Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der andre Discurs/ Winterschild. Er würde aber eine ziemlich-breite Heb-Stange/ Forell. Archimedes hat nicht die gantze Weltkugel/ sondern die Adlerhaupt. Mein Herr/ das sind lauter Einbildungen mensch- Ob ausser per
Der andre Discurs/ Winterſchild. Er wuͤrde aber eine ziemlich-breite Heb-Stange/ Forell. Archimedes hat nicht die gantze Weltkugel/ ſondern die Adlerhaupt. Mein Herr/ das ſind lauter Einbildungen menſch- Ob auſſer per
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="56"/> <fw place="top" type="header">Der andre Discurs/</fw><lb/> <p><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Er wuͤrde aber eine ziemlich-breite Heb-Stange/<lb/> und keine geringe Unterlage/ hiezu bedoͤrfft haben.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Forell.</hi> Archimedes hat nicht die gantze Weltkugel/ ſondern die<lb/> Waſſer-durchfloſſene Erdkugel eigentlich gemeint: wie ſolches ſeine/ zum<lb/> Koͤnige Hieron geſprochene/ Worte zeigen: <hi rendition="#fr">Gib mir/ woich ſtehen moͤ-<lb/> ge/ ſo will ich die Erde bewegen.</hi> Und dieſes wahrſcheinlich zu ma-<lb/> chen/ hat er allein/ mit ſeiner lincken Hand/ eine Laſt von fuͤnff tauſend<lb/> Korn-Maſſen/ imgleichen ein ſehr groſſes ſchwer-beladenes Schiff/ ſo auf<lb/> dem trucknen Lande lag/ nicht anders/ als obs auf dem Meer/ mit Rudern/<lb/> bewegt wuͤrde/ nach ſich gezogen. Doch geſetzt/ er hette das gantze groſſe<lb/> Welt-Gebaͤu/ darinn Himmel und Erden verfaſſet ſind/ gemeint; ſo koͤnnte<lb/> doch/ nach gleich-geſetzten Bedingniſſen der Zubehoͤr/ ſein Ausſpruch<lb/> glaubmaͤſſig bleiben; nemlich wenn man ihm/ auſſerhalb der gantzen Welt/<lb/> etwas gaͤbe/ darauf er fuſſen koͤnnte/ danebſt auch eine ſo unmenſchliche<lb/> Heb-Stange/ und Geſchickmaͤſſige Unterlage/ daß er alsdenn das gan-<lb/> tze Welt-Gebaͤu/ aus ſeinem Ruhe-Punct/ wuͤrde verrucken.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Mein Herr/ das ſind lauter Einbildungen menſch-<lb/> licher Schwachheit. Geſetzt/ es lieſſe ſich der Erd-Ball/ auf ſolche<lb/> Weiſe/ bewegen: ſo gibt es doch gar keinen Schatten/ geſchweige einen<lb/> Schein der Vermutlichkeit/ oder Vernunfft/ daß es/ auf gleiche Bedin-<lb/> gungen/ mit der gantzen Weltkugel Himmels und der Erden/ auch ange-<lb/> hen/ oder auch nur/ in unſerer Betrachtung/ die geringſte Vermutlichkeit<lb/> gewinnen ſolte. Denn wenn ein ſolcher hochvermeſſener Archimedes<lb/> ſolte auſſer der Welt geſtellet werden; ſo muͤſte er zugleich auſſer ſich ſelbſt<lb/> werden geſtellt: ſintemal unſer Koͤrper zur Welt mit gehoͤret. Auſſer ſich<lb/> ſelbſt aber waͤre er zu nichts wordẽ: alſo wuͤrde auch/ aus der Verruckung/<lb/> eben ſo viel werden/ das iſt/ Nichts. Und wo muͤſte der Ort auſſer der Welt<lb/> ſeyn/ da man ihr hin ſtellen koͤnnte? Nirgends. Denn auſſer der Welt/<lb/> iſt nichts. Auſſer und uͤber der Welt/ iſt allerdings kein Engel; ſondern<lb/> allein GOtt; der nicht allein uͤberall in der Welt/ ſondern auch uͤber alle<lb/> Welt/ und ſo wol aus- als inwendig alles erfuͤllet.</p><lb/> <p><note place="left">Ob auſſer<lb/> der Welt<lb/> noch etwas<lb/> ſey?</note><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Taurellus/ weiland ein beruͤhmter Philoſophus<lb/> und Artzt/ hat gleichwol/ mit einem Wahrſcheinlichen Schluß/ behaup-<lb/> ten wollen/ es ſey noch etwas uͤber allen Himmel; in dem er alſo gefolgert:<lb/> Wenn ich ſtuͤnde/ wo alle die Himmel ein Ende nehmen; ſo wuͤrde ich ge-<lb/> wißlich meine Hand ausſtrecken koͤnnen/ oder nicht. Koͤnnte ich ſie von mir<lb/> ſtrecken; ſo muͤſte unfehlbar/ und unwiderſprechlich/ auſſer dem Himmel<lb/> ein Raum ſeyn/ der meine Hand einnaͤhme. Wofern ich ſie aber nicht<lb/> ausſtrecken koͤnnte; muſte je gewißlich/ auſſer dem Himmel/ noch ein Koͤr-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">per</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0082]
Der andre Discurs/
Winterſchild. Er wuͤrde aber eine ziemlich-breite Heb-Stange/
und keine geringe Unterlage/ hiezu bedoͤrfft haben.
