Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.von den Sternen. uns und selbigem Liechte ist/ nicht davon erhellet/ noch erleuchtet wird. Dasandre aber bescheinet auch den Mittelweg/ durch welchen es zu uns ge- langt. Was nun das scheinende Liecht/ (lux) sey/ gibt/ unter den Gelehrten/ viel Fragens/ und unterschiedliche Antwort. Etliche ver- meinen/ es sey eine Substantz/ und die Form der Gestirne: welches aber andre nicht gut sprechen wollen: weil keine selbständige Form/ mit dem Gesicht/ erreichet werden kan: weßwegen sie es lieber/ für eine Qualitet/ oder wesentliche Eigenschasst eines klaren oder scheinbaren Körpers geach- tet wissen wollen/ die an sich selbst sichtbar sey. Von dem leuchtendem Liechte (lumine) fallen eben so wol mancherley Gedancken/ und führen deß- wegen die Vernunfft-Lehrer einen scharffen Krieg/ unter ihnen: welchen beyzulegen sich keiner so leichtlich wird unterfangen. Sennertus achter es für keine/ weder leib-noch unleibliche Substantz/ auch für kein acci- dens reale; sondern für ein accidens intentionale. Wobey er gleich- wol das Wort intentionale nicht nach besonderer/ sondern allgemeiner Deutung/ verstehet/ nemlich als ein Bild/ Fürstellung/ oder Abriß eines Dinges/ das auch ausserhalb der Seelen seine Bestehung/ oder Existentz/ hat. Zum Exempel: die Farbe eines Kleides/ oder Baums/ wird eine real (würck- oder natürliche) Farbe genannt: aber diejenige Farbe/ wel- che sich entweder in einem Spiegel erweiset/ und der Farbe an dem Kleide Abbild ist; oder auch die Farbe/ welche von einem Baum/ auf eines/ un- term Baum ruhenden/ Menschen Kleider geworffen wird/ nennet man colorem intentionalem (die Fürstellungs- oder Schattir-Farbe. Gleich- wol achtet gemeldter Sennertus diese intentional Qualitet dennoch auch/ für eine real oder würckliche Sache: weil sie auch/ ausserhalb unse- res Verstandes Würckung/ ihr eigenes Wesen hat/ und nicht allein zur Fürstellung/ sondern auch zu andren kräfftigen Würckungen/ verordnet ist. Andre sagen: das leuchtende Liecht (lumen) sey eine spiritalische Qualitet. Andre machen wiederum was anders daraus. Dieses leuchtende Liecht/ und der Stral/ gehen/ von dem scheinen- welches
von den Sternen. uns und ſelbigem Liechte iſt/ nicht davon erhellet/ noch erleuchtet wird. Dasandre aber beſcheinet auch den Mittelweg/ durch welchen es zu uns ge- langt. Was nun das ſcheinende Liecht/ (lux) ſey/ gibt/ unter den Gelehrten/ viel Fragens/ und unterſchiedliche Antwort. Etliche ver- meinen/ es ſey eine Subſtantz/ und die Form der Geſtirne: welches aber andre nicht gut ſprechen wollen: weil keine ſelbſtaͤndige Form/ mit dem Geſicht/ erreichet werden kan: weßwegen ſie es lieber/ fuͤr eine Qualitet/ oder weſentliche Eigenſchaſſt eines klaren oder ſcheinbaren Koͤrpers geach- tet wiſſen wollen/ die an ſich ſelbſt ſichtbar ſey. Von dem leuchtendem Liechte (lumine) fallen eben ſo wol mancherley Gedancken/ und fuͤhren deß- wegen die Vernunfft-Lehrer einen ſcharffen Krieg/ unter ihnen: welchen beyzulegen ſich keiner ſo leichtlich wird unterfangen. Sennertus achter es fuͤr keine/ weder leib-noch unleibliche Subſtantz/ auch fuͤr kein acci- dens reale; ſondern fuͤr ein accidens intentionale. Wobey er gleich- wol das Wort intentionale nicht nach beſonderer/ ſondern allgemeiner Deutung/ verſtehet/ nemlich als ein Bild/ Fuͤrſtellung/ oder Abriß eines Dinges/ das auch auſſerhalb der Seelen ſeine Beſtehung/ oder Exiſtentz/ hat. Zum Exempel: die Farbe eines Kleides/ oder Baums/ wird eine real (wuͤrck- oder natuͤrliche) Farbe genannt: aber diejenige Farbe/ wel- che ſich entweder in einem Spiegel erweiſet/ und der Farbe an dem Kleide Abbild iſt; oder auch die Farbe/ welche von einem Baum/ auf eines/ un- term Baum ruhenden/ Menſchen Kleider geworffen wird/ nennet man colorem intentionalem (die Fuͤrſtellungs- oder Schattir-Farbe. Gleich- wol achtet gemeldter Sennertus dieſe intentional Qualitet dennoch auch/ fuͤr eine real oder wuͤrckliche Sache: weil ſie auch/ auſſerhalb unſe- res Verſtandes Wuͤrckung/ ihr eigenes Weſen hat/ und nicht allein zur Fuͤrſtellung/ ſondern auch zu andren kraͤfftigen Wuͤrckungen/ verordnet iſt. Andre ſagen: das leuchtende Liecht (lumen) ſey eine ſpiritaliſche Qualitet. Andre machen wiederum was anders daraus. Dieſes leuchtende Liecht/ und der Stral/ gehen/ von dem ſcheinen- welches
