Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der dreyzehende Discurs/ warum müssen eben diese zwey schöne Gestirne für solche Brandschürer/und Unheil-Stiffter/ ausgeruffen werden/ nachdem mal andre nähere Ursachen genug vorhanden/ darauf wir die Schuld aller natürlichen Unfälle werffen könnten? Was kan dafür Mars/ oder Saturn/ wenn entweder einem tyrannischem Könige die Ehrsucht einbläset/ einen neuen Thron zu suchen/ und denselben nicht von Elffenbein/ sondern von Men- schen-Beinen aufzuführen gedencket; oder wenn die verfluchte Geld- Sucht treulose Ehr- und Pflicht-vergessene Land-Verräther/ und Verstörer deß Gemeinen Wolwesens macht? oder wenn die Bos- heit der Menschen den Höchsten reitzet/ aus den bösen Dämpffen deß Erdbodens/ wider die frevlende Einwohner desselben/ eine Rache zu- zurichten? Goldstern. Jch habe es wol gedacht/ besagte zween Planeten/ zum
Der dreyzehende Discurs/ warum muͤſſen eben dieſe zwey ſchoͤne Geſtirne fuͤr ſolche Brandſchuͤrer/und Unheil-Stiffter/ ausgeruffen werden/ nachdem mal andre naͤhere Urſachen genug vorhanden/ darauf wir die Schuld aller natuͤrlichen Unfaͤlle werffen koͤnnten? Was kan dafuͤr Mars/ oder Saturn/ wenn entweder einem tyranniſchem Koͤnige die Ehrſucht einblaͤſet/ einen neuen Thron zu ſuchen/ und denſelben nicht von Elffenbein/ ſondern von Men- ſchen-Beinen aufzufuͤhren gedencket; oder wenn die verfluchte Geld- Sucht treuloſe Ehr- und Pflicht-vergeſſene Land-Verraͤther/ und Verſtoͤrer deß Gemeinen Wolweſens macht? oder wenn die Bos- heit der Menſchen den Hoͤchſten reitzet/ aus den boͤſen Daͤmpffen deß Erdbodens/ wider die frevlende Einwohner deſſelben/ eine Rache zu- zurichten? Goldſtern. Jch habe es wol gedacht/ beſagte zween Planeten/ zum
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Der dreyzehende Discurs/
warum muͤſſen eben dieſe zwey ſchoͤne Geſtirne fuͤr ſolche Brandſchuͤrer/
und Unheil-Stiffter/ ausgeruffen werden/ nachdem mal andre naͤhere
Urſachen genug vorhanden/ darauf wir die Schuld aller natuͤrlichen
Unfaͤlle werffen koͤnnten? Was kan dafuͤr Mars/ oder Saturn/ wenn
entweder einem tyranniſchem Koͤnige die Ehrſucht einblaͤſet/ einen neuen
Thron zu ſuchen/ und denſelben nicht von Elffenbein/ ſondern von Men-
ſchen-Beinen aufzufuͤhren gedencket; oder wenn die verfluchte Geld-
Sucht treuloſe Ehr- und Pflicht-vergeſſene Land-Verraͤther/ und
Verſtoͤrer deß Gemeinen Wolweſens macht? oder wenn die Bos-
heit der Menſchen den Hoͤchſten reitzet/ aus den boͤſen Daͤmpffen deß
Erdbodens/ wider die frevlende Einwohner deſſelben/ eine Rache zu-
zurichten?
Goldſtern. Jch habe es wol gedacht/ beſagte zween Planeten/
wuͤrden auch/ bey ihrer bloſſen Meldung/ ihre Wuͤrckung nicht laſſen;
ſondern mir Haͤndel und ein naß Wetter machen. Allein die Unſchuld
wird mir verhoſſentlich Regen-Mantels gnug ſeyn/ und mich wol bede-
cken. Solte ich damit die Guͤte deß Schoͤpffers/ oder ſeiner Magd/
der Natur/ verkleineru/ daß ich ſpreche/ Saturn und Mars koͤnnten/
wenn ſie durch den Jupiter/ nicht gemaͤſſiget wuͤrden/ der Erden das
Verderben uͤber den Kopff ſchuͤtten? Oder ſolte ich auch darum dieſen bey-
den Planeten/ die Urſache deß Kriegs/ und andrer Haͤndel/ ſo in menſch-
licher willkuͤhr ſtehen/ beymeſſen/ wenn ich gleich denſelben eine Beſchaͤdi-
gung unſerern Geſundheit zuſchriebe? Beydes ſey ferne. Der Herꝛ
Winterſchild entſchuͤtte ſich der vergeblichen Furcht/ als ob meine Re-
den nicht Schrifft-maͤſſig/ ſondern Schrifft-gehaͤſſig waͤren. Es ſte-
het der Ausſpruch feſt und unbeweglich/ bey mir ſo wol/ als allen rechten
Chriſten/ daß alles Gemaͤchte deß allweiſen Meiſters/ gut/ ſchoͤn/ edel/
und vollkommen ſey. Aber nicht alles/ was an ſich ſelbſten/ gut und voll-
kommen/ iſt darum/ fuͤr einen jeden/ in alle Weiſe und Wege gut. Son-
ne/ und Lufft/ ſind je fuͤrtrefflich-gut; doch manchesmal auch beſchwer-
und ſchaͤdlich. Viel Dinge ſind in der Natur/ ſo dem Menſchen von
weitem zu Gute kommen/ und von nahem ſchaden; nachdem ſie nem-
lich GOtt geordnet. Hat GOtt der HErꝛ nicht auch die Metallen
in der Erden erſchaffen? Seynd ſie nicht koͤſtlich gut? Noch haben die
koͤſtlichſte etwas bey ſich das dem Leben gefaͤhrlich/ und dafuͤr man ſich
muß huͤten/ als wie fuͤr offenen Graͤbern. Der Gifft ſelbſt iſt deß Men-
ſchen Tod/ und doch/ von weitem ſeine Geſundheit: ſintemal er in der
Natur/ viel Gutes wircket und unſer Beſtes/ wiewol von fernem/ befor-
dert. Gleichwie Gott die Daͤmpffe/ und Nebel/ dem Menſchen nicht
zum
Alles Ubel/
in der Na-
tur/ gereicht
zum allge-
meinen Be-
ſten.
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