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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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Welt/ so wol/ als seiner Heerde/ die an ihm ein Fürbild der Königs-Treu hätte erspiegeln sollen/ ein Fürbild leichter Wetter-Treu sehen. Dieses Glück-Vögelein / welches allezeit seinen Gesang und Flug gegen die aufgehende Sonne/ und den Schweif gegen die niedergehende/ zu richten gewohnt/ hatte selbsten den Weywoden Johannes/ als von dem er zum Erz-Bischoff zu Gran erklärt war/ zum Ungarischen Könige gekrönt; nachmals / da Ferdinandus dem Johannes zu mächtig werden wolte/ denselben verlassen/ und die gewaltigere Parthey/ als bey welcher er sein Erz-Bisthum behalten könnte/ erkoren. Wiederum da er sahe/ daß König Ferdinand nur/ auf Versicherung der Stadt Wien/ bedacht / und nicht in solchem Stande wäre/ daß er Gran wieder eine so entsetzliche Macht entsetzen könnte; stellete er abermal das Glück zum Herrn und Meister seines Raths/ Thuns und Lassens/ drehete sich/ als ein rechter Wetter-Han/ nach dem Winde/ fertigte den Niclas Gothoi/ und Ladislaum Gestin ab/ zum Suldan Solimann ins Lager/ und ließ sich seinem Schutz empfehlen. Welcher ihm auch versprochen/ und ein freyer Zutritt verwilligt ward. Also befahl er das Schloß/ samt der Stadt Gran/ dem guten Glück/ und der Aufsicht Michaelis Muthnoky/ machte sich hier auf/ folgenden Tags/ auf/ mit dreyhundert Reutern / und eben so vielen Fußknechten/ ins Türkische Haupt-Lager. Da man ihn/ mit fröligem Zuruff deß ganzen Kriegsheers/ bewillkommte/ und sich freuete/ daß/ wie die Türken sagten/ der öberste Ungarische Bischoff Christlicher Religion auf ihre Seite getreten.

Sultan Solimann redete/ da dieser Erz-Bischoff zu ihm kam/ in sein Käiserliches Gezelt / ganz freundlich und leutselig mit ihm/ versicherend/ daß sich keines Ubels zu besorgen hätte: und sagte/ er solte seinem Heer-Lager folgen/ ohn allen Scheu; theilte ihm auch darinnen einen Ort zu/ so nicht weit war von dem Gezelt deß Groß-Vezirs. An Speisen / ließ man ihm nichts abgehen; sondern alles mildiglich reichen. Man hat ihn auch/ so lang die Wienerische Belägerung gewährt/ im Lager behalten.

Endlich ruckte das Lager weiter/ durch die offene Felder zwischen Tata und Comorra / also/ daß die Donau zur rechten Hand ligen blieb. Leonclavius setzet Tata/ Comorra / unter die Oerter/ welche Solimannus/ nebst Blindenburg/ Gran/ und Altenburg/ ohne Widerstand/ eingenommen habe: aber wir wollen/ mit der Feder/ den Marsch Solimanni / von einem Ort zum andern/ begleiten/ und bey jedwedem die rechte Begebenheit anzeigen. Tata (oder Dotis) und Comorra hat Solimannus nicht eingenommen; ohnangesehn die Besatzung daraus/ für Furcht/ entflohen ware/ und diese Oerter also offen stunden. Dann er begehrte/ mit den Donner-Stralen seines Geschützes/ nichts zu schlagen noch zu erobern / als was hart und wehrhafft/ und achtete weder der Mühe/ noch seiner vermeinten Glori / werth/ solche damals unbewehrte und unstreitbare Plätze anzugreiffen/ oder mit Volk zu belegen.