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0361" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Sternen.</hi></fw><lb/> uns und ſelbigem Liechte iſt/ nicht davon erhellet/ noch erleuchtet wird. Das<lb/> andre aber beſcheinet auch den Mittelweg/ durch welchen es zu uns ge-<lb/> langt. Was nun das <hi rendition="#fr">ſcheinende Liecht/</hi> <hi rendition="#aq">(lux)</hi> ſey/ gibt/ unter den<lb/> Gelehrten/ viel Fragens/ und unterſchiedliche Antwort. Etliche ver-<lb/> meinen/ es ſey eine Subſtantz/ und die Form der Geſtirne: welches aber<lb/> andre nicht gut ſprechen wollen: weil keine ſelbſtaͤndige Form/ mit dem<lb/> Geſicht/ erreichet werden kan: weßwegen ſie es lieber/ fuͤr eine Qualitet/<lb/> oder weſentliche Eigenſchaſſt eines klaren oder ſcheinbaren Koͤrpers geach-<lb/> tet wiſſen wollen/ die an ſich ſelbſt ſichtbar ſey. Von dem leuchtendem<lb/> Liechte <hi rendition="#aq">(lumine)</hi> fallen eben ſo wol mancherley Gedancken/ und fuͤhren deß-<lb/> wegen die Vernunfft-Lehrer einen ſcharffen Krieg/ unter ihnen: welchen<lb/> beyzulegen ſich keiner ſo leichtlich wird unterfangen. Sennertus achter<lb/> es fuͤr keine/ weder leib-noch unleibliche Subſtantz/ auch fuͤr kein <hi rendition="#aq">acci-<lb/> dens reale;</hi> ſondern fuͤr ein <hi rendition="#aq">accidens intentionale.</hi> Wobey er gleich-<lb/> wol das Wort <hi rendition="#aq">intentionale</hi> nicht nach beſonderer/ ſondern allgemeiner<lb/> Deutung/ verſtehet/ nemlich als ein Bild/ Fuͤrſtellung/ oder Abriß eines<lb/> Dinges/ das auch auſſerhalb der Seelen ſeine Beſtehung/ oder Exiſtentz/<lb/> hat. Zum Exempel: die Farbe eines Kleides/ oder Baums/ wird eine<lb/> real (wuͤrck- oder natuͤrliche) Farbe genannt: aber diejenige Farbe/ wel-<lb/> che ſich entweder in einem Spiegel erweiſet/ und der Farbe an dem Kleide<lb/> Abbild iſt; oder auch die Farbe/ welche von einem Baum/ auf eines/ un-<lb/> term Baum ruhenden/ Menſchen Kleider geworffen wird/ nennet man<lb/><hi rendition="#aq">colorem intentionalem</hi> (die Fuͤrſtellungs- oder Schattir-Farbe. Gleich-<lb/> wol achtet gemeldter Sennertus dieſe <hi rendition="#aq">intentional</hi> Qualitet dennoch<lb/> auch/ fuͤr eine real oder wuͤrckliche Sache: weil ſie auch/ auſſerhalb unſe-<lb/> res Verſtandes Wuͤrckung/ ihr eigenes Weſen hat/ und nicht allein zur<lb/> Fuͤrſtellung/ ſondern auch zu andren kraͤfftigen Wuͤrckungen/ verordnet<lb/> iſt. Andre ſagen: das <hi rendition="#fr">leuchtende Liecht</hi> <hi rendition="#aq">(lumen)</hi> ſey eine ſpiritaliſche<lb/> Qualitet. Andre machen wiederum was anders daraus.</p><lb/> <p>Dieſes leuchtende <hi rendition="#fr">Liecht/</hi> und der <hi rendition="#fr">Stral/</hi> gehen/ von dem <hi rendition="#fr">ſcheinen-<lb/> dem/</hi> oder <hi rendition="#fr">klarem Liechte/</hi> herfuͤr; ſind aber doch zweyerley. Wo die<lb/> Stralen glaͤntzen/ da leuchtet auch das Liecht: aber/ wo das Liecht leuch-<lb/> tet/ da glaͤntzen nicht eben allemal die Stralen. <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">a</hi>)</hi> Jn einem Gemach/<note place="right"><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">a</hi>) V. Fran-<lb/> ciſc. Patrit. l.<lb/> 7. Panaug.</hi></note><lb/> welches gegen Norden/ und der Sonnen nicht gerad ins Auge/ ligt/<lb/> leuchtet zwar/ zu Mittages/ das Liecht: aber dabey blincken keine Stra-<lb/> len. Derhalben iſt der Stral gleichſam <hi rendition="#aq">lux ſecundaria</hi> das <hi rendition="#fr">Affter-</hi><note place="right">Was ei-<lb/> gentlich der<lb/> Stral ſey-</note><lb/><hi rendition="#fr">Liecht/</hi> oder das Bild/ und der Glantz/ ſo aus dem erſten Liechte (aus<lb/> dem ſcheinendem) entſpringt/ und ſich gerade zuſpitzet. Das <hi rendition="#fr">leuchten-<lb/> de Liecht</hi> aber iſt/ beſage gedachten Patritii/ gleichſam das dritte Liecht/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">welches</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [327/0361]
von den Sternen.
