Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

Der vierzehende Discurs.
und die Götter/ an ihren kühnen Unterfahungen/ einen Eckel
haben.

Jhr Feldherr Drusus aber hat es wol besser verstanden: wie sol-
ches die folgende Worte deß Historici zu erkennen geben: Utendum ea
inclinatione Caesar, & quae casus obtulerat, in sapientiam vertenda
ratus &c.
Der Käiserliche Printz meynte/ man müste sich dieser ihrer
Gemüts-Neigung gebrauchen/ und aus solcher zufälligen Begebenheit
einen klugen Vortheil machen etc.

Winterschild. Jch halte nicht/ daß der atheistische Plinius den
Glocken- und andren Klang/ aus Aberglauben/ sondern zur Zertheilung
deß Gewölcks/ für diensam geachtet/ oder auch zur Vertreibung der bö-
sen Jnfluentz.

Goldstern. Das dörffte wol seyn. Denn es ist nicht vermutlich/
daß er geglaubt haben solte/ der Mond stünde in Gefahr: sintemal solches
mit dem/ nicht wol übereinkommt/ was er vom Atheniensischen
Feld-Obersten/ Nicia/ berichtet/ derselbe sey einer Finsterniß halben/
erschrocken/ weil er die Ursache nicht verstanden; also gar/ daß er derent-
wegen/ mit der Kriegs-Flotte/ nicht auslauffen wollen/ und dadurch
seinen Principalen mächtigen Schaden verursachet habe: in dem er gleich-
wie Stesichorus/ und Pindarus/ geglaubt/ die Finsternissen bedeuteten
grosses Unglück/ sonderbarer denckwürdige Unthaten/ und hohe Todes-
(a) Plin. lib.
11. c.
11.
Fälle (a) Massen auch Plutarchus solches in dem Leben Niciae/ mit meh-
rerm/ ausführet.

Sonst nennet ers anderswo rem in tota contemplatione naturae
maxime miram, & ostento similem,
eine Sache/ so in der gantzen
Naturkündigung am meisten zuverwundern/ und einem
(b) lib. 11.
[e].
10.
Wunderzeichen gleich (b) Weil man nun vor Alters/ die Ursach sol-
cher Mond-Finsterniß nicht wuste; wähnete man insgemein/ der Mond
Falsch Ein-
bildung von
den Mond-
Finsternis-
sen.
würde/ durch die Hexen/ vom Himmel herabgezogen/ durch ihrezaubrische
Beschwerungen/ und gezwungen/ seine Kräffte/ auf dieses oder jenes
Kraut/ auszuschütten; damit hernach selbiges/ zu ihrem Gebrauch/ desto
kräfftiger würde. Massen solches bey vielen Lateinischen Poeten/ als
Virgilio/ Horatio/ Ovidio/ Tibullo/ Lucano/ Juvenale/ Martiale/
und andren gedacht wird. Gestalsam auch vor angezogener Natur-
schreiber/ Plinius/ meldet/ daß man dem Mond/ damit derselbe die
zauberische Beschwerungen nicht hören möchte/ mit einem verworrenem
und mißlautendem Getöhn helffen wollen. Und bezeuget gleichfalls solche
(c) Lib. 25.aberglaubische Weise Livius (c) da er berichtet/ das unbewehrte Kampani-

sche

Der vierzehende Discurs.
und die Goͤtter/ an ihren kuͤhnen Unterfahungen/ einen Eckel
haben.

Jhr Feldherꝛ Druſus aber hat es wol beſſer verſtanden: wie ſol-
ches die folgende Worte deß Hiſtorici zu erkennen geben: Utendum eâ
inclinatione Cæſar, & quæ caſus obtulerat, in ſapientiam vertenda
ratus &c.
Der Kaͤiſerliche Printz meynte/ man muͤſte ſich dieſer ihrer
Gemuͤts-Neigung gebrauchen/ und aus ſolcher zufaͤlligen Begebenheit
einen klugen Vortheil machen ꝛc.

