Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den entstehet aus der Art/ Krafft und Eigenschafft deß Samens; zum Theilauch/ von der Nahrung und Speise; theils gleichfalls/ von dem Climate, das ist/ von der Lufft/ und demjenigen Boden/ darauf er einher geht. Denn welcher Mensch/ aus einem guten Samen/ erzeugt worden/ an ei- nem gesunden wolgetemperirten Ort/ auch das Gute/ so ihm die glückliche Geburt angehenckt/ selber/ durch ein unartiges böses Leben/ nicht ver- schlimmert: der mag ein längeres Leben hoffen/ als ein andrer/ welchem eines solcher Stücke fehlet. Aber die Krafft und Jnfluentz deß Gestirns kan hiebey nichts wircken. Denn die Mittel/ so uns zu hohem Alter die- nen/ rühren theils von der Natur/ theils vom Fleiß her. Die Natur ist nicht in unserer Gewalt; der Fleiß aber in unserer Wahl und Willen. Wie viel die Gewonheit der Speisen vermöge.Die Gewonheit thut auch viel dabey. Denn zu welcher Speise/ oder Ge- tränck/ man/ von Kindheit auf/ sich gewöhnet; obs gleich nicht der besten Art; bekommts einem doch wol: und wo man hierinn/ bey erwachsenem Alter/ eine Aenderung fürnimt; geschicht der Gesundheit mehr Scha- dens/ als Gutes. Solche Gewonheit beherrschet nicht allein gantze Völcker/ sondern auch jedwede Menschen insonderheit; imgleichen gewisse Collegien/ Gesellschafften/ und Secten. Der Musulmann/ oder Mahometaner/ enthält sich deß Weins; die Jüden deß Schweinfleisches; die alten Py- thagorici der Spänfärckelein/ der Bohnen/ und aller lebendigen Ge- schöpffe; etliche Römisch-Catholische Religiosen deß Fleisches; etliche auch der Butter. Nach solcher Lebens- und Speis-Ordnung/ wird das Leben entweder verlängert/ oder gekürtzt. Aber die Natur übertrifft alles: die Art der Speisen stehet in der Willkühr: keine aber von beyden ist/ an das Gestirn/ verpflichtet. Daß einer kurtz oder lang/ weiß oder schwartz/ schlecht oder kraus Die
Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den entſtehet aus der Art/ Krafft und Eigenſchafft deß Samens; zum Theilauch/ von der Nahrung und Speiſe; theils gleichfalls/ von dem Climate, das iſt/ von der Lufft/ und demjenigen Boden/ darauf er einher geht. Denn welcher Menſch/ aus einem guten Samen/ erzeugt worden/ an ei- nem geſunden wolgetemperirten Ort/ auch das Gute/ ſo ihm die gluͤckliche Geburt angehenckt/ ſelber/ durch ein unartiges boͤſes Leben/ nicht ver- ſchlimmert: der mag ein laͤngeres Leben hoffen/ als ein andrer/ welchem eines ſolcher Stuͤcke fehlet. Aber die Krafft und Jnfluentz deß Geſtirns kan hiebey nichts wircken. Denn die Mittel/ ſo uns zu hohem Alter die- nen/ ruͤhren theils von der Natur/ theils vom Fleiß her. Die Natur iſt nicht in unſerer Gewalt; der Fleiß aber in unſerer Wahl und Willen. Wie viel die Gewonheit der Speiſen vermoͤge.Die Gewonheit thut auch viel dabey. Denn zu welcher Speiſe/ oder Ge- traͤnck/ man/ von Kindheit auf/ ſich gewoͤhnet; obs gleich nicht der beſten Art; bekommts einem doch wol: und wo man hierinn/ bey erwachſenem Alter/ eine Aenderung fuͤrnimt; geſchicht der Geſundheit mehr Scha- dens/ als Gutes. Solche Gewonheit beherꝛſchet nicht allein gantze Voͤlcker/ ſondeꝛn auch jedwede Menſchen inſonderheit; imgleichen gewiſſe Collegien/ Geſellſchafften/ und Secten. Der Muſulmann/ oder Mahometaner/ enthaͤlt ſich deß Weins; die Juͤden deß Schweinfleiſches; die alten Py- thagorici der Spaͤnfaͤrckelein/ der Bohnen/ und aller lebendigen Ge- ſchoͤpffe; etliche Roͤmiſch-Catholiſche Religioſen deß Fleiſches; etliche auch der Butter. Nach ſolcher Lebens- und Speis-Ordnung/ wird das Leben entweder verlaͤngert/ oder gekuͤrtzt. Aber die Natur uͤbertrifft alles: die Art der Speiſen ſtehet in der Willkuͤhr: keine aber von beyden iſt/ an das Geſtirn/ verpflichtet. Daß einer kurtz oder lang/ weiß oder ſchwartz/ ſchlecht oder kraus Die
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Der eilffte Discurs/ von der Himmels-Neigung/ und den
entſtehet aus der Art/ Krafft und Eigenſchafft deß Samens; zum Theil
auch/ von der Nahrung und Speiſe; theils gleichfalls/ von dem Climate,
das iſt/ von der Lufft/ und demjenigen Boden/ darauf er einher geht.
