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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Einfluß deß Gestirns/ Stuffen-Jahren/ etc.
geistert sie mit Wärme und Leben. Durch seine Krafft und Hülffe be-
stehen alle unbelebte Dinge/ und die belebte haben/ durch ihn/ eine See-
le/ jegliche nach ihrer Art; etliche eine nährende (oder wachsende) etliche
eine sinnliche/ etliche eine vernünfftige.

Jedoch bequemet sich die vom Himmel herab geschickte Krafft/ zu
den Sachen/ also/ und dienet ihnen in solcher Masse/ wie eines jeden Na-
tur verlangt/ und eines jedweden Dinges Art oder Beschaffenheit kan
ertragen. Gleichwol ist solche Himmels-Krafft nicht stets gleich/ erthei-
let sich auch nicht allezeit den Sachen/ auf einerley Art und Weise; son-
dern bald so/ bald anders/ nach dem unterschiedlichen Stande der Ge-
stirne; deren Stellung und Vermengung sich vielfältig verändert: ob
gleich der Spiritus deß Zuführers stets einerley/ und einer unveränderli-
chen Substantz ist.

Solchem nach/ kan es nicht seyn/ daß der Welt-Geist/ wie etliche
vermeinen/ allen Dingen Leben und Lebens-Fristung/ dieser Gestalt/
ertheile/ als ob er/ von den Sternen/ die geringste Hülffe nicht dazu ver-
langte. Denn wenn dem also wäre/ würde er gleiche Sachen allezeit/
auf gleiche Art/ und in gleicher Masse/ generiren. Die lebendige Seele
bringt er zwar mit sich/ belebet die Natur selbsten/ und alle Dinge/ so er
begeistert; aber wie gesagt/ nach eines jedweden Dinges Natur/ Gele-
genheit/ und Zubereitung. (a)

Dieses bequemet hernach der Author/ auf die Waffen-Salbe:
Welche seines Fürgebens/ gantz allem durch die Natur/ und durch eine
magnetische Würckung Anzug und Herabziehung/ wie auch durch den
vielbesagten Zuführer/ den Welt-Geist/ geschicht/ welcher Geist/ als
das Vermittelungs-Band erstlich/ aus den behörigen und füglichen
Constellationen die Sympathiam (oder Gleich-Artung) und Conveni-
entz oder fügliche Ubereintreffung einführet: woraus hernach die Hei-
lungs-Krafft/ auf die gesalbte Gewehr/ geleitet wird; von diesem folgends
wiederum heraus gehet/ und zu dem verwundtem Gliede deß Leibes ge-
langt.

Gleichwie ich nun nicht alles zwar verwerffe/ noch alles glaube/ was
man von der Waffen-Salbe schreibt: also finde ich dennoch/ für den Be-
weis der figürlichen Krafft der Talismannen/ in diesen/ aus dem Goclenio
angezogenen/ Ursachen/ den geringsten Grund nicht. Denn daß diese
irdische Körper/ von dem allgemeinem Welt-Geist/ begeistert werden/
und solche Begeisterung/ nach unterschiedlicher Stellung der Gestirne/
auch unterschiedlich geschehe; streite ich nicht: daß aber solche Ergeiste-

rung
(a) Hactenus Goclenius in tract. de unguento armario.

Von dem Einfluß deß Geſtirns/ Stuffen-Jahren/ ꝛc.
geiſtert ſie mit Waͤrme und Leben. Durch ſeine Krafft und Huͤlffe be-
ſtehen alle unbelebte Dinge/ und die belebte haben/ durch ihn/ eine See-
le/ jegliche nach ihrer Art; etliche eine naͤhrende (oder wachſende) etliche
eine ſinnliche/ etliche eine vernuͤnfftige.

Jedoch bequemet ſich die vom Himmel herab geſchickte Krafft/ zu
den Sachen/ alſo/ und dienet ihnen in ſolcher Maſſe/ wie eines jeden Na-
tur verlangt/ und eines jedweden Dinges Art oder Beſchaffenheit kan
ertragen. Gleichwol iſt ſolche Himmels-Krafft nicht ſtets gleich/ erthei-
let ſich auch nicht allezeit den Sachen/ auf einerley Art und Weiſe; ſon-
dern bald ſo/ bald anders/ nach dem unterſchiedlichen Stande der Ge-
ſtirne; deren Stellung und Vermengung ſich vielfaͤltig veraͤndert: ob
gleich der Spiritus deß Zufuͤhrers ſtets einerley/ und einer unveraͤnderli-
chen Subſtantz iſt.

