Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der andre Discurs/ sammen gesetzt/ durch eine allgemeine Natur/ würde in ihrer EinigkeitOb die Welt eine Seele habe?befestiget/ und alle ihre Theil dadurch unterhalten. Jch habe mich da- hin erkläret/ daß ich/ hierinn zu Platonisiren/ nicht gesonnen/ und mit dem Worte der Natur allhie keine eigentliche informirende Form/ so ei- nem Dinge sein Wesen giebt/ meinete; vielweniger eine Seele; auch nicht/ mit der Stoischen Sect/ dafür hielte/ GOtt sey die Seele der Welt/ und die Welt unsers Herrn Gottes Leib; daher auch die Welt ver- nünfftig sey: welche falsche Einbildung/ vom Lactantio/ schon vorlängst zu Grunde gerichtet worden. Goldstern. Die Stoici seynd dieses Schwarms erste Urheber (d) Lib. 2. haben
Der andre Discurs/ ſammen geſetzt/ durch eine allgemeine Natur/ wuͤrde in ihrer EinigkeitOb die Welt eine Seele habe?befeſtiget/ und alle ihre Theil dadurch unterhalten. Jch habe mich da- hin erklaͤret/ daß ich/ hierinn zu Platoniſiren/ nicht geſonnen/ und mit dem Worte der Natur allhie keine eigentliche informirende Form/ ſo ei- nem Dinge ſein Weſen giebt/ meinete; vielweniger eine Seele; auch nicht/ mit der Stoiſchen Sect/ dafuͤr hielte/ GOtt ſey die Seele der Welt/ und die Welt unſers Herꝛn Gottes Leib; daher auch die Welt ver- nuͤnfftig ſey: welche falſche Einbildung/ vom Lactantio/ ſchon vorlaͤngſt zu Grunde gerichtet worden. Goldſtern. Die Stoici ſeynd dieſes Schwarms erſte Urheber (d) Lib. 2. haben
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Der andre Discurs/
ſammen geſetzt/ durch eine allgemeine Natur/ wuͤrde in ihrer Einigkeit
befeſtiget/ und alle ihre Theil dadurch unterhalten. Jch habe mich da-
hin erklaͤret/ daß ich/ hierinn zu Platoniſiren/ nicht geſonnen/ und mit
dem Worte der Natur allhie keine eigentliche informirende Form/ ſo ei-
nem Dinge ſein Weſen giebt/ meinete; vielweniger eine Seele; auch
nicht/ mit der Stoiſchen Sect/ dafuͤr hielte/ GOtt ſey die Seele der
Welt/ und die Welt unſers Herꝛn Gottes Leib; daher auch die Welt ver-
nuͤnfftig ſey: welche falſche Einbildung/ vom Lactantio/ ſchon vorlaͤngſt
zu Grunde gerichtet worden.
Ob die Welt
eine Seele
habe?
Goldſtern. Die Stoici ſeynd dieſes Schwarms erſte Urheber
nicht: ſondern/ wie der angezogene Lactantius beglaubt/ die alten Egy-
pter/ und Hermes Trismegiſtus/ Zoroaſter/ Orpheus/ und Thales:
von welchen ihn Pythagoras eingeſogen/ und Plato hernach fortgepflan-
tzet: wie aus ſeinem Timæo/ einem Pythagoriſchen Philoſopho/ unter
deſſen Namen Plato ein Buch von der Natur geſchrieben/ zu erkennen. (a)
Wie wol ich dem Triſmegiſto ein Beſſers zutraue/ als daß er Gott/ recht
eigentlicher Meinung/ ſolte/ fuͤr die Seele der Welt/ gehalten haben;
ſondern vielmehr auf verbluͤhmte Weiſe. Andre machen einen Unter-
ſcheid/ zwiſchen der informirenden oder beweſenden Seele/ und der
beyſtaͤndigen (aſſiſtentem) daß die Welt keine beweſende Seele ha-
be/ oder deutlicher zu reden/ keine weſentliche Seele in ſich habe; glauben
wir dem Ariſtoteli (b) gar gern. Eine beyſtandige Seele ſchreibet ihr
zu Zoroaſter Jeſſenii: (c) weil/ ohn ſolchen Beyſtand derſelben/ die Welt/
wie ein todter Leichnam/ ligen wuͤrde. Doch will ers/ mit dieſem Bedinge/
geredt wiſſen/ daß ihre fuͤrnehmſten Theile ihre eigene beſondere Seelen
haben/ die den kleinern Theilen davon mittheilen/ und dieſe hinwiederum
den allerkleineſten: deſſen man/ an den Baͤumen/ Stauden/ Pflantzen/
und Thieren/ ein augenſcheinliches Muſter ſihet: ſintemal/ in denſelben/
Wuͤrmer wachſen.
(a) V. Ari-
ſtotel. 1. de
Plantis 1. &
alibi. Plin.
lib. 11. c.1.
Sennert de
Conſ. &
diſſ. 7.
(b) l. de A-
nima t. 49.
(c) Apud
Horn. lib. 1.
Hiſtor. Na-
tural.
Licetus redet gar viel/ von ſolcher beyſtaͤndigen Welt-Seele/ (d)
und ſpricht/ es ſey allerdings Vernunfft-maͤſſig/ daß die gantze Welt/
und ein jedweder Himmels-Kreis ein lebendiger beſeelter Koͤrper ſey;
der keine vegetabiliſche noch empfind- oder ſinnliche/ ſondern eine ſolche
Seele habe/ die ein reiner Verſtand/ oder Geiſt. Die Welt (ſchreibt
Er hernach ferner) und die himmliſchen Kreyſe/ ſeynd/ mit einem ſolchen
Verſtande/ und Krafft der Erkenntniß/ begabt/ welche dem Verſtande
aller/ unter dem Mond Lebenden/ weit uͤberlegen: und diß ſoll der Goͤtt-
liche Verſtand/ oder eine Jntelligentz/ ſeyn. (Intelligentia ſeparata.)
Am andren Orte/ ſagt eben dieſer Author: die himmliſchen Koͤrper
haben
(d) Lib. 2.
de Vita c.1.
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