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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der ein und zwantzigste Discurs/
ses und Betrübtes weissagen: dahingegen die neue Sterne insgemein
was Gutes bedeuten. Die Kometen geben gar offt gleichsam grosse Leich-
Fackeln ab/ welche/ am Himmel/ vor der Leiche hoher Potentaten/ her/
gerragen werden: hingegen nimmt man die neue Sterne gemeinlich an/
für Vorzeichen einer hohen Geburt/ oder Erhöhung der Macht und Glo-
ri eines grossen Haupts. Jedoch gestehe ich gerne/ daß dieser letzte Unter-
scheid bisweilen seinen Absatz gewinne/ indem einem oder andrem neuen
Stern gleichwol auch gewaltige Verändrungen nachfolgen/ die von vie-
len Empörungen begleitet werden. Sonst eräuget sich auch der Geburt/
und Bewegung halben/ ein grosser Unterscheid. Die neue Sterne entste-
hen aus den Dünsten der Fixsterne; die Kometen/ aus den Dämpffen der
Wandelsterne. Jene werden Kugel-rund formirt; diese flach-rund/ oder
Teller-artig. Die Kometen lauffen/ von einer Gegend zur andren/ und
vielmals einen weiten Strich deß Himmels durch. Hingegen bleiben die
neuen Sterne (dem Ansehen nach) unbeweglich/ an einer Stelle/ über ei-
nem Centro/ sitzen (so man die allgemeine Bewegung der Fixsterne aus-
nimmt) und verrucken von dannen eben so wenig/ als die Fixsterne selb-
sten: oder rechter zu sagen/ ihre grausame Höhe vergönnet uns nicht/ daß
wir ihre eigene Bewegung möchten spühren. Und darum seynd sie auch
den Kometen/ in heller Klarheit/ weit überlegen: weil sie nicht/ wie die
Kometen/ von der Sonnen/ sondern von unzehlich-vielen Fixsternen/ er-
leuchtet werden/ zudem auch unaufhörlich sich um ihre Spindel herum-
wältzen/ wie alle Fixsterne von Natur thun: daher denn zum Theil ihr/
Warum die
neue Ster-
ne unge-
schwäntzt?
vor-angerührtes helles Funckeln entstehet. Daß sie keinen Schweiff ha-
ben/ nimmt hievon gleichfalls/ eines Theils/ seinen Ursprung. Denn
weil die Sonnen-Stralen nicht bis dahin reichen/ oder so sie je dahin ge-
langten/ dennoch so nicht starck genug wären/ einen an sich selbst finstren
Körper zu erleuchten; könnte der neue Stern ihres Liechts sich wenig er-
freuen.

Angemerckt der Sonnen-Diameter/ wenn er/ aus einem Fix-
stern herab/ angeblickt werden solte/ kaum in der Grösse dreyer 111. (oder
dritter Minuten) erscheinen/ solchem nach der Schweiff mitnichten uns
sichtbar würde: ob schon die Materi deß neuen Sterns nicht sonders dicht
und fest/ sondern mit einer luckerichten untermenget wäre. Uberdas/ weil
die neue Sterne nur aus einem Kern/ und fast rundem Körper bestehen/
der weder den Stralen der Sonnen/ noch der Fixsterne/ einen Durch-
gang verstattet/ daraus eine Refraction entspringen möchte (ob sie gleich
dennoch auch ihre Dunstkreise haben) so können sie weder Haar/ noch
Schweiff gewinnen.

Jedoch

Der ein und zwantzigſte Discurs/
ſes und Betruͤbtes weiſſagen: dahingegen die neue Sterne insgemein
was Gutes bedeuten. Die Kometen geben gar offt gleichſam groſſe Leich-
Fackeln ab/ welche/ am Himmel/ vor der Leiche hoher Potentaten/ her/
gerragen werden: hingegen nimmt man die neue Sterne gemeinlich an/
fuͤr Vorzeichen einer hohen Geburt/ oder Erhoͤhung der Macht und Glo-
ri eines groſſen Haupts. Jedoch geſtehe ich gerne/ daß dieſer letzte Unter-
ſcheid bisweilen ſeinen Abſatz gewinne/ indem einem oder andrem neuen
Stern gleichwol auch gewaltige Veraͤndrungen nachfolgen/ die von vie-
len Empoͤrungen begleitet werden. Sonſt eraͤuget ſich auch der Geburt/
und Bewegung halben/ ein groſſer Unterſcheid. Die neue Sterne entſte-
hen aus den Duͤnſten der Fixſterne; die Kometen/ aus den Daͤmpffen der
Wandelſterne. Jene werden Kugel-rund formirt; dieſe flach-rund/ oder
Teller-artig. Die Kometen lauffen/ von einer Gegend zur andren/ und
vielmals einen weiten Strich deß Himmels durch. Hingegen bleiben die
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nem Centro/ ſitzen (ſo man die allgemeine Bewegung der Fixſterne aus-
nimmt) und verrucken von dannen eben ſo wenig/ als die Fixſterne ſelb-
ſten: oder rechter zu ſagen/ ihre grauſame Hoͤhe vergoͤnnet uns nicht/ daß
wir ihre eigene Bewegung moͤchten ſpuͤhren. Und darum ſeynd ſie auch
den Kometen/ in heller Klarheit/ weit uͤberlegen: weil ſie nicht/ wie die
Kometen/ von der Sonnen/ ſondern von unzehlich-vielen Fixſternen/ er-
leuchtet werden/ zudem auch unaufhoͤrlich ſich um ihre Spindel herum-
waͤltzen/ wie alle Fixſterne von Natur thun: daher denn zum Theil ihr/
Warum die
neue Ster-
ne unge-
ſchwaͤntzt?
vor-angeruͤhrtes helles Funckeln entſtehet. Daß ſie keinen Schweiff ha-
ben/ nimmt hievon gleichfalls/ eines Theils/ ſeinen Urſprung. Denn
weil die Sonnen-Stralen nicht bis dahin reichen/ oder ſo ſie je dahin ge-
langten/ dennoch ſo nicht ſtarck genug waͤren/ einen an ſich ſelbſt finſtren
Koͤrper zu erleuchten; koͤnnte der neue Stern ihres Liechts ſich wenig er-
freuen.