Winterſchild. Jch halte nicht/ daß der atheiſtiſche Plinius den
Glocken- und andren Klang/ aus Aberglauben/ ſondern zur Zertheilung
deß Gewoͤlcks/ fuͤr dienſam geachtet/ oder auch zur Vertreibung der boͤ-
ſen Jnfluentz.

Goldſtern. Das doͤrffte wol ſeyn. Denn es iſt nicht vermutlich/
daß er geglaubt haben ſolte/ der Mond ſtuͤnde in Gefahr: ſintemal ſolches
mit dem/ nicht wol uͤbereinkommt/ was er vom Athenienſiſchen
Feld-Oberſten/ Nicia/ berichtet/ derſelbe ſey einer Finſterniß halben/
erſchrocken/ weil er die Urſache nicht verſtanden; alſo gar/ daß er derent-
wegen/ mit der Kriegs-Flotte/ nicht auslauffen wollen/ und dadurch
ſeinen Principalen maͤchtigen Schaden verurſachet habe: in dem er gleich-
wie Steſichorus/ und Pindarus/ geglaubt/ die Finſterniſſen bedeuteten
groſſes Ungluͤck/ ſonderbarer denckwuͤrdige Unthaten/ und hohe Todes-
(a) Plin. lib.
11. c.
11.
Faͤlle (a) Maſſen auch Plutarchus ſolches in dem Leben Niciæ/ mit meh-
rerm/ ausfuͤhret.

Sonſt nennet ers anderswo rem in tota contemplatione naturæ
maximè miram, & oſtento ſimilem,
eine Sache/ ſo in der gantzen
Naturkuͤndigung am meiſten zuverwundern/ und einem
(b) lib. 11.
[e].
10.
Wunderzeichen gleich (b) Weil man nun vor Alters/ die Urſach ſol-
cher Mond-Finſterniß nicht wuſte; waͤhnete man insgemein/ der Mond
Falſch Ein-
bildung von
den Mond-
Finſterniſ-
ſen.
wuͤrde/ durch die Hexen/ vom Himmel herabgezogen/ durch ihrezaubriſche
Beſchwerungen/ und gezwungen/ ſeine Kraͤffte/ auf dieſes oder jenes
Kraut/ auszuſchuͤtten; damit hernach ſelbiges/ zu ihrem Gebrauch/ deſto
kraͤfftiger wuͤrde. Maſſen ſolches bey vielen Lateiniſchen Poeten/ als
Virgilio/ Horatio/ Ovidio/ Tibullo/ Lucano/ Juvenale/ Martiale/
und andren gedacht wird. Geſtalſam auch vor angezogener Natur-
ſchreiber/ Plinius/ meldet/ daß man dem Mond/ damit derſelbe die
zauberiſche Beſchwerungen nicht hoͤren moͤchte/ mit einem verworrenem
und mißlautendem Getoͤhn helffen wollen. Und bezeuget gleichfalls ſolche
(c) Lib. 25.aberglaubiſche Weiſe Livius (c) da er berichtet/ das unbewehrte Kampani-

