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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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himmlischen Würckungen/ am menschlichem Leben.
gantze Geschlechte und Nationen vorhanden sind; trägt doch bisweilen
auch kleine Leute. Wir erblicken auch wol/ in unseren Ländern/ jemaln
einen Riesen-langen Menschen. Eben so wol gibt es gantze Völcker von
Zwergen: darunter Salmasius die alten Pygmaeer/ und heutige Lappen/
rechnet.

Schönwald. Von den Lappen zwar/ hat man so viel Nachricht/
daß es ziemlich-kurtze Leute; doch darum noch lang/ für keine Zwerge/ zu
achten. Die Pygmaeer aber sind eine Fabel/ und keine so kleine Leutlein
jemals vorhanden gewesen.

Adlerhaupt. Salmasius ist Zweiffels ohn der Meinung/ daß zwar
die Pygmaei keine Zwerge/ sondern ein so kurtz-beleibtes Volck gewesen/
wie die heutige Lappen; aber/ durch der Schiffleute falschen Bericht/ gar
zu Zwergen verkleinert/ und ihnen folgend allerley Mährlein angetichtet
worden. Diß muß uns aber/ in dem Lauffe unseres ordentlichen Discur-
ses/ keinen Verzug machen. Unter den Menschen gewöhnlicher Leibs-
Masse/ ersihet man manche Zwerge/ welche nicht durch die Zucht/ sondern
Natur/ also zusammen getrieben. Denn sonst hat man vormals auch/
mit Fleiß/ durch die Auferziehung/ solche Zwerge zuwegen gebracht/ und
selbige nachmals verkaufft. Also hangen/ am Baum/ nicht lauter grosse
Aepffel; sondern offt auch einige kleine Aepfflein/ unter den grossen. Sie
werden gleichfalls nicht alle vollkömmlich reiff; bleiben auch nicht alle/ an
den Zweigen/ hangen: etliche fallen ab/ in der Blühe; andre verderben/
bevor sie kaum reiff: und/ unter denen/ die recht völlig ausgewachsen/ fal-
len etliche früher herunter; etliche bleiben länger sitzen: gleichwie auch die
Vlätter nicht alle/ zu gleicher Zeit/ abfallen; sondern etliche geschwinder/
etliche langsamer; offt doch gleichwol eines und andres der rauhen kalten
Lufft widerstehe/ und an seinem Stengel beharre/ nach dem alle die übrige
allbereit herab gefället. So stehts auch/ mit dem Leben der Menschen.Beyspiel de[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
m[e]nschli-
chen Lebens-
Fristen.

Etliche beschliessen ihr Leben/ in Mutterleibe/ nachdem sie es kaum ange-
fangen. Andre haben kaum die helle Lufft erschnappt/ da sie gleich/ von
dem Tode/ erschnappt werden. Diese fänget er auf/ in der Kindheit je-
ne/ in der Knabenschafft. Manche bricht er ab/ in voller Blüte ihrer
Männlichkeit; viele/ bey dem Eintritt deß Alters; noch mehr/ in dem
grauen Mittel-Alter. Etliche gedultet er länger/ weder sonst das gewöhn-
liche Ziel menschlichen Lebens austrägt. Aber derselben wird man nicht
viele zehlen.

Daß nun einer/ auf der Bahn dieses zeitlichen Lebens/ viel weniger/
oder weiter läufft/ der eine weit vor/ der andre nahe bey/ der dritte recht
auf/ der vierdte weit hinter dem Mahl und Ziel desselbigen/ niderfällt; das

entstehet
N n

himmliſchen Wuͤrckungen/ am menſchlichem Leben.
gantze Geſchlechte und Nationen vorhanden ſind; traͤgt doch bisweilen
auch kleine Leute. Wir erblicken auch wol/ in unſeren Laͤndern/ jemaln
einen Rieſen-langen Menſchen. Eben ſo wol gibt es gantze Voͤlcker von
Zwergen: darunter Salmaſius die alten Pygmæer/ und heutige Lappen/
rechnet.

Schoͤnwald. Von den Lappen zwar/ hat man ſo viel Nachricht/
daß es ziemlich-kurtze Leute; doch darum noch lang/ fuͤr keine Zwerge/ zu
achten. Die Pygmæer aber ſind eine Fabel/ und keine ſo kleine Leutlein
jemals vorhanden geweſen.

Adlerhaupt. Salmaſius iſt Zweiffels ohn der Meinung/ daß zwar
die Pygmæi keine Zwerge/ ſondern ein ſo kurtz-beleibtes Volck geweſen/
wie die heutige Lappen; aber/ durch der Schiffleute falſchen Bericht/ gar
zu Zwergen verkleinert/ und ihnen folgend allerley Maͤhrlein angetichtet
worden. Diß muß uns aber/ in dem Lauffe unſeres ordentlichen Discur-
ſes/ keinen Verzug machen. Unter den Menſchen gewoͤhnlicher Leibs-
Maſſe/ erſihet man manche Zwerge/ welche nicht durch die Zucht/ ſondern
Natur/ alſo zuſammen getrieben. Denn ſonſt hat man vormals auch/
mit Fleiß/ durch die Auferziehung/ ſolche Zwerge zuwegen gebracht/ und
ſelbige nachmals verkaufft. Alſo hangen/ am Baum/ nicht lauter groſſe
Aepffel; ſondern offt auch einige kleine Aepfflein/ unter den groſſen. Sie
werden gleichfalls nicht alle vollkoͤmmlich reiff; bleiben auch nicht alle/ an
den Zweigen/ hangen: etliche fallen ab/ in der Bluͤhe; andre verderben/
bevor ſie kaum reiff: und/ unter denen/ die recht voͤllig ausgewachſen/ fal-
len etliche fruͤher herunter; etliche bleiben laͤnger ſitzen: gleichwie auch die
Vlaͤtter nicht alle/ zu gleicher Zeit/ abfallen; ſondern etliche geſchwinder/
etliche langſamer; offt doch gleichwol eines und andres der rauhen kalten
Lufft widerſtehe/ und an ſeinem Stengel beharre/ nach dem alle die uͤbrige
allbereit herab gefaͤllet. So ſtehts auch/ mit dem Leben der Menſchen.Beyſpiel de[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
m[e]nſchli-
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Friſten.