Angemerckt der Sonnen-Diameter/ wenn er/ aus einem Fix-
ſtern herab/ angeblickt werden ſolte/ kaum in der Groͤſſe dreyer 111. (oder
dritter Minuten) erſcheinen/ ſolchem nach der Schweiff mitnichten uns
ſichtbar wuͤrde: ob ſchon die Materi deß neuen Sterns nicht ſonders dicht
und feſt/ ſondern mit einer luckerichten untermenget waͤre. Uberdas/ weil
die neue Sterne nur aus einem Kern/ und faſt rundem Koͤrper beſtehen/
der weder den Stralen der Sonnen/ noch der Fixſterne/ einen Durch-
gang verſtattet/ daraus eine Refraction entſpringen moͤchte (ob ſie gleich
dennoch auch ihre Dunſtkreiſe haben) ſo koͤnnen ſie weder Haar/ noch
Schweiff gewinnen.

Jedoch
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[1294/1368] Der ein und zwantzigſte Discurs/ ſes und Betruͤbtes weiſſagen: dahingegen die neue Sterne insgemein was Gutes bedeuten. Die Kometen geben gar offt gleichſam groſſe Leich- Fackeln ab/ welche/ am Himmel/ vor der Leiche hoher Potentaten/ her/ gerragen werden: hingegen nimmt man die neue Sterne gemeinlich an/ fuͤr Vorzeichen einer hohen Geburt/ oder Erhoͤhung der Macht und Glo- ri eines groſſen Haupts. Jedoch geſtehe ich gerne/ daß dieſer letzte Unter- ſcheid bisweilen ſeinen Abſatz gewinne/ indem einem oder andrem neuen Stern gleichwol auch gewaltige Veraͤndrungen nachfolgen/ die von vie- len Empoͤrungen begleitet werden. Sonſt eraͤuget ſich auch der Geburt/ und Bewegung halben/ ein groſſer Unterſcheid. Die neue Sterne entſte- hen aus den Duͤnſten der Fixſterne; die Kometen/ aus den Daͤmpffen der Wandelſterne. Jene werden Kugel-rund formirt; dieſe flach-rund/ oder Teller-artig. Die Kometen lauffen/ von einer Gegend zur andren/ und vielmals einen weiten Strich deß Himmels durch. Hingegen bleiben die neuen Sterne (dem Anſehen nach) unbeweglich/ an einer Stelle/ uͤber ei- nem Centro/ ſitzen (ſo man die allgemeine Bewegung der Fixſterne aus- nimmt) und verrucken von dannen eben ſo wenig/ als die Fixſterne ſelb- ſten: oder rechter zu ſagen/ ihre grauſame Hoͤhe vergoͤnnet uns nicht/ daß wir ihre eigene Bewegung moͤchten ſpuͤhren. Und darum ſeynd ſie auch den Kometen/ in heller Klarheit/ weit uͤberlegen: weil ſie nicht/ wie die Kometen/ von der Sonnen/ ſondern von unzehlich-vielen Fixſternen/ er- leuchtet werden/ zudem auch unaufhoͤrlich ſich um ihre Spindel herum- waͤltzen/ wie alle Fixſterne von Natur thun: daher denn zum Theil ihr/ vor-angeruͤhrtes helles Funckeln entſtehet. Daß ſie keinen Schweiff ha- ben/ nimmt hievon gleichfalls/ eines Theils/ ſeinen Urſprung. Denn weil die Sonnen-Stralen nicht bis dahin reichen/ oder ſo ſie je dahin ge- langten/ dennoch ſo nicht ſtarck genug waͤren/ einen an ſich ſelbſt finſtren Koͤrper zu erleuchten; koͤnnte der neue Stern ihres Liechts ſich wenig er- freuen. Warum die neue Ster- ne unge- ſchwaͤntzt? Angemerckt der Sonnen-Diameter/ wenn er/ aus einem Fix- ſtern herab/ angeblickt werden ſolte/ kaum in der Groͤſſe dreyer 111. (oder dritter Minuten) erſcheinen/ ſolchem nach der Schweiff mitnichten uns ſichtbar wuͤrde: ob ſchon die Materi deß neuen Sterns nicht ſonders dicht und feſt/ ſondern mit einer luckerichten untermenget waͤre. Uberdas/ weil die neue Sterne nur aus einem Kern/ und faſt rundem Koͤrper beſtehen/ der weder den Stralen der Sonnen/ noch der Fixſterne/ einen Durch- gang verſtattet/ daraus eine Refraction entſpringen moͤchte (ob ſie gleich dennoch auch ihre Dunſtkreiſe haben) ſo koͤnnen ſie weder Haar/ noch Schweiff gewinnen. Jedoch

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1368>, abgerufen am 15.06.2024.