Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

trieb ich weiter, bis mich eine Welle hier unter
die Bäume an Eure Insel warf.

Ja, Insel! sagte der Fischer. Vor kurzem
war's noch eine Landspitze. Nun aber, seit
Waldstrom und See schier toll geworden sind,
sieht es ganz anders mit uns aus.

Ich merkte so etwas, sagte der Priester,
indem ich im Dunkeln das Wasser entlängst
schlich, und, ringsum nur wildes Gebrause an-
treffend, endlich schaute, wie sich ein betretner
Fußpfad grade in das Getos hinein verlor.
Nun sahe ich das Licht in Eurer Hütte, und
wagte mich hierher, wo ich denn meinem himm-
lischen Vater nicht genug danken kann, daß er
mich nach meiner Rettung aus dem Gewässer
auch noch zu so frommen Leuten geführt hat,
als zu Euch; und das um so mehr, da ich nicht
wissen kann, ob ich außer Euch Vieren noch in
diesem Leben andre Menschen wieder zu sehen
bekomme.

Wie meint Ihr das? fragte der Fischer.

Wißt Ihr denn, wie lange dieses Treiben

der

trieb ich weiter, bis mich eine Welle hier unter
die Baͤume an Eure Inſel warf.

Ja, Inſel! ſagte der Fiſcher. Vor kurzem
war’s noch eine Landſpitze. Nun aber, ſeit
Waldſtrom und See ſchier toll geworden ſind,
ſieht es ganz anders mit uns aus.

Ich merkte ſo etwas, ſagte der Prieſter,
indem ich im Dunkeln das Waſſer entlaͤngſt
ſchlich, und, ringsum nur wildes Gebrauſe an-
treffend, endlich ſchaute, wie ſich ein betretner
Fußpfad grade in das Getos hinein verlor.
Nun ſahe ich das Licht in Eurer Huͤtte, und
wagte mich hierher, wo ich denn meinem himm-
liſchen Vater nicht genug danken kann, daß er
mich nach meiner Rettung aus dem Gewaͤſſer
auch noch zu ſo frommen Leuten gefuͤhrt hat,
als zu Euch; und das um ſo mehr, da ich nicht
wiſſen kann, ob ich außer Euch Vieren noch in
dieſem Leben andre Menſchen wieder zu ſehen
bekomme.

Wie meint Ihr das? fragte der Fiſcher.

Wißt Ihr denn, wie lange dieſes Treiben

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0078" n="64"/>
trieb ich weiter, bis mich eine Welle hier unter<lb/>
die Ba&#x0364;ume an Eure In&#x017F;el warf.</p><lb/>
          <p>Ja, In&#x017F;el! &#x017F;agte der Fi&#x017F;cher. Vor kurzem<lb/>
war&#x2019;s noch eine Land&#x017F;pitze. Nun aber, &#x017F;eit<lb/>
Wald&#x017F;trom und See &#x017F;chier toll geworden &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;ieht es ganz anders mit uns aus.</p><lb/>
          <p>Ich merkte &#x017F;o etwas, &#x017F;agte der Prie&#x017F;ter,<lb/>
indem ich im Dunkeln das Wa&#x017F;&#x017F;er entla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chlich, und, ringsum nur wildes Gebrau&#x017F;e an-<lb/>
treffend, endlich &#x017F;chaute, wie &#x017F;ich ein betretner<lb/>
Fußpfad grade in das Getos hinein verlor.<lb/>
Nun &#x017F;ahe ich das Licht in Eurer Hu&#x0364;tte, und<lb/>
wagte mich hierher, wo ich denn meinem himm-<lb/>
li&#x017F;chen Vater nicht genug danken kann, daß er<lb/>
mich nach meiner Rettung aus dem Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
auch noch zu &#x017F;o frommen Leuten gefu&#x0364;hrt hat,<lb/>
als zu Euch; und das um &#x017F;o mehr, da ich nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en kann, ob ich außer Euch Vieren noch in<lb/>
die&#x017F;em Leben andre Men&#x017F;chen wieder zu &#x017F;ehen<lb/>
bekomme.</p><lb/>
          <p>Wie meint Ihr das? fragte der Fi&#x017F;cher.</p><lb/>
          <p>Wißt Ihr denn, wie lange die&#x017F;es Treiben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0078] trieb ich weiter, bis mich eine Welle hier unter die Baͤume an Eure Inſel warf. Ja, Inſel! ſagte der Fiſcher. Vor kurzem war’s noch eine Landſpitze. Nun aber, ſeit Waldſtrom und See ſchier toll geworden ſind, ſieht es ganz anders mit uns aus. Ich merkte ſo etwas, ſagte der Prieſter, indem ich im Dunkeln das Waſſer entlaͤngſt ſchlich, und, ringsum nur wildes Gebrauſe an- treffend, endlich ſchaute, wie ſich ein betretner Fußpfad grade in das Getos hinein verlor. Nun ſahe ich das Licht in Eurer Huͤtte, und wagte mich hierher, wo ich denn meinem himm- liſchen Vater nicht genug danken kann, daß er mich nach meiner Rettung aus dem Gewaͤſſer auch noch zu ſo frommen Leuten gefuͤhrt hat, als zu Euch; und das um ſo mehr, da ich nicht wiſſen kann, ob ich außer Euch Vieren noch in dieſem Leben andre Menſchen wieder zu ſehen bekomme. Wie meint Ihr das? fragte der Fiſcher. Wißt Ihr denn, wie lange dieſes Treiben der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/78
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/78>, abgerufen am 22.11.2024.