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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Venus-Stern.

Adlerhaupt. Jch zweifle nicht/ der Herr werde solches/ nach sei-
ner guten Christlichen Bescheidenheit/ und gesunden Verstande/ reden.
Meines Theils/ schreibe ich zwar/ wie der Herr weiß/ dem Einfluß deß
Gestirns nicht sonders viel zu: aber/ der Glantz/ Lauff und die hochver-
wunderliche Ordnung desselben/ machen mir dennoch manchen schönen
und lustigen Abend. Denn wenn ich meinen Augen einen Dienst thun
will; so schicke ich sie hinauf/ ans Firmament/ lasse sie allda/ mit den
güldnen Himmelsläuffern/ ein wenig herum lauffen/ und an so viel tau-
send Lust- und Zier-Feuren/ so die Weisheit Gottes angerichtet/ sich er-
freuen. Bey solcher hohen Spatzier-Fahrt aber/ ist ihnen fast niemals
eine lieblichere und klärere Flamme entgegen geschienen/ als der holdseli-
ge Abend-Stern/ welcher mit seiner fürtrefflichen Klarheit/ und Anmut/
aus völligem Recht/ den Namen der Venus besitzet. Dieses aus der-
massen schönen Gestirns/ weiß ich mich nicht satt zu schauen; mit dieser
himmlischen Venus/ buhlen sich meine Augen nimmer müde/ und lassen
sich niemals/ sonder Unwillen/ von ihrem prächtigem Glantz abreissen.
Jhre so hell-geflammte Locken und Gold-blinckende Haar-Stralen
werden ein güldnes Netz aller Gesichter/ welche dieses edle Geschöpff/ mit
Ernst/ betrachten.

Goldstern. Der Herr braucht so verliebte Worte/ als ob dieseZier. deß Ve-
nus Sterns.

Venus sein Schatz und Liebste wäre. Aber die Warheit zu bekennen/
diß holdreiche Gestirn überwindt alle erdenckliche Schönheiten/ und ist
nicht allein das lieblichste/ sondern auch/ nechst Sonne und Mond/ das
Glantz-reichste: daher es auch allezeit die Augen/ Lippen/ und Federn der
Stern-Verliebten an sich zeucht/ und entzuckt. Und mag freylich/ mit
bestem Fuge/ der Liebs-Stern heissen: weil ihn nicht allein seine lieb-
liche Gestalt liebwürdig macht/ sondern er auch zu den Früchten der Liebe/
nemlich zur Erzielung der jungen Ehepfläntzlein/ kräfftige Würckung
beyträgt: Daher ihn auch die Alten Venus genannt. Denn weil sie
merckten/ daß er mässig wärmete/ und feuchtete; welches zur Fortpflan-
tzung/ am allerdiensamsten; auch die Begierde der Beywohnung/ samt
den Kräfften/ munterte und vermehrte: bildeten sie ihn/ in weiblicher
Gestalt/ aber fürtrefflich schön: zumal weil er auch/ an sich selbsten/ der
schönste unter den Planeten ist: wie Porphyrius/ beym Eusebio (a) er-(a) l. 3. Prae-
parat. Evan.
c.
11.

zehlet. Jst demnach so wol dieser Abend-Stern/ als wie der Mond/
zum Vorsteher der Geschlecht-Mehrung/ und Gebährung/ von den
Heiden erkoren: aus dieser gemeinen Ursach/ weil beyde Planeten eine
wolgemässigte Wärme und Feuchtigkeit verleihen. Daher man auch
vermutlich den Mond so wol/ als den Abendstern/ Aphrothiten, oder Venus/

ge-
Von dem Venus-Stern.

