Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der zehende Discurs/ Forell. Soll denn der Glantz-Himmel auch eine gewisse Mater[i] Schönwald. Ohn allen Zweiffel. Denn weil er ein Antheil der Jetzt fünde ich gute Bequemlichkeit/ von der innerlichen Ruhe/ Frie- anmu-
Der zehende Discurs/ Forell. Soll denn der Glantz-Himmel auch eine gewiſſe Mater[i] Schoͤnwald. Ohn allen Zweiffel. Denn weil er ein Antheil der Jetzt fuͤnde ich gute Bequemlichkeit/ von der innerlichen Ruhe/ Frie- anmu-
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Der zehende Discurs/
Forell. Soll denn der Glantz-Himmel auch eine gewiſſe Materi
und Form haben?
Schoͤnwald. Ohn allen Zweiffel. Denn weil er ein Antheil der
Welt; ſo muß er nothwendig auch korpoͤrlich ſeyn. Und wenn er leiblich
iſt; kan er nicht anders/ als ein natuͤrlicher Leib ſeyn. Alle natuͤrliche
Koͤrper aber beſtehen aus einer Materi und Form: alſo folgt/ es muͤſſe
der empyræiſche Himmel gleichfalls/ aus einer Materi und Form zu-
ſammgeſetzt ſeyn. Wer ſolches nicht zugeben will; der muß dem Glantz-
Himmel zugleich alle Eigenſchafften eines natuͤrlichen Leibes abſprechen/
und dieſes mit eingehen/ der Glantz-Himmel habe keine ſichtbare Farben/
keinen Schall oder Hall/ weder Haͤrte/ noch Zartheit/ keine Verdickung/
noch Verſeltenung/ keine Laͤnge/ Weite oder Breite; ſondern ſey aller-
dings unſichtbar/ geiſtlich/ und allein durch den Verſtand zu beruͤhren:
welches aber ungereimt/ und wider deß allweiſeſten Schoͤpffers Zweck/
waͤre. Doch muß man wiſſen/ daß ſolche Materi und Form/ woraus die-
ſer Himmel zubereitet iſt/ aus unermeßlich-weit edlern/ fuͤrtrefflichern/ und
ſubtilern Theilen beſtehe/ auch die Form derſelben von viel hoͤherer Be-
ſchaffenheit ſey/ als die andre Koͤrper der Welt: ſintemal der guͤtige
GOtt denſelben/ ſeinen Auserwehlten zur Luſt/ und ewiger Wonne/ mit
ſolchen unvergleichlichen Qualitaͤten und Bewandniſſen/ hat ausgeziert.
Und gewißlich/ es ſcheinet gar unfuͤglich/ daß der jenige Himmel/ darinn
die vernuͤnfftige/ mit Leib und Seel begabte/ Kreatur ihren Aufenthalt
hat/ gantz geiſtlicher Art ſeyn/ und gar nichts Korpoͤrliches mit in ſich be-
greiffen ſolte. Derhalben hat er leiblich ſeyn muͤſſen: damit/ wenn die
Seele/ in der Anſchauung ihres Schoͤpffers/ vertieffet/ und gleichſam
verſchlungen wird/ auch gleichfalls der Leib eines geſchickten Objects/ oder
ſchickmaͤſſigen Fuͤrſtellung zur Ergetzung ſeiner Sinnen genieſſen moͤchte/
und nicht vergeblich/ zur ewigen Herꝛlichkeit mitaufgenommen zu ſeyn
ſchiene.
Jetzt fuͤnde ich gute Bequemlichkeit/ von der innerlichen Ruhe/ Frie-
de/ und ſuͤſſen Luſt/ darinn die geſegnete Seelen/ in dieſem Freuden-Him-
mel/ ſich erquicken/ etwas zu ſagen: aber wenn die wenig Worte/ ſo der
entzuckte Apoſtel/ in dieſem Himmel/ gehoͤrt/ einem ſolchen auserwaͤhlten
Ruͤſtzeuge deß Heiligen Geiſtes/ in dieſem Leben/ unausſprechlich fuͤrge-
kommen: wie wuͤrde denn mein lallender Mund/ von ſolchen verborgenen
hohen Sachen/ was eigentliches reden koͤnnen? Die Herren/ und alle
Menſchen/ in welchem eine glaͤubige Hoffnung gruͤnet/ koͤnnen gleichwol
unterdeſſen leicht erachten/ daß die alleredelſte/ zierreichſte/ und ſchoͤnſte
Geſtalten dieſer uns ſichtbaren Welt/ die allerlieblichſten Blicke/ aller-
anmu-
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