Solchem nach/ kan es nicht ſeyn/ daß der Welt-Geiſt/ wie etliche
vermeinen/ allen Dingen Leben und Lebens-Friſtung/ dieſer Geſtalt/
ertheile/ als ob er/ von den Sternen/ die geringſte Huͤlffe nicht dazu ver-
langte. Denn wenn dem alſo waͤre/ wuͤrde er gleiche Sachen allezeit/
auf gleiche Art/ und in gleicher Maſſe/ generiren. Die lebendige Seele
bringt er zwar mit ſich/ belebet die Natur ſelbſten/ und alle Dinge/ ſo er
begeiſtert; aber wie geſagt/ nach eines jedweden Dinges Natur/ Gele-
genheit/ und Zubereitung. (a)

Dieſes bequemet hernach der Author/ auf die Waffen-Salbe:
Welche ſeines Fuͤrgebens/ gantz allem durch die Natur/ und durch eine
magnetiſche Wuͤrckung Anzug und Herabziehung/ wie auch durch den
vielbeſagten Zufuͤhrer/ den Welt-Geiſt/ geſchicht/ welcher Geiſt/ als
das Vermittelungs-Band erſtlich/ aus den behoͤrigen und fuͤglichen
Conſtellationen die Sympathiam (oder Gleich-Artung) und Conveni-
entz oder fuͤgliche Ubereintreffung einfuͤhret: woraus hernach die Hei-
lungs-Krafft/ auf die geſalbte Gewehr/ geleitet wird; von dieſem folgends
wiederum heraus gehet/ und zu dem verwundtem Gliede deß Leibes ge-
langt.

Gleichwie ich nun nicht alles zwar verwerffe/ noch alles glaube/ was
man von der Waffen-Salbe ſchreibt: alſo finde ich dennoch/ fuͤr den Be-
weis der figuͤrlichen Krafft der Taliſmannen/ in dieſen/ aus dem Goclenio
angezogenen/ Urſachen/ den geringſten Grund nicht. Denn daß dieſe
irdiſche Koͤrper/ von dem allgemeinem Welt-Geiſt/ begeiſtert werden/
und ſolche Begeiſterung/ nach unterſchiedlicher Stellung der Geſtirne/
auch unterſchiedlich geſchehe; ſtreite ich nicht: daß aber ſolche Ergeiſte-

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(a) Hactenus Goclenius in tract. de unguento armario.
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[1439/1517] Von dem Einfluß deß Geſtirns/ Stuffen-Jahren/ ꝛc. geiſtert ſie mit Waͤrme und Leben. Durch ſeine Krafft und Huͤlffe be- ſtehen alle unbelebte Dinge/ und die belebte haben/ durch ihn/ eine See- le/ jegliche nach ihrer Art; etliche eine naͤhrende (oder wachſende) etliche eine ſinnliche/ etliche eine vernuͤnfftige. Jedoch bequemet ſich die vom Himmel herab geſchickte Krafft/ zu den Sachen/ alſo/ und dienet ihnen in ſolcher Maſſe/ wie eines jeden Na- tur verlangt/ und eines jedweden Dinges Art oder Beſchaffenheit kan ertragen. Gleichwol iſt ſolche Himmels-Krafft nicht ſtets gleich/ erthei- let ſich auch nicht allezeit den Sachen/ auf einerley Art und Weiſe; ſon- dern bald ſo/ bald anders/ nach dem unterſchiedlichen Stande der Ge- ſtirne; deren Stellung und Vermengung ſich vielfaͤltig veraͤndert: ob gleich der Spiritus deß Zufuͤhrers ſtets einerley/ und einer unveraͤnderli- chen Subſtantz iſt. Solchem nach/ kan es nicht ſeyn/ daß der Welt-Geiſt/ wie etliche vermeinen/ allen Dingen Leben und Lebens-Friſtung/ dieſer Geſtalt/ ertheile/ als ob er/ von den Sternen/ die geringſte Huͤlffe nicht dazu ver- langte. Denn wenn dem alſo waͤre/ wuͤrde er gleiche Sachen allezeit/ auf gleiche Art/ und in gleicher Maſſe/ generiren. Die lebendige Seele bringt er zwar mit ſich/ belebet die Natur ſelbſten/ und alle Dinge/ ſo er begeiſtert; aber wie geſagt/ nach eines jedweden Dinges Natur/ Gele- genheit/ und Zubereitung. (a) Dieſes bequemet hernach der Author/ auf die Waffen-Salbe: Welche ſeines Fuͤrgebens/ gantz allem durch die Natur/ und durch eine magnetiſche Wuͤrckung Anzug und Herabziehung/ wie auch durch den vielbeſagten Zufuͤhrer/ den Welt-Geiſt/ geſchicht/ welcher Geiſt/ als das Vermittelungs-Band erſtlich/ aus den behoͤrigen und fuͤglichen Conſtellationen die Sympathiam (oder Gleich-Artung) und Conveni- entz oder fuͤgliche Ubereintreffung einfuͤhret: woraus hernach die Hei- lungs-Krafft/ auf die geſalbte Gewehr/ geleitet wird; von dieſem folgends wiederum heraus gehet/ und zu dem verwundtem Gliede deß Leibes ge- langt. Gleichwie ich nun nicht alles zwar verwerffe/ noch alles glaube/ was man von der Waffen-Salbe ſchreibt: alſo finde ich dennoch/ fuͤr den Be- weis der figuͤrlichen Krafft der Taliſmannen/ in dieſen/ aus dem Goclenio angezogenen/ Urſachen/ den geringſten Grund nicht. Denn daß dieſe irdiſche Koͤrper/ von dem allgemeinem Welt-Geiſt/ begeiſtert werden/ und ſolche Begeiſterung/ nach unterſchiedlicher Stellung der Geſtirne/ auch unterſchiedlich geſchehe; ſtreite ich nicht: daß aber ſolche Ergeiſte- rung (a) Hactenus Goclenius in tract. de unguento armario.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1517>, abgerufen am 17.05.2024.