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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der vierzehende Discurs.
gewelbte Seite eines glatt geschliffenen Körpers/ fähig ist. Ob nun gleich
die Spiegel so mancherley Schnitte haben: könnte doch dem Mond kei-
ner mehr/ als einer aus diesen dreyen/ zukommen; entweder die Figur
eines flach-ebenen/ oder eines holen/ oder bauchichten Rund-Spie-
gels: massen solches/ aus seiner runden Gestalt/ zur Zeit der Sonnen-
Finsternissen/ ein jedweder abnehmen kan.

Schönwald. Jch hätte vermeynt/ eine ebene und flache Spiegel-
Gestalt solte am ersten und leichtesten/ von dem Mond/ vermutet werden.

Fernere Er-
weisung/
daß dem
Mond keine
ebene Spie-
gel-Gestalt
könne zuge-
eignet wer-
den.
Goldstern. Das lieffe aber/ wider allen Grunde der Sehe-Kunst.
Mein Herr erwege nur diese zwo Bewehrungen: so wird ihm die Unmög-
lichkeit solcher Figur bald erscheinen/ und der Schatten seiner irrsamen
Einbildung weichen. Erstlich wird er seinen eigenen Augen müssen glau-
ben/ daß so bald die Sonne einen ebenen Platz beleuchtet/ gleich desselbi-
gen Augenblicks selbiger gantzer Platz hell werde/ auch das Licht so lang
behalte/ als die Sonne solche Fläche bestralet/ das ist/ so lange/ bis sie/
in demselbigen Horizont/ oder Gesichts-Kreyse untergeht. Derglei-
chen würde man auch etwas/ an dem Mond/ verspühren/ wenn desselben
dissentiger Theil einen ebnen Spiegel/ fürstellete. Denn also müste er/
gleich am ersten Tage/ wenn er nur mit dem allerwenigsten Licht belehnet
ist/ und ein gar spitziges Horn formirt/ sich uns mit vollem Lichte zeigen/
und 14. Tage lang/ ohn einige Verändrung selbiger Gestalt/ schauen
lassen/ bis er/ durch seinen selbsteigenen natürlichen Lauff (motu proprio)
die Sonne erreichte: Man würde auch keinen Viertheil noch einige Gestalt-
ändrung deß Monds erblicken. Nachdemmal nun solches sich gantz an-
ders befindt/ wie die Erfahrung bezeugt: so steht leicht zu urtheilen/ ob eine
solche Einbildung der flachen Spiegel-Figur/ an dem Mond/ Statt/
oder glaublichen Schein/ gewinnen könne.

Jst der Herr hiemit noch nicht begnügt: so bedencke er dieses folgen-
de. Weil der sichtbare Mond-Theil/ der Circumferentz nach/ gantz
rund/ der übrige Körper aber Teller-flach; muß die unsichtbare Seite
entweder gleichfalls flach/ doch in gewisser Dicke seyn/ nachdem die Grös-
se deß Körpers erfordert/ und also die Figur eines Cylinders oder einer
Waltzen/ geben: oder sie muß die Gestalt einer halben Kugel haben; wel-
che denn ohne Zweifel/ nach solcher Einbildung/ auch glatt und polit seyn
würde/ wie ein bauchichter Spiegel. Gesetzt nun/ der Mond habe eine
von jetzt ernannten Formen: so würde er/ auf solche Weise/ gar seltsam
und wunderlich seyn anzusehen. Denn weil nunmehr/ durch vielfältige
Observation/ in sichere Kundschafft gebracht/ daß der Mond sich immer-
dar hin und wieder schwinge; aller massen dieses allbereit hiebevor ist ab-

gehandelt;

Der vierzehende Discurs.
gewelbte Seite eines glatt geſchliffenen Koͤrpers/ faͤhig iſt. Ob nun gleich
die Spiegel ſo mancherley Schnitte haben: koͤnnte doch dem Mond kei-
ner mehr/ als einer aus dieſen dreyen/ zukommen; entweder die Figur
eines flach-ebenen/ oder eines holen/ oder bauchichten Rund-Spie-
gels: maſſen ſolches/ aus ſeiner runden Geſtalt/ zur Zeit der Sonnen-
Finſterniſſen/ ein jedweder abnehmen kan.