Adlerhaupt. Jch zweifle nicht/ der Herꝛ werde ſolches/ nach ſei-
ner guten Chriſtlichen Beſcheidenheit/ und geſunden Verſtande/ reden.
Meines Theils/ ſchreibe ich zwar/ wie der Herꝛ weiß/ dem Einfluß deß
Geſtirns nicht ſonders viel zu: aber/ der Glantz/ Lauff und die hochver-
wunderliche Ordnung deſſelben/ machen mir dennoch manchen ſchoͤnen
und luſtigen Abend. Denn wenn ich meinen Augen einen Dienſt thun
will; ſo ſchicke ich ſie hinauf/ ans Firmament/ laſſe ſie allda/ mit den
guͤldnen Himmelslaͤuffern/ ein wenig herum lauffen/ und an ſo viel tau-
ſend Luſt- und Zier-Feuren/ ſo die Weisheit Gottes angerichtet/ ſich er-
freuen. Bey ſolcher hohen Spatzier-Fahrt aber/ iſt ihnen faſt niemals
eine lieblichere und klaͤrere Flamme entgegen geſchienen/ als der holdſeli-
ge Abend-Stern/ welcher mit ſeiner fuͤrtrefflichen Klarheit/ und Anmut/
aus voͤlligem Recht/ den Namen der Venus beſitzet. Dieſes aus der-
maſſen ſchoͤnen Geſtirns/ weiß ich mich nicht ſatt zu ſchauen; mit dieſer
himmliſchen Venus/ buhlen ſich meine Augen nimmer muͤde/ und laſſen
ſich niemals/ ſonder Unwillen/ von ihrem praͤchtigem Glantz abreiſſen.
Jhre ſo hell-geflammte Locken und Gold-blinckende Haar-Stralen
werden ein guͤldnes Netz aller Geſichter/ welche dieſes edle Geſchoͤpff/ mit
Ernſt/ betrachten.

Goldſtern. Der Herꝛ braucht ſo verliebte Worte/ als ob dieſeZier. deß Ve-
nus Sterns.

Venus ſein Schatz und Liebſte waͤre. Aber die Warheit zu bekennen/
diß holdreiche Geſtirn uͤberwindt alle erdenckliche Schoͤnheiten/ und iſt
nicht allein das lieblichſte/ ſondern auch/ nechſt Sonne und Mond/ das
Glantz-reichſte: daher es auch allezeit die Augen/ Lippen/ und Federn der
Stern-Verliebten an ſich zeucht/ und entzuckt. Und mag freylich/ mit
beſtem Fuge/ der Liebs-Stern heiſſen: weil ihn nicht allein ſeine lieb-
liche Geſtalt liebwuͤrdig macht/ ſondern er auch zu den Fruͤchten der Liebe/
nemlich zur Erzielung der jungen Ehepflaͤntzlein/ kraͤfftige Wuͤrckung
beytraͤgt: Daher ihn auch die Alten Venus genannt. Denn weil ſie
merckten/ daß er maͤſſig waͤrmete/ und feuchtete; welches zur Fortpflan-
tzung/ am allerdienſamſten; auch die Begierde der Beywohnung/ ſamt
den Kraͤfften/ munterte und vermehrte: bildeten ſie ihn/ in weiblicher
Geſtalt/ aber fuͤrtrefflich ſchoͤn: zumal weil er auch/ an ſich ſelbſten/ der
ſchoͤnſte unter den Planeten iſt: wie Porphyrius/ beym Euſebio (a) er-(a) l. 3. Præ-
parat. Evan.
c.
11.

zehlet. Jſt demnach ſo wol dieſer Abend-Stern/ als wie der Mond/
zum Vorſteher der Geſchlecht-Mehrung/ und Gebaͤhrung/ von den
Heiden erkoren: aus dieſer gemeinen Urſach/ weil beyde Planeten eine
wolgemaͤſſigte Waͤrme und Feuchtigkeit verleihen. Daher man auch
vermutlich den Mond ſo wol/ als den Abendſtern/ Αφροϑίτην, oder Venus/

