Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den weil es Kreis-Kugeln (oder kugelichte Körper) seynd/ und die Sonneselbst eine Kugel: können nicht alle ihre Theile/ zu gleicher Zeit/ in gleicher Masse/ auch nicht auf gleiche Art/ beleuchtet und erwärmet werden. Sol- che Diversität und Ungleichheit macht/ daß ein Strich deß Erdbodens/ durch allzustrenge Kälte/ ein andrer durch gar zu grosse Hitze/ unwohnbar bleibt. Welches [ke]iner Sternen Lauff/ Postur oder Stellung/ verschaf- fen kan; sondern allein die Waltzung entweder der Erden/ um die Son- ne; oder der Sonnen/ um die Erde. Schreibt demnach jener Griechische Author nicht unrecht: @Oti ou'k eitin asteres kakopoioi, alla pantes agathoi, all' epei kath' armonian t@o pan sunistatai, oi men auton eisi xeroi, oi de u- @ainousi, oi de allo ti ekhousin pros tas kraseis aut@on: daß keine Sterne bos- hafft oder übelthätig seyn/ sondern alle gut. Denn weil die gantze Welt/ mit einer wolübereintreffenden Ordnung/ zusammengefügt; seynd ihrer etliche trucken/ etliche feuchtmachend/ andre aber eines andren Tempe- raments. Die Sonne ist trucken/ der Mond feucht. Wie die andre Gestir- Wür-
Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den weil es Kreis-Kugeln (oder kugelichte Koͤrper) ſeynd/ und die Sonneſelbſt eine Kugel: koͤnnen nicht alle ihre Theile/ zu gleicher Zeit/ in gleicher Maſſe/ auch nicht auf gleiche Art/ beleuchtet und erwaͤrmet werden. Sol- che Diverſitaͤt und Ungleichheit macht/ daß ein Strich deß Erdbodens/ durch allzuſtrenge Kaͤlte/ ein andrer durch gar zu groſſe Hitze/ unwohnbar bleibt. Welches [ke]iner Sternen Lauff/ Poſtur oder Stellung/ verſchaf- fen kan; ſondern allein die Waltzung entweder der Erden/ um die Son- ne; oder der Sonnen/ um die Erde. Schreibt demnach jener Griechiſche Author nicht unrecht: @Ὅτι ου᾽κ εἰτὶν ἀστέρες κακοποιοὶ, ἀλλὰ πάντες ἀγαϑοὶ, ἀλλ’ ἐπεὶ καϑ’ ἁρμονίαν τ@ο πᾶν συνίσταται, οἱ μὲν ἀυτῶν εἰσὶ ξηροὶ, οἱ δὲ ὑ- @αίνουσι, οἱ δὲ ἂλλό τι ἔχουσιν πρὸς τὰς κράσεις ἀυτ@ῶν: daß keine Sterne bos- hafft oder uͤbelthaͤtig ſeyn/ ſondern alle gut. Denn weil die gantze Welt/ mit einer woluͤbereintreffenden Ordnung/ zuſammengefuͤgt; ſeynd ihrer etliche trucken/ etliche feuchtmachend/ andre aber eines andren Tempe- raments. Die Sonne iſt trucken/ der Mond feucht. Wie die andre Geſtir- Wuͤr-
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Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den
weil es Kreis-Kugeln (oder kugelichte Koͤrper) ſeynd/ und die Sonne
ſelbſt eine Kugel: koͤnnen nicht alle ihre Theile/ zu gleicher Zeit/ in gleicher
Maſſe/ auch nicht auf gleiche Art/ beleuchtet und erwaͤrmet werden. Sol-
che Diverſitaͤt und Ungleichheit macht/ daß ein Strich deß Erdbodens/
durch allzuſtrenge Kaͤlte/ ein andrer durch gar zu groſſe Hitze/ unwohnbar
bleibt. Welches keiner Sternen Lauff/ Poſtur oder Stellung/ verſchaf-
fen kan; ſondern allein die Waltzung entweder der Erden/ um die Son-
ne; oder der Sonnen/ um die Erde. Schreibt demnach jener Griechiſche
Author nicht unrecht: @Ὅτι ου᾽κ εἰτὶν ἀστέρες κακοποιοὶ, ἀλλὰ πάντες ἀγαϑοὶ,
ἀλλ’ ἐπεὶ καϑ’ ἁρμονίαν τ@ο πᾶν συνίσταται, οἱ μὲν ἀυτῶν εἰσὶ ξηροὶ, οἱ δὲ ὑ-
@αίνουσι, οἱ δὲ ἂλλό τι ἔχουσιν πρὸς τὰς κράσεις ἀυτ@ῶν: daß keine Sterne bos-
hafft oder uͤbelthaͤtig ſeyn/ ſondern alle gut. Denn weil die gantze Welt/
mit einer woluͤbereintreffenden Ordnung/ zuſammengefuͤgt; ſeynd ihrer
etliche trucken/ etliche feuchtmachend/ andre aber eines andren Tempe-
raments.
Die Sonne iſt trucken/ der Mond feucht. Wie die andre Geſtir-
ne temperirt ſeyen/ davon kan man kaum was Gewiſſes ſagen: weil ihr
Vermoͤgen gar gering/ ſo wol zum befeuchten/ als zum trucknen; alſo/
daß/ wegen der ſchrecklichen Weite und Hoͤhe/ mans hier unten kaum
ſpuͤhret. Weil auch der Mond/ ob er ſchon dem Erdbodem am allernech-
ſten ſitzt/ kein eigenes Liecht/ noch eine andre/ als geliehene/ Waͤrme/ gleich-
wie die Erde ſelbſt: als hat er auch entweder gantz keine/ oder je nur eine
gar geringe Krafft zu waͤrmen/ auch eben eine ſchlechte zu befeuchten.
Denn weil die Sonne/ in die Meer oder Seen/ ſo in dem Mond ſind/ ihre
Stralen wirfft: kommt von dannen einige Feuchtigkeit mit ſamt dem
Liecht/ zu dieſen Oertern der Erden herab/ welche die jenige empfinden/ die
im Mondſchein wandeln/ wenn er voll iſt. Alsdenn faͤllt auch ein groͤſſe-
rer Thau. Vielleicht werden auch deß wegen alsdenn die Schal-Fiſche/
die Hirn-Schalen der Maͤuſe/ und das Marck in den Beinen der Thie-
re/ gefuͤllet, Von der Sonnen iſt es wahr/ daß ſie eine recht fuͤrſtliche/ und
gleichſam Koͤnigliche Gewalt fuͤhre/ uͤber alle Dinge/ ſo da erzeugt wer-
den/ und entſprieſſen: von dem Mond aber/ daß ſeine Krafft jener nicht
gleiche/ noch gegen die Erden dieſelbe groͤſſer zu ſchaͤtzen ſey/ als wie die
Krafft der Erden gegen dem Mond. Beyden ertheilet die Sonne das
Vermoͤgen alle Dinge zu erzeugen/ indem ſie die verborgene Krafft deß
Samens/ welcher in ihnen iſt/ erregt/ und durch ihre Hitze herfuͤrreitzet.
Weit geringere Krafft haben die uͤbrige Planeten/ auf oder in dieſer Er-
den etwas zu wircken/ je weiter ſie/ von derſelben/ ſind entfernet: maſſen
ſie ihre lebendig-machende Krafft gleichfalls von der Sonnen entleihen.
Wuͤr-
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