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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
Erden rucken/ je mehr der Neigungs-Winckel wachse; gegentheils/ je
weiter sie von der Sonnen und Erden sich entziehen/ je mehr selbiger Win-
ckel/ nach eines jeglichen Planeten Bewegung/ abnehme: Wenns aber
geschehen könnte/ daß die Planeten und Kometen allezeit so genau einer-
ley Weitschafft von der Sonnen und Erden behielten/ und ihre Distantz
zwischen der Sonnen und Erd-Kugel niemals verändert würde; alsdenn
bliebe der Neigungs-Winckel auch allezeit unwandelbar/ nach aller Ma-
thematicorum Ausspruch. Diesem nach verwandelt sich auch nicht der
Satz/ daß so wol in den Grentz-Breiten (*) (oder Nodis) als an den(*) In lati-
tudinum
limitibus.

Neigungs-Winckeln der Planeten und Kometen/ nur eine sicht- und
scheinbare/ aber keine würckliche Variation oder Verändrung geschehe.
So nun der Neigungs-Winckel/ in rechter warhaffter Besindung/ un-
verändert stehet; muß folgen/ die Bewegung der Planeten und Kometen
geschehe/ in dem grössesten Zirckel/ und also die Wallfahrt der Kometen
ja so wol/ als der Planeten ihre/ in dem Himmels-Raum.

Hiernechst beglaubt er/ es sey auch die scheinbare Bewegung deß
Neigung-Winckels/ an den Kometen/ nicht irregular oder geschweiffig;
sondern aufs höchste ordinirt und regel-richtig; das ist/ besagter Winckel
werde nicht bald grösser/ bald kleiner/ sonder einige ordentliche Maß/
Weise/ und Proportion deß Lauffs; sondern nehme proportionirlich zu
und ab/ und zwar nach der elongation oder Entweitung: Denn bey zu-
nehmender elongation/ nehme der Winckel ab; und bey abnehmender
wachse er: finde sich also/ an bemeldtem Winckel/ eine wunderwürdige
und beständigst-wolgeordnete Verändrung/ und eine höchst-richtige
Ungleichheit. Derwegen/ weil schier gar kein Unterscheid/ zwischen den
Planeten und Kometen/ was die mancherley Bewegungen der Longitu-
dinis
und Latitudinis der Nodorum, und Jnclination angeht/ sich eräu-
get; müssen ungezweiffelt die Kometen so wol/ als die Planeten/ zu aller
Zeit/ in dem allergrössesten Zirckel lauffen.

Endlich sucht er auch/ in dem motu proprio oder eigenem Lauffe
deß Kometen in seinem Gleiß oder Kreise/ einen wahrscheinlichen Beweis
herfür/ daß die Kometen nicht in der Lufft hausen: und nachdem er solches
ausgeführt/ greifft er zu dem Schluß: es sey keiner/ unter allen denen
Kometen/ so er entweder selbst gesehen/ oder derer richtige Observationes
ihm zu Gesichte kommen/ anderswo/ als in dem Revier deß Himmels/ an
dem weiten Schauplatze der Sternen/ gestanden; mitnichten aber/ in der
elementarischen Welt-Gegend/ darinn ein so wol übereintreffender/ und
allerseits beständiger Lauff nimmer geschehen könne.

Der Herr Winterschild lese/ so ihms gefällt/ das dritte und vierdte

Buch

Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
Erden rucken/ je mehr der Neigungs-Winckel wachſe; gegentheils/ je
weiter ſie von der Sonnen und Erden ſich entziehen/ je mehr ſelbiger Win-
ckel/ nach eines jeglichen Planeten Bewegung/ abnehme: Wenns aber
geſchehen koͤnnte/ daß die Planeten und Kometen allezeit ſo genau einer-
ley Weitſchafft von der Sonnen und Erden behielten/ und ihre Diſtantz
zwiſchen der Sonnen und Erd-Kugel niemals veraͤndert wuͤrde; alsdenn
bliebe der Neigungs-Winckel auch allezeit unwandelbar/ nach aller Ma-
thematicorum Ausſpruch. Dieſem nach verwandelt ſich auch nicht der
Satz/ daß ſo wol in den Grentz-Breiten (*) (oder Nodis) als an den(*) In lati-
tudinum
limitibus.

Neigungs-Winckeln der Planeten und Kometen/ nur eine ſicht- und
ſcheinbare/ aber keine wuͤrckliche Variation oder Veraͤndrung geſchehe.
So nun der Neigungs-Winckel/ in rechter warhaffter Beſindung/ un-
veraͤndert ſtehet; muß folgen/ die Bewegung der Planeten und Kometen
geſchehe/ in dem groͤſſeſten Zirckel/ und alſo die Wallfahrt der Kometen
ja ſo wol/ als der Planeten ihre/ in dem Himmels-Raum.