Denn welcher Menſch/ aus einem guten Samen/ erzeugt worden/ an ei-
nem geſunden wolgetemperirten Ort/ auch das Gute/ ſo ihm die gluͤckliche
Geburt angehenckt/ ſelber/ durch ein unartiges boͤſes Leben/ nicht ver-
ſchlimmert: der mag ein laͤngeres Leben hoffen/ als ein andrer/ welchem
eines ſolcher Stuͤcke fehlet. Aber die Krafft und Jnfluentz deß Geſtirns
kan hiebey nichts wircken. Denn die Mittel/ ſo uns zu hohem Alter die-
nen/ ruͤhren theils von der Natur/ theils vom Fleiß her. Die Natur iſt
nicht in unſerer Gewalt; der Fleiß aber in unſerer Wahl und Willen.
Die Gewonheit thut auch viel dabey. Denn zu welcher Speiſe/ oder Ge-
traͤnck/ man/ von Kindheit auf/ ſich gewoͤhnet; obs gleich nicht der beſten
Art; bekommts einem doch wol: und wo man hierinn/ bey erwachſenem
Alter/ eine Aenderung fuͤrnimt; geſchicht der Geſundheit mehr Scha-
dens/ als Gutes. Solche Gewonheit beherꝛſchet nicht allein gantze Voͤlcker/
ſondeꝛn auch jedwede Menſchen inſonderheit; imgleichen gewiſſe Collegien/
Geſellſchafften/ und Secten. Der Muſulmann/ oder Mahometaner/
enthaͤlt ſich deß Weins; die Juͤden deß Schweinfleiſches; die alten Py-
thagorici der Spaͤnfaͤrckelein/ der Bohnen/ und aller lebendigen Ge-
ſchoͤpffe; etliche Roͤmiſch-Catholiſche Religioſen deß Fleiſches; etliche auch
der Butter. Nach ſolcher Lebens- und Speis-Ordnung/ wird das Leben
entweder verlaͤngert/ oder gekuͤrtzt. Aber die Natur uͤbertrifft alles: die
Art der Speiſen ſtehet in der Willkuͤhr: keine aber von beyden iſt/ an das
Geſtirn/ verpflichtet.
Wie viel die
Gewonheit
der Speiſen
vermoͤge.
Daß einer kurtz oder lang/ weiß oder ſchwartz/ ſchlecht oder kraus
von Haaren/ ſcharff- oder ſtumpffſinnig/ witzig oder albern; muß man
dem natuͤrlichen Temperament deß Landes zurechnen. Denn die Voͤl-
cker/ ſo unter dem Nord ligen/ ſeynd gewaltig-ſtarckes und groſſes Lei-
bes/ weiß-gefaͤrbt; haben glatte ſchlechte gelblich-rote Haare/ graue Au-
gen/ viel Bluts/ aber geringen Verſtand. Unter den mittaͤgigen Na-
tionen/ erweiſet ſich allerdings das Widrige. Die Kaͤlte und Hitze der
Laͤnder im hoͤchſten Grad/ oder aus beyden gemiſcht/ machen den Unter-
ſcheid ſo wol deß Verſtandes/ als deß kurtzen oder langen Alters. Die
Urſach aber uͤbermachter Hitze oder Kaͤlte/ oder der Mittelmaͤſſigkeit aus
beyder Vermiſchung/ ſteckt weder in der wandel-noch unwandelbarer
Geſtirne Aſpecten; ſondern/ in den Neigungen deß Himmels/ und in der
Sonnen Anſtralung/ wie dieſelbe dieſes oder jenes Volck/ von weitem
oder fernem/ trifft.
Ob die
Sterne Ur-
ſach zu uͤbeꝛ-
machter Hi-
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Kaͤlte ge-
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