uns und ſelbigem Liechte iſt/ nicht davon erhellet/ noch erleuchtet wird. Das
andre aber beſcheinet auch den Mittelweg/ durch welchen es zu uns ge-
langt. Was nun das ſcheinende Liecht/ (lux) ſey/ gibt/ unter den
Gelehrten/ viel Fragens/ und unterſchiedliche Antwort. Etliche ver-
meinen/ es ſey eine Subſtantz/ und die Form der Geſtirne: welches aber
andre nicht gut ſprechen wollen: weil keine ſelbſtaͤndige Form/ mit dem
Geſicht/ erreichet werden kan: weßwegen ſie es lieber/ fuͤr eine Qualitet/
oder weſentliche Eigenſchaſſt eines klaren oder ſcheinbaren Koͤrpers geach-
tet wiſſen wollen/ die an ſich ſelbſt ſichtbar ſey. Von dem leuchtendem
Liechte (lumine) fallen eben ſo wol mancherley Gedancken/ und fuͤhren deß-
wegen die Vernunfft-Lehrer einen ſcharffen Krieg/ unter ihnen: welchen
beyzulegen ſich keiner ſo leichtlich wird unterfangen. Sennertus achter
es fuͤr keine/ weder leib-noch unleibliche Subſtantz/ auch fuͤr kein acci-
dens reale; ſondern fuͤr ein accidens intentionale. Wobey er gleich-
wol das Wort intentionale nicht nach beſonderer/ ſondern allgemeiner
Deutung/ verſtehet/ nemlich als ein Bild/ Fuͤrſtellung/ oder Abriß eines
Dinges/ das auch auſſerhalb der Seelen ſeine Beſtehung/ oder Exiſtentz/
hat. Zum Exempel: die Farbe eines Kleides/ oder Baums/ wird eine
real (wuͤrck- oder natuͤrliche) Farbe genannt: aber diejenige Farbe/ wel-
che ſich entweder in einem Spiegel erweiſet/ und der Farbe an dem Kleide
Abbild iſt; oder auch die Farbe/ welche von einem Baum/ auf eines/ un-
term Baum ruhenden/ Menſchen Kleider geworffen wird/ nennet man
colorem intentionalem (die Fuͤrſtellungs- oder Schattir-Farbe. Gleich-
wol achtet gemeldter Sennertus dieſe intentional Qualitet dennoch
auch/ fuͤr eine real oder wuͤrckliche Sache: weil ſie auch/ auſſerhalb unſe-
res Verſtandes Wuͤrckung/ ihr eigenes Weſen hat/ und nicht allein zur
Fuͤrſtellung/ ſondern auch zu andren kraͤfftigen Wuͤrckungen/ verordnet
iſt. Andre ſagen: das leuchtende Liecht (lumen) ſey eine ſpiritaliſche
Qualitet. Andre machen wiederum was anders daraus.
Dieſes leuchtende Liecht/ und der Stral/ gehen/ von dem ſcheinen-
dem/ oder klarem Liechte/ herfuͤr; ſind aber doch zweyerley. Wo die
Stralen glaͤntzen/ da leuchtet auch das Liecht: aber/ wo das Liecht leuch-
tet/ da glaͤntzen nicht eben allemal die Stralen. (a) Jn einem Gemach/
welches gegen Norden/ und der Sonnen nicht gerad ins Auge/ ligt/
leuchtet zwar/ zu Mittages/ das Liecht: aber dabey blincken keine Stra-
len. Derhalben iſt der Stral gleichſam lux ſecundaria das Affter-
Liecht/ oder das Bild/ und der Glantz/ ſo aus dem erſten Liechte (aus
dem ſcheinendem) entſpringt/ und ſich gerade zuſpitzet. Das leuchten-
de Liecht aber iſt/ beſage gedachten Patritii/ gleichſam das dritte Liecht/
welches
(a) V. Fran-
ciſc. Patrit. l.
7. Panaug.
Was ei-
gentlich der
Stral ſey-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |