Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der zwölffte Discurs/ Sonne allein solches bekommen/ und den andren Gestirnen von dem ihri-gem wiederum mittheile? Goldstern. Sie sind so wol/ als andre Welt-Körper/ aus unter- Winterschild. Mein Herr Goldstern gibt einen guten genauen Unterschied- uns
Der zwoͤlffte Discurs/ Sonne allein ſolches bekommen/ und den andren Geſtirnen von dem ihri-gem wiederum mittheile? Goldſtern. Sie ſind ſo wol/ als andre Welt-Koͤrper/ aus unter- Winterſchild. Mein Herꝛ Goldſtern gibt einen guten genauen Unteꝛſchied- uns
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0360" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der zwoͤlffte Discurs/</hi></fw><lb/> Sonne allein ſolches bekommen/ und den andren Geſtirnen von dem ihri-<lb/> gem wiederum mittheile?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Goldſtern.</hi> Sie ſind ſo wol/ als andre Welt-Koͤrper/ aus unter-<lb/> ſchiedlichen Elementen/ gemiſchet/ doch alſo/ daß/ in den meiſten/ das Feuer<lb/> herꝛſchet. Jch ſage/ in den meiſten: weil man dem Mond mehr Feuch-<lb/> tes und Jrdiſches/ als Feuriges/ zuſchreibt. Solches Geſtirn-Feuer<lb/> aber iſt weit ſubtiler/ und reiner/ denn das unſrige; ob es gleich/ mit die-<lb/> ſem/ in dem Weſen/ uͤbereintrifft: wie denn auch die uͤbrige beygemiſchte<lb/> Elementen eine reinere Lauterkeit haben/ als die/ woraus die untere<lb/> Welt beſtehet. Aus ſolcher elementariſchen Miſchung/ erfolget ferner<lb/> das Urtheil/ daß die Geſtirne nicht/ wie der Himmel/ weich-fluͤſſiger<lb/> oder lufftiger/ ſondern mehrentheis feſter/ oder aus dem Feſten und Fluͤſ-<lb/><note place="left">Ob die<lb/> Sterne ihr<lb/> eigenes/ o-<lb/> der von der<lb/> Sonnen/<lb/> das Liecht<lb/> haben.</note>ſigem gemiſchter Natur ſeyn. Was die andre Frage anlangt; ob alle<lb/> die Sterne/ von dem allererſt geſchaffenen Licht/ ihr Licht empfangen; oder<lb/> nur die Sonne ihnen mittheile/ von dem/ was ſie von ſothanem Ur-Licht/<lb/> bekommen hat? ſo bitte ich/ um eine kleine Gedult/ bis uns der Herꝛ<lb/><hi rendition="#fr">Winterſchild</hi> zuforderſt ſeine Gedancken eroͤffne/ ſo wol/ von dem Lich-<lb/> te insgemein/ als von dem Ur-Licht/ das iſt/ von dem anfangs-geſchaf-<lb/> fenem. Denn/ ich weiß/ dieſer Discurs iſt fuͤr ihn.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Mein Herꝛ <hi rendition="#fr">Goldſtern</hi> gibt einen guten genauen<lb/> Haushalter; ſpahret gern ſeinen Vorraht/ und will ſich mit fremden be-<lb/> helffen: da er doch hierinn reicher iſt/ als ich. Doch will ich gern/ mit<lb/> meiner Armut/ ob ſichs gleich uͤbel ſchickt/ daß die Finſterniß/ von Liecht/<lb/> rede/ (denn was iſt meine Wiſſenſchafft doch wol anders/ als Schatten-<lb/> werck?) dienen/ und es aufs wenigſte/ am guten Willen/ nicht laſſen er-<lb/> winden.</p><lb/> <p><note place="left">Unteꝛſchied-<lb/> liche Bedeu-<lb/> tung deß<lb/> Liechts.</note>Das Liecht bedeutet nicht allemal einerley. Jch will nicht ſagen/<lb/> von dem uneigentlichem Verſtande/ da es fuͤr Freude/ Offenbarung/<lb/> und dergleichen/ genommen wird; ſondern allein von dem rechten natuͤr-<lb/> lichen. Und in dieſem/ hat es/ bey uns Teutſchen/ abermal eine gar<lb/> weitlaͤufftige Bedeutung; gleichwie das Griechiſche Wort φῶς. Denn<lb/> es kan entweder ein ſolches Liecht bedeuten/ ſo in einem liechten oder hellen<lb/> Koͤrper erſcheinet; welches eigentlich der Lateiner <hi rendition="#aq">lucem</hi> heiſt/ ich aber<lb/><hi rendition="#fr">das helle/</hi> oder <hi rendition="#fr">klare Liecht</hi> nennen will: oder ein ſolches/ welches von<lb/> einem hellen Koͤrper/ heraus ſcheinet/ und ſich durch ein ſcheinbares Mit-<lb/> tel ergeuſt; welches in dem Latiniſchen <hi rendition="#aq">Lumen,</hi> von mir das leuchtende/<lb/> oder <hi rendition="#fr">erleuchtende Liecht/</hi> genennet wird. Das erſte Liecht ſcheinet auch<lb/> im Tunckel: angeſehen wir/ bey der Nacht/ offt ein Liecht/ als zum Exem-<lb/> pel/ ein Jrrliecht gar weit ſehen; ohnangeſehen/ die Lufft/ ſo zwiſchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">uns</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0360]
Der zwoͤlffte Discurs/
Sonne allein ſolches bekommen/ und den andren Geſtirnen von dem ihri-
gem wiederum mittheile?
Goldſtern. Sie ſind ſo wol/ als andre Welt-Koͤrper/ aus unter-
ſchiedlichen Elementen/ gemiſchet/ doch alſo/ daß/ in den meiſten/ das Feuer
herꝛſchet. Jch ſage/ in den meiſten: weil man dem Mond mehr Feuch-
tes und Jrdiſches/ als Feuriges/ zuſchreibt. Solches Geſtirn-Feuer
aber iſt weit ſubtiler/ und reiner/ denn das unſrige; ob es gleich/ mit die-
ſem/ in dem Weſen/ uͤbereintrifft: wie denn auch die uͤbrige beygemiſchte
Elementen eine reinere Lauterkeit haben/ als die/ woraus die untere
Welt beſtehet. Aus ſolcher elementariſchen Miſchung/ erfolget ferner
das Urtheil/ daß die Geſtirne nicht/ wie der Himmel/ weich-fluͤſſiger
oder lufftiger/ ſondern mehrentheis feſter/ oder aus dem Feſten und Fluͤſ-
ſigem gemiſchter Natur ſeyn. Was die andre Frage anlangt; ob alle
die Sterne/ von dem allererſt geſchaffenen Licht/ ihr Licht empfangen; oder
nur die Sonne ihnen mittheile/ von dem/ was ſie von ſothanem Ur-Licht/
bekommen hat? ſo bitte ich/ um eine kleine Gedult/ bis uns der Herꝛ
Winterſchild zuforderſt ſeine Gedancken eroͤffne/ ſo wol/ von dem Lich-
te insgemein/ als von dem Ur-Licht/ das iſt/ von dem anfangs-geſchaf-
fenem. Denn/ ich weiß/ dieſer Discurs iſt fuͤr ihn.
Ob die
Sterne ihr
eigenes/ o-
der von der
Sonnen/
das Liecht
haben.
Winterſchild. Mein Herꝛ Goldſtern gibt einen guten genauen
Haushalter; ſpahret gern ſeinen Vorraht/ und will ſich mit fremden be-
helffen: da er doch hierinn reicher iſt/ als ich. Doch will ich gern/ mit
meiner Armut/ ob ſichs gleich uͤbel ſchickt/ daß die Finſterniß/ von Liecht/
rede/ (denn was iſt meine Wiſſenſchafft doch wol anders/ als Schatten-
werck?) dienen/ und es aufs wenigſte/ am guten Willen/ nicht laſſen er-
winden.
Das Liecht bedeutet nicht allemal einerley. Jch will nicht ſagen/
von dem uneigentlichem Verſtande/ da es fuͤr Freude/ Offenbarung/
und dergleichen/ genommen wird; ſondern allein von dem rechten natuͤr-
lichen. Und in dieſem/ hat es/ bey uns Teutſchen/ abermal eine gar
weitlaͤufftige Bedeutung; gleichwie das Griechiſche Wort φῶς. Denn
es kan entweder ein ſolches Liecht bedeuten/ ſo in einem liechten oder hellen
Koͤrper erſcheinet; welches eigentlich der Lateiner lucem heiſt/ ich aber
das helle/ oder klare Liecht nennen will: oder ein ſolches/ welches von
einem hellen Koͤrper/ heraus ſcheinet/ und ſich durch ein ſcheinbares Mit-
tel ergeuſt; welches in dem Latiniſchen Lumen, von mir das leuchtende/
oder erleuchtende Liecht/ genennet wird. Das erſte Liecht ſcheinet auch
im Tunckel: angeſehen wir/ bey der Nacht/ offt ein Liecht/ als zum Exem-
pel/ ein Jrrliecht gar weit ſehen; ohnangeſehen/ die Lufft/ ſo zwiſchen
uns
Unteꝛſchied-
liche Bedeu-
tung deß
Liechts.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |