Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der andre Discurs/ ches geschicht ja so wolin einem Faß/ welches Luffts die Fülle hat; wo-fern mans nur der gestalt vermacht/ daß keine frische Lufft dazu kan: ange- merckt die eingesperrte Fliegen alsdenn/ manglender Erlüfftung halben/ sterben müssen. Die Lusst Becher
Der andre Discurs/ ches geſchicht ja ſo wolin einem Faß/ welches Luffts die Fuͤlle hat; wo-fern mans nur der geſtalt vermacht/ daß keine friſche Lufft dazu kan: ange- merckt die eingeſperrte Fliegen alsdenn/ manglender Erluͤfftung halben/ ſterben muͤſſen. Die Luſſt Becher
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Der andre Discurs/
ches geſchicht ja ſo wolin einem Faß/ welches Luffts die Fuͤlle hat; wo-
fern mans nur der geſtalt vermacht/ daß keine friſche Lufft dazu kan: ange-
merckt die eingeſperrte Fliegen alsdenn/ manglender Erluͤfftung halben/
ſterben muͤſſen.
Man nehme es aber/ wie man will; die Thierlein moͤgen darinn
lebendig/ oder todt bleiben; moͤgen entweder durch Ausſchoͤpſſung der
Lufft/ oder Ausſchlieſſung friſcher Lufft/ umkommen: ſo iſt damit noch
bey weitem das Ziel der Leerheit nicht getroffen. Solte da gar keine Lufft
mehr ſein/ wo ein Menſch/ oder Thier nicht wol leben kan? Ein fauler/
ungebalſamirter/ unerfriſchter/ wie auch ein gar ſubtiler Lufft/ ſind keine
Leerheit. Durch die Ausſchoͤpffung/ wird die Lufft/ von dem Gefaͤß/ nicht
gar gebanniſirt; ſondern allein darinn verſeltenet. Eine Verſeltenung
aber und gaͤntzliche Benehmung/ ſind zweyerley. Wer die Lufft/ aus ei-
nem Geſchirꝛ/ oder Faß/ allerdings vertreiben wolte: der wuͤrde zuforderſt
das Geſchirꝛ ſelbſt zu Nichts machen muͤſſen. Denn ein jedweder Koͤrper
beſitzt ſeinen eingepflantzten Lufft/ den ihm kein Kuͤnſtler gaͤntzlich entziehen
kan/ ſo lang er noch ein Koͤrper/ und aus den vier Elementen gemiſchet
iſt. Dieſer eingepflantzter Lufft kan nach und nach/ durch eine Verſel-
tenung/ den ausgezogenen Lufft vertreten/ und die Lufft-Loͤcher/ darinn
er ſich bishero enthalten/ koͤnnen/ durch Einſchleichung eines andren neuen
Luffts/ alſobald erſetzet werden. Geſtaltſam/ was die Verſchmaͤlerung und
Verdickung deß Luffts betꝛifft/ uns die Wetter-Glaͤſer hievon einen klaren
Augenſchein fuͤrſtellen koͤnnen; die Ein- und Ausſchleichung aber deß Luffts
durch eines jeden Koͤrpers unſichtbare Lufft-Loͤcher/ wie auch die Poroſitaͤt/
oder verborgene ſubtile Durchgaͤngigkeit eines jeden Koͤrpers/ mit einem
Glaſe ſelbſten/ wie nicht weniger mit einer ſteinernen Mauren/ und einer
lang-verſperrten Truhen ſich behaupten laͤſſt. Daß ein Glas ſeine Lufft-
Loͤchlein habe/ wodurch der ſubtile Lufft unvermerckt aus und eingehe/
erkennet man/ an der Durchſtralung deß materialiſchen Liechts/ welches
ſeinen Glantz nicht anders/ durchs Glas/ werſſen kan/ ohn allein vermit-
telſt der Lufftloͤcher. Magnanus erzehlet (a) aus dem Munde Digbæi:
daß die Lufft/ welche zu einem ſpirituoͤſiſchen Liquor korporiſicirt/ nebenſt
einem in ſolchem Liquor auf geloͤſetem attenuirten Golde/ ingeſamt durch
ein hermetiſch-verſiegeltes philoſophiſches kryſtallines Ey/ gangen; auch
der/ in gemeinem Scheide-Waſſer aufgeloͤſete/ Merkur/ die Lufft-Loͤ-
cher einer glaͤſernen Flaſchen durchgeſchwitzet. Welches Exempel/ von
dem Merkur/ gedachtem Magnano gleichfalls der gelehrte Jtaliaͤner
Raphael Magiotti, mit ſeinen Augen/ bezeuget hat. Uber das gedenckt
Pater Schottus/ ihm habe der Chur-Meintziſche Hof-Medicus/ Doctor
Becher
Die Luſſt
laͤſſt ſich
niemals
gaͤntzlich
ausleeren.
(a) In Phi-
loſoph. Na-
tur. c. 16.
Propoſ. 2.
n. 7.
Erweiſung/
daß das
Glas Lufft-
loͤchrig ſey.
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/96>, abgerufen am 27.07.2024. |