Schoͤnwald. Jch haͤtte vermeynt/ eine ebene und flache Spiegel-
Geſtalt ſolte am erſten und leichteſten/ von dem Mond/ vermutet werden.

Fernere Er-
weiſung/
daß dem
Mond keine
ebene Spie-
gel-Geſtalt
koͤnne zuge-
eignet wer-
den.
Goldſtern. Das lieffe aber/ wider allen Grunde der Sehe-Kunſt.
Mein Herꝛ erwege nur dieſe zwo Bewehrungen: ſo wird ihm die Unmoͤg-
lichkeit ſolcher Figur bald erſcheinen/ und der Schatten ſeiner irrſamen
Einbildung weichen. Erſtlich wird er ſeinen eigenen Augen muͤſſen glau-
ben/ daß ſo bald die Sonne einen ebenen Platz beleuchtet/ gleich deſſelbi-
gen Augenblicks ſelbiger gantzer Platz hell werde/ auch das Licht ſo lang
behalte/ als die Sonne ſolche Flaͤche beſtralet/ das iſt/ ſo lange/ bis ſie/
in demſelbigen Horizont/ oder Geſichts-Kreyſe untergeht. Derglei-
chen wuͤrde man auch etwas/ an dem Mond/ verſpuͤhren/ wenn deſſelben
diſſentiger Theil einen ebnen Spiegel/ fuͤrſtellete. Denn alſo muͤſte er/
gleich am erſten Tage/ wenn er nur mit dem allerwenigſten Licht belehnet
iſt/ und ein gar ſpitziges Horn formirt/ ſich uns mit vollem Lichte zeigen/
und 14. Tage lang/ ohn einige Veraͤndrung ſelbiger Geſtalt/ ſchauen
laſſen/ bis er/ durch ſeinen ſelbſteigenen natuͤrlichen Lauff (motu proprio)
die Sonne erreichte: Man wuͤrde auch keinen Viertheil noch einige Geſtalt-
aͤndrung deß Monds erblicken. Nachdemmal nun ſolches ſich gantz an-
ders befindt/ wie die Erfahrung bezeugt: ſo ſteht leicht zu urtheilen/ ob eine
ſolche Einbildung der flachen Spiegel-Figur/ an dem Mond/ Statt/
oder glaublichen Schein/ gewinnen koͤnne.

Jſt der Herꝛ hiemit noch nicht begnuͤgt: ſo bedencke er dieſes folgen-
de. Weil der ſichtbare Mond-Theil/ der Circumferentz nach/ gantz
rund/ der uͤbrige Koͤrper aber Teller-flach; muß die unſichtbare Seite
entweder gleichfalls flach/ doch in gewiſſer Dicke ſeyn/ nachdem die Groͤſ-
ſe deß Koͤrpers erfordert/ und alſo die Figur eines Cylinders oder einer
Waltzen/ geben: oder ſie muß die Geſtalt einer halben Kugel haben; wel-
che denn ohne Zweifel/ nach ſolcher Einbildung/ auch glatt und polit ſeyn
wuͤrde/ wie ein bauchichter Spiegel. Geſetzt nun/ der Mond habe eine
von jetzt ernannten Formen: ſo wuͤrde er/ auf ſolche Weiſe/ gar ſeltſam
und wunderlich ſeyn anzuſehen. Denn weil nunmehr/ durch vielfaͤltige
Obſervation/ in ſichere Kundſchafft gebracht/ daß der Mond ſich immer-
dar hin und wieder ſchwinge; aller maſſen dieſes allbereit hiebevor iſt ab-

