausend Menschen/ zu Schiffe/ mit ihren Haab und Gütern. Welche aber nachmals mehrentheils der Türkisch-Tartarischen Reuterey in die Hände/ wie Hirten-lose Schafe den Wölfen in die Klauen/ gerathen/ und entweder erbärmlich nidergesebelt/ oder gefänglich weggeführt/ und ihre Güter vom Raube verschlungen worden. So geht mancher seinem Unglück entgegen/ indem er ihm vermeint zu entgehen: Und wem GOtt / von solchen seinen Geisseln/ einen Streich zumessen will/ der drehet den Rücken vergeblich/ bald hie/ bald dorthin. Welchen er erhaschen will/ kann ihm nicht entfliehen/ ob er gleich Flügel der Morgenröte nähme. Gleichwie nun an diesem 25. Herbsttage die Stadt/ um etliche Fähnlein/ besagter massen / und zwar zum letzten/ verstärcket ward: also wuchs auch die Macht und Menge ihrer Belägerer/ eben an demselbigen Tage/ noch grösser/ und marschirten nun/ der Kern Ottomannischer Kriegs-Macht/ die Janitscharen/ grössern Theils/ zum Lager hinein. Die Anzahl dieser Fuß-Soldatesca/ summiren etliche auf zwantzig tausend/ andere auf viel weniger/ nemlich auf zwölfftausend. Wiewol man nicht wähnen muß/ als ob nicht sonst auch allerhand liederlich Gesind zu Fuß dem Lager sey gefolgt. Denn allhie werden nur die streitbare Fuß-Völcker/ nemlich die Janitscharen/ gemeint/ welche zu der Zeit/ die streitbarste Militz in der Welt/ und in den Türkischen Kriegs-Schulen erzogen/ dazu allbereit bey manchen Feldzügen/ zum Ernst/ durch übende Erfahrung gewetzt und abgerichtet waren. Denn obgleich ein gewisser Author schreibt/ ausser solcher Anzahl der Janitscharen/ sey kein andres Fußvolk mehr/ sondern das übrige eitel Reuterey gewest; fehlet er doch: sintemal aus dem Isthuanfio/ und der Erfahrung/ man es viel anders weiß; nemlich daß sie/ auch ausser besagten Janitscharen/ noch viel andere Soldaten zu Fuß / wiewol keine so geübte und mannhaffte/ als wie jene waren/ bey sich geführt. Diese scharffe Probirer und Versucher unsers Muts/ die Janitscharen sag ich/ machten sich bald zu nutz das von den ruinirten Vor-Städten noch überbliebene Gemäuer/ welches die aus der Stadt/ wegen allzu eiligen Anmarsches des Feinds/ zu ihrem Schaden / unabgeworffen hatten hinterlassen. Angesehen/ folgenden Tags/ nemlich am 26. Septembris / siebentausend Janitscharen sich hinein gelegt/ und solches Maur-Werk/ für einen guten Schild wider das Geschöß der Stadt/ angenommen. Welches ihnen auch guter Behelff/ und so grosser Vortheil/ als den Unserigen ein grossen Nachtheil/ gewest: Sintemal sie daselbst / rings umher/ Löcher durchgebrochen/ durch selbige unaufhörlich/ mit Hacken / Falkonetlein/ und Handröhren/ dermassen nach den Stadt-Mauren/ als welchen sie gar na-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/137
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/137>, abgerufen am 13.05.2024.