Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den weichen und rührenden Speisen verzärtelt/ das Gemüt nicht mit Zornnoch Sorgen kräncket/ auch wol unter einem schlechten ungeneigten Ge- stirn länger lebe; denn ein Unmässiger/ der im guten Planeten geboren/ auch ein Clima bewohnet/ das von dem Gestirn begünstiget ist/ und doch alle gute Einflüsse deß Gestirns/ mißbraucht/ vermittelst überflüssigen Es- sens/ Trinckens/ und venerischer Entkräfftung. Ja so wenig aber setze ich gleichfalls diß in Zweissel/ daß ein so glückseliger und tugendhaffter Mensch/ auf welchen alles miteinander/ nemlich die Gunst deß Gestirns/ die gesunde Empfängniß/ gute Lufft/ ersprießliche Nahrung/ Mässigkeit und Sanfftmut/ zusammen trifft/ natürlicher Vernunfft nach/ jenen/ der zwar das übrige miteinander/ doch aber dabey keinen Stern hat/ dennoch überleben könne. Durch diese Antwort/ wird den meisten Einwürffen/ welche der Herr mir gethan/ der Haupt-Streich gegeben: also/ daß/ alle und jede wieder durchzugehen/ nicht nöthig ist. Woher es ein
Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den weichen und ruͤhrenden Speiſen verzaͤrtelt/ das Gemuͤt nicht mit Zornnoch Sorgen kraͤncket/ auch wol unter einem ſchlechten ungeneigten Ge- ſtirn laͤnger lebe; denn ein Unmaͤſſiger/ der im guten Planeten geboren/ auch ein Clima bewohnet/ das von dem Geſtirn beguͤnſtiget iſt/ und doch alle gute Einfluͤſſe deß Geſtirns/ mißbraucht/ vermittelſt uͤberfluͤſſigen Eſ- ſens/ Trinckens/ und veneriſcher Entkraͤfftung. Ja ſo wenig aber ſetze ich gleichfalls diß in Zweiſſel/ daß ein ſo gluͤckſeliger und tugendhaffter Menſch/ auf welchen alles miteinander/ nemlich die Gunſt deß Geſtirns/ die geſunde Empfaͤngniß/ gute Lufft/ erſprießliche Nahrung/ Maͤſſigkeit und Sanfftmut/ zuſammen trifft/ natuͤrlicher Vernunfft nach/ jenen/ der zwar das uͤbrige miteinander/ doch aber dabey keinen Stern hat/ dennoch uͤberleben koͤnne. Durch dieſe Antwort/ wird den meiſten Einwuͤrffen/ welche der Herꝛ mir gethan/ der Haupt-Streich gegeben: alſo/ daß/ alle und jede wieder durchzugehen/ nicht noͤthig iſt. Woher es ein
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Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den
weichen und ruͤhrenden Speiſen verzaͤrtelt/ das Gemuͤt nicht mit Zorn
noch Sorgen kraͤncket/ auch wol unter einem ſchlechten ungeneigten Ge-
ſtirn laͤnger lebe; denn ein Unmaͤſſiger/ der im guten Planeten geboren/
auch ein Clima bewohnet/ das von dem Geſtirn beguͤnſtiget iſt/ und doch
alle gute Einfluͤſſe deß Geſtirns/ mißbraucht/ vermittelſt uͤberfluͤſſigen Eſ-
ſens/ Trinckens/ und veneriſcher Entkraͤfftung. Ja ſo wenig aber ſetze ich
gleichfalls diß in Zweiſſel/ daß ein ſo gluͤckſeliger und tugendhaffter
Menſch/ auf welchen alles miteinander/ nemlich die Gunſt deß Geſtirns/
die geſunde Empfaͤngniß/ gute Lufft/ erſprießliche Nahrung/ Maͤſſigkeit
und Sanfftmut/ zuſammen trifft/ natuͤrlicher Vernunfft nach/ jenen/ der
zwar das uͤbrige miteinander/ doch aber dabey keinen Stern hat/ dennoch
uͤberleben koͤnne. Durch dieſe Antwort/ wird den meiſten Einwuͤrffen/
welche der Herꝛ mir gethan/ der Haupt-Streich gegeben: alſo/ daß/ alle
und jede wieder durchzugehen/ nicht noͤthig iſt.
Die Sterne hat der Schoͤpffer uns nicht/ zur Beleidigung; ſon-
dern/ zur Befoͤrderung an die Feſten geſetzt: daß wir aber nicht allemal
ihrer Wolthaten wuͤrcklich genieſſen; ſondern uns dieſelbe offt/ zur Kranck-
heit/ gerathen: ruͤhret zu Theil her/ aus unſrem verfinſtertem Verſtande/
der ſich ihrer Einfluͤſſe nicht allerdings recht weiß zu bedienen; theils/ von
unſerer gebrechlichen Natur/ welche nicht allemal eines und andren ſtren-
gen Einfluſſes faͤhig iſt; gleichwie ein ſchwacher bloͤder Kopff einen ſtar-
cken Wein nicht wol vertragen kan: beydes aber zuſammen/ von dem lei-
digem Suͤnden-Fall/ welcher ſo wol unſeren Verſtand/ als Leib/ toͤdt-
lich geſchwaͤchet/ und dergeſtalt verkehret hat/ daß auch die alleredelſt-
bekraͤfftete Natur-Koͤrper unſerer Geſundheit offt einen Stoß geben/
wider den Zweck/ dazu ſie anfangs eigentlich erſchaffen worden. Gleich-
wol muͤſſen darum nicht eben alle Kranckheiten von den Sternen/ herun-
ter kommen: und geht die Salmafianiſche Schluß-Rede nicht vonſtat-
ten: Wenn die Sterne/ zur Geſund-oher Kranckheit/ mit wircken; ſo
muß auch nothwendig die Neapolitaniſche Seuche/ welche man die
Frantzoſen heiſt/ durch die Sternen einfurirt worden ſeyn. Eine Seu-
che kan mehr/ als eine Urſach/ haben. Die Seuchen ſelbſt entſtehen/
durch mehr/ denn einerley Veranlaſſung; an einem Ort/ vom Geſtanck
und allerley Unreinigkeiten; am andren von boͤſen Feuchtigkeiten und gaͤh-
linger Hitze; wiederum anders wo/ durch Anſteckung. Alſo kan bald eine
boͤſe Sucht/ ohne deß Geſtirns Schuld/ bald durch Mitwuͤrckung deſſel-
bigen/ einreiſſen. Wiewol ſelten eine gemeine Kranckheit ſich ausbrei-
ten wird/ wozu das Geſtirn nicht aufs wenigſte/ auch nur von weitem/
eine Gelegenheit ſtifftet. So iſt auch ein anders/ die Seuche einfuͤhren;
ein
Woher es
kommt/ daß
die Sterne
unſeren Lei-
beꝛn biswei-
len ſchaden.
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