Welt/ so wol/ als seiner Heerde/ die an ihm ein Fürbild der Königs-Treu hätte erspiegeln sollen/ ein Fürbild leichter Wetter-Treu sehen. Dieses Glück-Vögelein / welches allezeit seinen Gesang und Flug gegen die aufgehende Sonne/ und den Schweif gegen die niedergehende/ zu richten gewohnt/ hatte selbsten den Weywoden Johannes/ als von dem er zum Erz-Bischoff zu Gran erklärt war/ zum Ungarischen Könige gekrönt; nachmals / da Ferdinandus dem Johannes zu mächtig werden wolte/ denselben verlassen/ und die gewaltigere Parthey/ als bey welcher er sein Erz-Bisthum behalten könnte/ erkoren. Wiederum da er sahe/ daß König Ferdinand nur/ auf Versicherung der Stadt Wien/ bedacht / und nicht in solchem Stande wäre/ daß er Gran wieder eine so entsetzliche Macht entsetzen könnte; stellete er abermal das Glück zum Herrn und Meister seines Raths/ Thuns und Lassens/ drehete sich/ als ein rechter Wetter-Han/ nach dem Winde/ fertigte den Niclas Gothoi/ und Ladislaum Gestin ab/ zum Suldan Solimann ins Lager/ und ließ sich seinem Schutz empfehlen. Welcher ihm auch versprochen/ und ein freyer Zutritt verwilligt ward. Also befahl er das Schloß/ samt der Stadt Gran/ dem guten Glück/ und der Aufsicht Michaelis Muthnoky/ machte sich hier auf/ folgenden Tags/ auf/ mit dreyhundert Reutern / und eben so vielen Fußknechten/ ins Türkische Haupt-Lager. Da man ihn/ mit fröligem Zuruff deß ganzen Kriegsheers/ bewillkommte/ und sich freuete/ daß/ wie die Türken sagten/ der öberste Ungarische Bischoff Christlicher Religion auf ihre Seite getreten.

Sultan Solimann redete/ da dieser Erz-Bischoff zu ihm kam/ in sein Käiserliches Gezelt / ganz freundlich und leutselig mit ihm/ versicherend/ daß sich keines Ubels zu besorgen hätte: und sagte/ er solte seinem Heer-Lager folgen/ ohn allen Scheu; theilte ihm auch darinnen einen Ort zu/ so nicht weit war von dem Gezelt deß Groß-Vezirs. An Speisen / ließ man ihm nichts abgehen; sondern alles mildiglich reichen. Man hat ihn auch/ so lang die Wienerische Belägerung gewährt/ im Lager behalten.

Endlich ruckte das Lager weiter/ durch die offene Felder zwischen Tata und Comorra / also/ daß die Donau zur rechten Hand ligen blieb. Leonclavius setzet Tata/ Comorra / unter die Oerter/ welche Solimannus/ nebst Blindenburg/ Gran/ und Altenburg/ ohne Widerstand/ eingenommen habe: aber wir wollen/ mit der Feder/ den Marsch Solimanni / von einem Ort zum andern/ begleiten/ und bey jedwedem die rechte Begebenheit anzeigen. Tata (oder Dotis) und Comorra hat Solimannus nicht eingenommen; ohnangesehn die Besatzung daraus/ für Furcht/ entflohen ware/ und diese Oerter also offen stunden. Dann er begehrte/ mit den Donner-Stralen seines Geschützes/ nichts zu schlagen noch zu erobern / als was hart und wehrhafft/ und achtete weder der Mühe/ noch seiner vermeinten Glori / werth/ solche damals unbewehrte und unstreitbare Plätze anzugreiffen/ oder mit Volk zu belegen.

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Welt/ so wol/ als seiner Heerde/ die an ihm ein Fürbild der Königs-Treu hätte            erspiegeln sollen/ ein Fürbild leichter Wetter-Treu sehen. Dieses Glück-Vögelein /            welches allezeit seinen Gesang und Flug gegen die aufgehende Sonne/ und den Schweif gegen            die niedergehende/ zu richten gewohnt/ hatte selbsten den Weywoden Johannes/ als von            dem er zum Erz-Bischoff zu Gran erklärt war/ zum Ungarischen Könige gekrönt; nachmals /            da Ferdinandus dem Johannes zu mächtig werden wolte/ denselben verlassen/ und die            gewaltigere Parthey/ als bey welcher er sein Erz-Bisthum behalten könnte/ erkoren.            Wiederum da er sahe/ daß König Ferdinand nur/ auf Versicherung der Stadt Wien/ bedacht           / und nicht in solchem Stande wäre/ daß er Gran wieder eine so entsetzliche Macht            entsetzen könnte; stellete er abermal das Glück zum Herrn und Meister seines Raths/ Thuns            und Lassens/ drehete sich/ als ein rechter Wetter-Han/ nach dem Winde/ fertigte den            Niclas Gothoi/ und Ladislaum Gestin ab/ zum Suldan Solimann ins Lager/ und ließ sich            seinem Schutz empfehlen. Welcher ihm auch versprochen/ und ein freyer Zutritt verwilligt            ward. Also befahl er das Schloß/ samt der Stadt Gran/ dem guten Glück/ und der Aufsicht            Michaelis Muthnoky/ machte sich hier auf/ folgenden Tags/ auf/ mit dreyhundert Reutern           / und eben so vielen Fußknechten/ ins Türkische Haupt-Lager. Da man ihn/ mit fröligem            Zuruff deß ganzen Kriegsheers/ bewillkommte/ und sich freuete/ daß/ wie die Türken            sagten/ der öberste Ungarische Bischoff Christlicher Religion auf ihre Seite            getreten.</p>
        <p>Sultan Solimann redete/ da dieser Erz-Bischoff zu ihm kam/ in sein Käiserliches Gezelt           / ganz freundlich und leutselig mit ihm/ versicherend/ daß sich keines Ubels zu besorgen            hätte: und sagte/ er solte seinem Heer-Lager folgen/ ohn allen Scheu; theilte ihm auch            darinnen einen Ort zu/ so nicht weit war von dem Gezelt deß Groß-Vezirs. An Speisen /            ließ man ihm nichts abgehen; sondern alles mildiglich reichen. Man hat ihn auch/ so lang            die Wienerische Belägerung gewährt/ im Lager behalten.</p>
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[104/0112] Welt/ so wol/ als seiner Heerde/ die an ihm ein Fürbild der Königs-Treu hätte erspiegeln sollen/ ein Fürbild leichter Wetter-Treu sehen. Dieses Glück-Vögelein / welches allezeit seinen Gesang und Flug gegen die aufgehende Sonne/ und den Schweif gegen die niedergehende/ zu richten gewohnt/ hatte selbsten den Weywoden Johannes/ als von dem er zum Erz-Bischoff zu Gran erklärt war/ zum Ungarischen Könige gekrönt; nachmals / da Ferdinandus dem Johannes zu mächtig werden wolte/ denselben verlassen/ und die gewaltigere Parthey/ als bey welcher er sein Erz-Bisthum behalten könnte/ erkoren. Wiederum da er sahe/ daß König Ferdinand nur/ auf Versicherung der Stadt Wien/ bedacht / und nicht in solchem Stande wäre/ daß er Gran wieder eine so entsetzliche Macht entsetzen könnte; stellete er abermal das Glück zum Herrn und Meister seines Raths/ Thuns und Lassens/ drehete sich/ als ein rechter Wetter-Han/ nach dem Winde/ fertigte den Niclas Gothoi/ und Ladislaum Gestin ab/ zum Suldan Solimann ins Lager/ und ließ sich seinem Schutz empfehlen. Welcher ihm auch versprochen/ und ein freyer Zutritt verwilligt ward. Also befahl er das Schloß/ samt der Stadt Gran/ dem guten Glück/ und der Aufsicht Michaelis Muthnoky/ machte sich hier auf/ folgenden Tags/ auf/ mit dreyhundert Reutern / und eben so vielen Fußknechten/ ins Türkische Haupt-Lager. Da man ihn/ mit fröligem Zuruff deß ganzen Kriegsheers/ bewillkommte/ und sich freuete/ daß/ wie die Türken sagten/ der öberste Ungarische Bischoff Christlicher Religion auf ihre Seite getreten. Sultan Solimann redete/ da dieser Erz-Bischoff zu ihm kam/ in sein Käiserliches Gezelt / ganz freundlich und leutselig mit ihm/ versicherend/ daß sich keines Ubels zu besorgen hätte: und sagte/ er solte seinem Heer-Lager folgen/ ohn allen Scheu; theilte ihm auch darinnen einen Ort zu/ so nicht weit war von dem Gezelt deß Groß-Vezirs. An Speisen / ließ man ihm nichts abgehen; sondern alles mildiglich reichen. Man hat ihn auch/ so lang die Wienerische Belägerung gewährt/ im Lager behalten. Endlich ruckte das Lager weiter/ durch die offene Felder zwischen Tata und Comorra / also/ daß die Donau zur rechten Hand ligen blieb. Leonclavius setzet Tata/ Comorra / unter die Oerter/ welche Solimannus/ nebst Blindenburg/ Gran/ und Altenburg/ ohne Widerstand/ eingenommen habe: aber wir wollen/ mit der Feder/ den Marsch Solimanni / von einem Ort zum andern/ begleiten/ und bey jedwedem die rechte Begebenheit anzeigen. Tata (oder Dotis) und Comorra hat Solimannus nicht eingenommen; ohnangesehn die Besatzung daraus/ für Furcht/ entflohen ware/ und diese Oerter also offen stunden. Dann er begehrte/ mit den Donner-Stralen seines Geschützes/ nichts zu schlagen noch zu erobern / als was hart und wehrhafft/ und achtete weder der Mühe/ noch seiner vermeinten Glori / werth/ solche damals unbewehrte und unstreitbare Plätze anzugreiffen/ oder mit Volk zu belegen.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/112>, abgerufen am 13.05.2024.