Forell. Archimedes hat nicht die gantze Weltkugel/ ſondern die
Waſſer-durchfloſſene Erdkugel eigentlich gemeint: wie ſolches ſeine/ zum
Koͤnige Hieron geſprochene/ Worte zeigen: Gib mir/ woich ſtehen moͤ-
ge/ ſo will ich die Erde bewegen. Und dieſes wahrſcheinlich zu ma-
chen/ hat er allein/ mit ſeiner lincken Hand/ eine Laſt von fuͤnff tauſend
Korn-Maſſen/ imgleichen ein ſehr groſſes ſchwer-beladenes Schiff/ ſo auf
dem trucknen Lande lag/ nicht anders/ als obs auf dem Meer/ mit Rudern/
bewegt wuͤrde/ nach ſich gezogen. Doch geſetzt/ er hette das gantze groſſe
Welt-Gebaͤu/ darinn Himmel und Erden verfaſſet ſind/ gemeint; ſo koͤnnte
doch/ nach gleich-geſetzten Bedingniſſen der Zubehoͤr/ ſein Ausſpruch
glaubmaͤſſig bleiben; nemlich wenn man ihm/ auſſerhalb der gantzen Welt/
etwas gaͤbe/ darauf er fuſſen koͤnnte/ danebſt auch eine ſo unmenſchliche
Heb-Stange/ und Geſchickmaͤſſige Unterlage/ daß er alsdenn das gan-
tze Welt-Gebaͤu/ aus ſeinem Ruhe-Punct/ wuͤrde verrucken.
Adlerhaupt. Mein Herr/ das ſind lauter Einbildungen menſch-
licher Schwachheit. Geſetzt/ es lieſſe ſich der Erd-Ball/ auf ſolche
Weiſe/ bewegen: ſo gibt es doch gar keinen Schatten/ geſchweige einen
Schein der Vermutlichkeit/ oder Vernunfft/ daß es/ auf gleiche Bedin-
gungen/ mit der gantzen Weltkugel Himmels und der Erden/ auch ange-
hen/ oder auch nur/ in unſerer Betrachtung/ die geringſte Vermutlichkeit
gewinnen ſolte. Denn wenn ein ſolcher hochvermeſſener Archimedes
ſolte auſſer der Welt geſtellet werden; ſo muͤſte er zugleich auſſer ſich ſelbſt
werden geſtellt: ſintemal unſer Koͤrper zur Welt mit gehoͤret. Auſſer ſich
ſelbſt aber waͤre er zu nichts wordẽ: alſo wuͤrde auch/ aus der Verruckung/
eben ſo viel werden/ das iſt/ Nichts. Und wo muͤſte der Ort auſſer der Welt
ſeyn/ da man ihr hin ſtellen koͤnnte? Nirgends. Denn auſſer der Welt/
iſt nichts. Auſſer und uͤber der Welt/ iſt allerdings kein Engel; ſondern
allein GOtt; der nicht allein uͤberall in der Welt/ ſondern auch uͤber alle
Welt/ und ſo wol aus- als inwendig alles erfuͤllet.
Winterſchild. Taurellus/ weiland ein beruͤhmter Philoſophus
und Artzt/ hat gleichwol/ mit einem Wahrſcheinlichen Schluß/ behaup-
ten wollen/ es ſey noch etwas uͤber allen Himmel; in dem er alſo gefolgert:
Wenn ich ſtuͤnde/ wo alle die Himmel ein Ende nehmen; ſo wuͤrde ich ge-
wißlich meine Hand ausſtrecken koͤnnen/ oder nicht. Koͤnnte ich ſie von mir
ſtrecken; ſo muͤſte unfehlbar/ und unwiderſprechlich/ auſſer dem Himmel
ein Raum ſeyn/ der meine Hand einnaͤhme. Wofern ich ſie aber nicht
ausſtrecken koͤnnte; muſte je gewißlich/ auſſer dem Himmel/ noch ein Koͤr-
per
Ob auſſer
der Welt
noch etwas
ſey?
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