ſche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0546" n="506"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der vierzehende Discurs.</hi></fw><lb/>
und die Go&#x0364;tter/ an ihren ku&#x0364;hnen Unterfahungen/ einen Eckel<lb/>
haben.</p><lb/>
        <p>Jhr Feldher&#xA75B; Dru&#x017F;us aber hat es wol be&#x017F;&#x017F;er ver&#x017F;tanden: wie &#x017F;ol-<lb/>
ches die folgende Worte deß Hi&#x017F;torici zu erkennen geben: <hi rendition="#aq">Utendum eâ<lb/>
inclinatione Cæ&#x017F;ar, &amp; quæ ca&#x017F;us obtulerat, in &#x017F;apientiam vertenda<lb/>
ratus &amp;c.</hi> Der Ka&#x0364;i&#x017F;erliche Printz meynte/ man mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ich die&#x017F;er ihrer<lb/>
Gemu&#x0364;ts-Neigung gebrauchen/ und aus &#x017F;olcher zufa&#x0364;lligen Begebenheit<lb/>
einen klugen Vortheil machen &#xA75B;c.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Winter&#x017F;child.</hi> Jch halte nicht/ daß der athei&#x017F;ti&#x017F;che Plinius den<lb/>
Glocken- und andren Klang/ aus Aberglauben/ &#x017F;ondern zur Zertheilung<lb/>
deß Gewo&#x0364;lcks/ fu&#x0364;r dien&#x017F;am geachtet/ oder auch zur Vertreibung der bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Jnfluentz.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Gold&#x017F;tern.</hi> Das do&#x0364;rffte wol &#x017F;eyn. Denn es i&#x017F;t nicht vermutlich/<lb/>
daß er geglaubt haben &#x017F;olte/ der Mond &#x017F;tu&#x0364;nde in Gefahr: &#x017F;intemal &#x017F;olches<lb/>
mit dem/ nicht wol u&#x0364;bereinkommt/ was er vom Athenien&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Feld-Ober&#x017F;ten/ Nicia/ berichtet/ der&#x017F;elbe &#x017F;ey einer Fin&#x017F;terniß halben/<lb/>
er&#x017F;chrocken/ weil er die Ur&#x017F;ache nicht ver&#x017F;tanden; al&#x017F;o gar/ daß er derent-<lb/>
wegen/ mit der Kriegs-Flotte/ nicht auslauffen wollen/ und dadurch<lb/>
&#x017F;einen Principalen ma&#x0364;chtigen Schaden verur&#x017F;achet habe: in dem er gleich-<lb/>
wie Ste&#x017F;ichorus/ und Pindarus/ geglaubt/ die Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;en bedeuteten<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es Unglu&#x0364;ck/ &#x017F;onderbarer denckwu&#x0364;rdige Unthaten/ und hohe Todes-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">a</hi>) Plin. lib.<lb/>
11. c.</hi> 11.</note>Fa&#x0364;lle <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">a</hi>)</hi> Ma&#x017F;&#x017F;en auch Plutarchus &#x017F;olches in dem Leben Nici<hi rendition="#aq">æ</hi>/ mit meh-<lb/>
rerm/ ausfu&#x0364;hret.</p><lb/>
        <p>Son&#x017F;t nennet ers anderswo <hi rendition="#aq">rem in tota contemplatione naturæ<lb/>
maximè miram, &amp; o&#x017F;tento &#x017F;imilem,</hi> <hi rendition="#fr">eine Sache/ &#x017F;o in</hi> der gantzen<lb/><hi rendition="#fr">Naturku&#x0364;ndigung am mei&#x017F;ten zuverwundern/</hi> und einem<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">b</hi>) lib. 11.<lb/><supplied>e</supplied>.</hi> 10.</note><hi rendition="#fr">Wunderzeichen gleich</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">b</hi>)</hi> Weil man nun vor Alters/ die Ur&#x017F;ach &#x017F;ol-<lb/>
cher Mond-Fin&#x017F;terniß nicht wu&#x017F;te; wa&#x0364;hnete man insgemein/ der Mond<lb/><note place="left">Fal&#x017F;ch Ein-<lb/>
bildung von<lb/>
den Mond-<lb/>
Fin&#x017F;terni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</note>wu&#x0364;rde/ durch die Hexen/ vom Himmel herabgezogen/ durch ihrezaubri&#x017F;che<lb/>
Be&#x017F;chwerungen/ und gezwungen/ &#x017F;eine Kra&#x0364;ffte/ auf die&#x017F;es oder jenes<lb/>