gehandelt;
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[488/0528] Der vierzehende Discurs. gewelbte Seite eines glatt geſchliffenen Koͤrpers/ faͤhig iſt. Ob nun gleich die Spiegel ſo mancherley Schnitte haben: koͤnnte doch dem Mond kei- ner mehr/ als einer aus dieſen dreyen/ zukommen; entweder die Figur eines flach-ebenen/ oder eines holen/ oder bauchichten Rund-Spie- gels: maſſen ſolches/ aus ſeiner runden Geſtalt/ zur Zeit der Sonnen- Finſterniſſen/ ein jedweder abnehmen kan. Schoͤnwald. Jch haͤtte vermeynt/ eine ebene und flache Spiegel- Geſtalt ſolte am erſten und leichteſten/ von dem Mond/ vermutet werden. Goldſtern. Das lieffe aber/ wider allen Grunde der Sehe-Kunſt. Mein Herꝛ erwege nur dieſe zwo Bewehrungen: ſo wird ihm die Unmoͤg- lichkeit ſolcher Figur bald erſcheinen/ und der Schatten ſeiner irrſamen Einbildung weichen. Erſtlich wird er ſeinen eigenen Augen muͤſſen glau- ben/ daß ſo bald die Sonne einen ebenen Platz beleuchtet/ gleich deſſelbi- gen Augenblicks ſelbiger gantzer Platz hell werde/ auch das Licht ſo lang behalte/ als die Sonne ſolche Flaͤche beſtralet/ das iſt/ ſo lange/ bis ſie/ in demſelbigen Horizont/ oder Geſichts-Kreyſe untergeht. Derglei- chen wuͤrde man auch etwas/ an dem Mond/ verſpuͤhren/ wenn deſſelben diſſentiger Theil einen ebnen Spiegel/ fuͤrſtellete. Denn alſo muͤſte er/ gleich am erſten Tage/ wenn er nur mit dem allerwenigſten Licht belehnet iſt/ und ein gar ſpitziges Horn formirt/ ſich uns mit vollem Lichte zeigen/ und 14. Tage lang/ ohn einige Veraͤndrung ſelbiger Geſtalt/ ſchauen laſſen/ bis er/ durch ſeinen ſelbſteigenen natuͤrlichen Lauff (motu proprio) die Sonne erreichte: Man wuͤrde auch keinen Viertheil noch einige Geſtalt- aͤndrung deß Monds erblicken. Nachdemmal nun ſolches ſich gantz an- ders befindt/ wie die Erfahrung bezeugt: ſo ſteht leicht zu urtheilen/ ob eine ſolche Einbildung der flachen Spiegel-Figur/ an dem Mond/ Statt/ oder glaublichen Schein/ gewinnen koͤnne. Fernere Er- weiſung/ daß dem Mond keine ebene Spie- gel-Geſtalt koͤnne zuge- eignet wer- den. Jſt der Herꝛ hiemit noch nicht begnuͤgt: ſo bedencke er dieſes folgen- de. Weil der ſichtbare Mond-Theil/ der Circumferentz nach/ gantz rund/ der uͤbrige Koͤrper aber Teller-flach; muß die unſichtbare Seite entweder gleichfalls flach/ doch in gewiſſer Dicke ſeyn/ nachdem die Groͤſ- ſe deß Koͤrpers erfordert/ und alſo die Figur eines Cylinders oder einer Waltzen/ geben: oder ſie muß die Geſtalt einer halben Kugel haben; wel- che denn ohne Zweifel/ nach ſolcher Einbildung/ auch glatt und polit ſeyn wuͤrde/ wie ein bauchichter Spiegel. Geſetzt nun/ der Mond habe eine von jetzt ernannten Formen: ſo wuͤrde er/ auf ſolche Weiſe/ gar ſeltſam und wunderlich ſeyn anzuſehen. Denn weil nunmehr/ durch vielfaͤltige Obſervation/ in ſichere Kundſchafft gebracht/ daß der Mond ſich immer- dar hin und wieder ſchwinge; aller maſſen dieſes allbereit hiebevor iſt ab- gehandelt;

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/528>, abgerufen am 22.12.2024.