Hiernechſt beglaubt er/ es ſey auch die ſcheinbare Bewegung deß
Neigung-Winckels/ an den Kometen/ nicht irregular oder geſchweiffig;
ſondern aufs hoͤchſte ordinirt und regel-richtig; das iſt/ beſagter Winckel
werde nicht bald groͤſſer/ bald kleiner/ ſonder einige ordentliche Maß/
Weiſe/ und Proportion deß Lauffs; ſondern nehme proportionirlich zu
und ab/ und zwar nach der elongation oder Entweitung: Denn bey zu-
nehmender elongation/ nehme der Winckel ab; und bey abnehmender
wachſe er: finde ſich alſo/ an bemeldtem Winckel/ eine wunderwuͤrdige
und beſtaͤndigſt-wolgeordnete Veraͤndrung/ und eine hoͤchſt-richtige
Ungleichheit. Derwegen/ weil ſchier gar kein Unterſcheid/ zwiſchen den
Planeten und Kometen/ was die mancherley Bewegungen der Longitu-
dinis
und Latitudinis der Nodorum, und Jnclination angeht/ ſich eraͤu-
get; muͤſſen ungezweiffelt die Kometen ſo wol/ als die Planeten/ zu aller
Zeit/ in dem allergroͤſſeſten Zirckel lauffen.

Endlich ſucht er auch/ in dem motu proprio oder eigenem Lauffe
deß Kometen in ſeinem Gleiß oder Kreiſe/ einen wahrſcheinlichen Beweis
herfuͤr/ daß die Kometen nicht in der Lufft hauſen: und nachdem er ſolches
ausgefuͤhrt/ greifft er zu dem Schluß: es ſey keiner/ unter allen denen
Kometen/ ſo er entweder ſelbſt geſehen/ oder derer richtige Obſervationes
ihm zu Geſichte kommen/ anderswo/ als in dem Revier deß Himmels/ an
dem weiten Schauplatze der Sternen/ geſtanden; mitnichten aber/ in der
elementariſchen Welt-Gegend/ darinn ein ſo wol uͤbereintreffender/ und
allerſeits beſtaͤndiger Lauff nimmer geſchehen koͤnne.

Der Herꝛ Winterſchild leſe/ ſo ihms gefaͤllt/ das dritte und vierdte

Buch
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[1183/1253] Von den Kometen/ oder Stern-Ruten. Erden rucken/ je mehr der Neigungs-Winckel wachſe; gegentheils/ je weiter ſie von der Sonnen und Erden ſich entziehen/ je mehr ſelbiger Win- ckel/ nach eines jeglichen Planeten Bewegung/ abnehme: Wenns aber geſchehen koͤnnte/ daß die Planeten und Kometen allezeit ſo genau einer- ley Weitſchafft von der Sonnen und Erden behielten/ und ihre Diſtantz zwiſchen der Sonnen und Erd-Kugel niemals veraͤndert wuͤrde; alsdenn bliebe der Neigungs-Winckel auch allezeit unwandelbar/ nach aller Ma- thematicorum Ausſpruch. Dieſem nach verwandelt ſich auch nicht der Satz/ daß ſo wol in den Grentz-Breiten (*) (oder Nodis) als an den Neigungs-Winckeln der Planeten und Kometen/ nur eine ſicht- und ſcheinbare/ aber keine wuͤrckliche Variation oder Veraͤndrung geſchehe. So nun der Neigungs-Winckel/ in rechter warhaffter Beſindung/ un- veraͤndert ſtehet; muß folgen/ die Bewegung der Planeten und Kometen geſchehe/ in dem groͤſſeſten Zirckel/ und alſo die Wallfahrt der Kometen ja ſo wol/ als der Planeten ihre/ in dem Himmels-Raum. (*) In lati- tudinum limitibus. Hiernechſt beglaubt er/ es ſey auch die ſcheinbare Bewegung deß Neigung-Winckels/ an den Kometen/ nicht irregular oder geſchweiffig; ſondern aufs hoͤchſte ordinirt und regel-richtig; das iſt/ beſagter Winckel werde nicht bald groͤſſer/ bald kleiner/ ſonder einige ordentliche Maß/ Weiſe/ und Proportion deß Lauffs; ſondern nehme proportionirlich zu und ab/ und zwar nach der elongation oder Entweitung: Denn bey zu- nehmender elongation/ nehme der Winckel ab; und bey abnehmender wachſe er: finde ſich alſo/ an bemeldtem Winckel/ eine wunderwuͤrdige und beſtaͤndigſt-wolgeordnete Veraͤndrung/ und eine hoͤchſt-richtige Ungleichheit. Derwegen/ weil ſchier gar kein Unterſcheid/ zwiſchen den Planeten und Kometen/ was die mancherley Bewegungen der Longitu- dinis und Latitudinis der Nodorum, und Jnclination angeht/ ſich eraͤu- get; muͤſſen ungezweiffelt die Kometen ſo wol/ als die Planeten/ zu aller Zeit/ in dem allergroͤſſeſten Zirckel lauffen. Endlich ſucht er auch/ in dem motu proprio oder eigenem Lauffe deß Kometen in ſeinem Gleiß oder Kreiſe/ einen wahrſcheinlichen Beweis herfuͤr/ daß die Kometen nicht in der Lufft hauſen: und nachdem er ſolches ausgefuͤhrt/ greifft er zu dem Schluß: es ſey keiner/ unter allen denen Kometen/ ſo er entweder ſelbſt geſehen/ oder derer richtige Obſervationes ihm zu Geſichte kommen/ anderswo/ als in dem Revier deß Himmels/ an dem weiten Schauplatze der Sternen/ geſtanden; mitnichten aber/ in der elementariſchen Welt-Gegend/ darinn ein ſo wol uͤbereintreffender/ und allerſeits beſtaͤndiger Lauff nimmer geſchehen koͤnne. Der Herꝛ Winterſchild leſe/ ſo ihms gefaͤllt/ das dritte und vierdte Buch

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1253>, abgerufen am 31.10.2024.