Kraut/ auszu&#x017F;chu&#x0364;tten; damit hernach &#x017F;elbiges/ zu ihrem Gebrauch/ de&#x017F;to<lb/>
kra&#x0364;fftiger wu&#x0364;rde. Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olches bey vielen Lateini&#x017F;chen Poeten/ als<lb/>
Virgilio/ Horatio/ Ovidio/ Tibullo/ Lucano/ Juvenale/ Martiale/<lb/>
und andren gedacht wird. Ge&#x017F;tal&#x017F;am auch vor angezogener Natur-<lb/>
&#x017F;chreiber/ Plinius/ meldet/ daß man dem Mond/ damit der&#x017F;elbe die<lb/>
zauberi&#x017F;che Be&#x017F;chwerungen nicht ho&#x0364;ren mo&#x0364;chte/ mit einem verworrenem<lb/>
und mißlautendem Geto&#x0364;hn helffen wollen. Und bezeuget gleichfalls &#x017F;olche<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">c</hi>) Lib.</hi> 25.</note>aberglaubi&#x017F;che Wei&#x017F;e Livius <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">c</hi>)</hi> da er berichtet/ das unbewehrte Kampani-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;che</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[506/0546] Der vierzehende Discurs. und die Goͤtter/ an ihren kuͤhnen Unterfahungen/ einen Eckel haben. Jhr Feldherꝛ Druſus aber hat es wol beſſer verſtanden: wie ſol- ches die folgende Worte deß Hiſtorici zu erkennen geben: Utendum eâ inclinatione Cæſar, & quæ caſus obtulerat, in ſapientiam vertenda ratus &c. Der Kaͤiſerliche Printz meynte/ man muͤſte ſich dieſer ihrer Gemuͤts-Neigung gebrauchen/ und aus ſolcher zufaͤlligen Begebenheit einen klugen Vortheil machen ꝛc. Winterſchild. Jch halte nicht/ daß der atheiſtiſche Plinius den Glocken- und andren Klang/ aus Aberglauben/ ſondern zur Zertheilung deß Gewoͤlcks/ fuͤr dienſam geachtet/ oder auch zur Vertreibung der boͤ- ſen Jnfluentz. Goldſtern. Das doͤrffte wol ſeyn. Denn es iſt nicht vermutlich/ daß er geglaubt haben ſolte/ der Mond ſtuͤnde in Gefahr: ſintemal ſolches mit dem/ nicht wol uͤbereinkommt/ was er vom Athenienſiſchen Feld-Oberſten/ Nicia/ berichtet/ derſelbe ſey einer Finſterniß halben/ erſchrocken/ weil er die Urſache nicht verſtanden; alſo gar/ daß er derent- wegen/ mit der Kriegs-Flotte/ nicht auslauffen wollen/ und dadurch ſeinen Principalen maͤchtigen Schaden verurſachet habe: in dem er gleich- wie Steſichorus/ und Pindarus/ geglaubt/ die Finſterniſſen bedeuteten groſſes Ungluͤck/ ſonderbarer denckwuͤrdige Unthaten/ und hohe Todes- Faͤlle (a) Maſſen auch Plutarchus ſolches in dem Leben Niciæ/ mit meh- rerm/ ausfuͤhret. (a) Plin. lib. 11. c. 11. Sonſt nennet ers anderswo rem in tota contemplatione naturæ maximè miram, & oſtento ſimilem, eine Sache/ ſo in der gantzen Naturkuͤndigung am meiſten zuverwundern/ und einem Wunderzeichen gleich (b) Weil man nun vor Alters/ die Urſach ſol- cher Mond-Finſterniß nicht wuſte; waͤhnete man insgemein/ der Mond wuͤrde/ durch die Hexen/ vom Himmel herabgezogen/ durch ihrezaubriſche Beſchwerungen/ und gezwungen/ ſeine Kraͤffte/ auf dieſes oder jenes Kraut/ auszuſchuͤtten; damit hernach ſelbiges/ zu ihrem Gebrauch/ deſto kraͤfftiger wuͤrde. Maſſen ſolches bey vielen Lateiniſchen Poeten/ als Virgilio/ Horatio/ Ovidio/ Tibullo/ Lucano/ Juvenale/ Martiale/ und andren gedacht wird. Geſtalſam auch vor angezogener Natur- ſchreiber/ Plinius/ meldet/ daß man dem Mond/ damit derſelbe die zauberiſche Beſchwerungen nicht hoͤren moͤchte/ mit einem verworrenem und mißlautendem Getoͤhn helffen wollen. Und bezeuget gleichfalls ſolche aberglaubiſche Weiſe Livius (c) da er berichtet/ das unbewehrte Kampani- ſche (b) lib. 11. e. 10. Falſch Ein- bildung von den Mond- Finſterniſ- ſen. (c) Lib. 25.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/546
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/546>, abgerufen am 20.05.2024.