Etliche beſchlieſſen ihr Leben/ in Mutterleibe/ nachdem ſie es kaum ange-
fangen. Andre haben kaum die helle Lufft erſchnappt/ da ſie gleich/ von
dem Tode/ erſchnappt werden. Dieſe faͤnget er auf/ in der Kindheit je-
ne/ in der Knabenſchafft. Manche bricht er ab/ in voller Bluͤte ihrer
Maͤnnlichkeit; viele/ bey dem Eintritt deß Alters; noch mehr/ in dem
grauen Mittel-Alter. Etliche gedultet er laͤnger/ weder ſonſt das gewoͤhn-
liche Ziel menſchlichen Lebens austraͤgt. Aber derſelben wird man nicht
viele zehlen.

Daß nun einer/ auf der Bahn dieſes zeitlichen Lebens/ viel weniger/
oder weiter laͤufft/ der eine weit vor/ der andre nahe bey/ der dritte recht
auf/ der vierdte weit hinter dem Mahl und Ziel deſſelbigen/ niderfaͤllt; das

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[281/0315] himmliſchen Wuͤrckungen/ am menſchlichem Leben. gantze Geſchlechte und Nationen vorhanden ſind; traͤgt doch bisweilen auch kleine Leute. Wir erblicken auch wol/ in unſeren Laͤndern/ jemaln einen Rieſen-langen Menſchen. Eben ſo wol gibt es gantze Voͤlcker von Zwergen: darunter Salmaſius die alten Pygmæer/ und heutige Lappen/ rechnet. Schoͤnwald. Von den Lappen zwar/ hat man ſo viel Nachricht/ daß es ziemlich-kurtze Leute; doch darum noch lang/ fuͤr keine Zwerge/ zu achten. Die Pygmæer aber ſind eine Fabel/ und keine ſo kleine Leutlein jemals vorhanden geweſen. Adlerhaupt. Salmaſius iſt Zweiffels ohn der Meinung/ daß zwar die Pygmæi keine Zwerge/ ſondern ein ſo kurtz-beleibtes Volck geweſen/ wie die heutige Lappen; aber/ durch der Schiffleute falſchen Bericht/ gar zu Zwergen verkleinert/ und ihnen folgend allerley Maͤhrlein angetichtet worden. Diß muß uns aber/ in dem Lauffe unſeres ordentlichen Discur- ſes/ keinen Verzug machen. Unter den Menſchen gewoͤhnlicher Leibs- Maſſe/ erſihet man manche Zwerge/ welche nicht durch die Zucht/ ſondern Natur/ alſo zuſammen getrieben. Denn ſonſt hat man vormals auch/ mit Fleiß/ durch die Auferziehung/ ſolche Zwerge zuwegen gebracht/ und ſelbige nachmals verkaufft. Alſo hangen/ am Baum/ nicht lauter groſſe Aepffel; ſondern offt auch einige kleine Aepfflein/ unter den groſſen. Sie werden gleichfalls nicht alle vollkoͤmmlich reiff; bleiben auch nicht alle/ an den Zweigen/ hangen: etliche fallen ab/ in der Bluͤhe; andre verderben/ bevor ſie kaum reiff: und/ unter denen/ die recht voͤllig ausgewachſen/ fal- len etliche fruͤher herunter; etliche bleiben laͤnger ſitzen: gleichwie auch die Vlaͤtter nicht alle/ zu gleicher Zeit/ abfallen; ſondern etliche geſchwinder/ etliche langſamer; offt doch gleichwol eines und andres der rauhen kalten Lufft widerſtehe/ und an ſeinem Stengel beharre/ nach dem alle die uͤbrige allbereit herab gefaͤllet. So ſtehts auch/ mit dem Leben der Menſchen. Etliche beſchlieſſen ihr Leben/ in Mutterleibe/ nachdem ſie es kaum ange- fangen. Andre haben kaum die helle Lufft erſchnappt/ da ſie gleich/ von dem Tode/ erſchnappt werden. Dieſe faͤnget er auf/ in der Kindheit je- ne/ in der Knabenſchafft. Manche bricht er ab/ in voller Bluͤte ihrer Maͤnnlichkeit; viele/ bey dem Eintritt deß Alters; noch mehr/ in dem grauen Mittel-Alter. Etliche gedultet er laͤnger/ weder ſonſt das gewoͤhn- liche Ziel menſchlichen Lebens austraͤgt. Aber derſelben wird man nicht viele zehlen. Beyſpiel de_ menſchli- chen Lebens- Friſten. Daß nun einer/ auf der Bahn dieſes zeitlichen Lebens/ viel weniger/ oder weiter laͤufft/ der eine weit vor/ der andre nahe bey/ der dritte recht auf/ der vierdte weit hinter dem Mahl und Ziel deſſelbigen/ niderfaͤllt; das entſtehet N n

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/315>, abgerufen am 22.12.2024.