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[567/0607] Von dem Venus-Stern. Adlerhaupt. Jch zweifle nicht/ der Herꝛ werde ſolches/ nach ſei- ner guten Chriſtlichen Beſcheidenheit/ und geſunden Verſtande/ reden. Meines Theils/ ſchreibe ich zwar/ wie der Herꝛ weiß/ dem Einfluß deß Geſtirns nicht ſonders viel zu: aber/ der Glantz/ Lauff und die hochver- wunderliche Ordnung deſſelben/ machen mir dennoch manchen ſchoͤnen und luſtigen Abend. Denn wenn ich meinen Augen einen Dienſt thun will; ſo ſchicke ich ſie hinauf/ ans Firmament/ laſſe ſie allda/ mit den guͤldnen Himmelslaͤuffern/ ein wenig herum lauffen/ und an ſo viel tau- ſend Luſt- und Zier-Feuren/ ſo die Weisheit Gottes angerichtet/ ſich er- freuen. Bey ſolcher hohen Spatzier-Fahrt aber/ iſt ihnen faſt niemals eine lieblichere und klaͤrere Flamme entgegen geſchienen/ als der holdſeli- ge Abend-Stern/ welcher mit ſeiner fuͤrtrefflichen Klarheit/ und Anmut/ aus voͤlligem Recht/ den Namen der Venus beſitzet. Dieſes aus der- maſſen ſchoͤnen Geſtirns/ weiß ich mich nicht ſatt zu ſchauen; mit dieſer himmliſchen Venus/ buhlen ſich meine Augen nimmer muͤde/ und laſſen ſich niemals/ ſonder Unwillen/ von ihrem praͤchtigem Glantz abreiſſen. Jhre ſo hell-geflammte Locken und Gold-blinckende Haar-Stralen werden ein guͤldnes Netz aller Geſichter/ welche dieſes edle Geſchoͤpff/ mit Ernſt/ betrachten. Goldſtern. Der Herꝛ braucht ſo verliebte Worte/ als ob dieſe Venus ſein Schatz und Liebſte waͤre. Aber die Warheit zu bekennen/ diß holdreiche Geſtirn uͤberwindt alle erdenckliche Schoͤnheiten/ und iſt nicht allein das lieblichſte/ ſondern auch/ nechſt Sonne und Mond/ das Glantz-reichſte: daher es auch allezeit die Augen/ Lippen/ und Federn der Stern-Verliebten an ſich zeucht/ und entzuckt. Und mag freylich/ mit beſtem Fuge/ der Liebs-Stern heiſſen: weil ihn nicht allein ſeine lieb- liche Geſtalt liebwuͤrdig macht/ ſondern er auch zu den Fruͤchten der Liebe/ nemlich zur Erzielung der jungen Ehepflaͤntzlein/ kraͤfftige Wuͤrckung beytraͤgt: Daher ihn auch die Alten Venus genannt. Denn weil ſie merckten/ daß er maͤſſig waͤrmete/ und feuchtete; welches zur Fortpflan- tzung/ am allerdienſamſten; auch die Begierde der Beywohnung/ ſamt den Kraͤfften/ munterte und vermehrte: bildeten ſie ihn/ in weiblicher Geſtalt/ aber fuͤrtrefflich ſchoͤn: zumal weil er auch/ an ſich ſelbſten/ der ſchoͤnſte unter den Planeten iſt: wie Porphyrius/ beym Euſebio (a) er- zehlet. Jſt demnach ſo wol dieſer Abend-Stern/ als wie der Mond/ zum Vorſteher der Geſchlecht-Mehrung/ und Gebaͤhrung/ von den Heiden erkoren: aus dieſer gemeinen Urſach/ weil beyde Planeten eine wolgemaͤſſigte Waͤrme und Feuchtigkeit verleihen. Daher man auch vermutlich den Mond ſo wol/ als den Abendſtern/ Αφροϑίτην, oder Venus/ ge- Zier. deß Ve- nus Sterns. (a) l. 3. Præ- parat. Evan. c. 11.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/607>, abgerufen am 22.12.2024.