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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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Da habe er nach langen Umwegen um eben
dieser Ueberschwemmungen willen, sich Heute ge-
gen Abend dennoch genöthigt gesehn, einen über-
getretnen Arm des See's, mit Hülfe zweier gu-
ten Fährleute, zu überschiffen. -- Kaum aber,
fuhr er fort, hatte unser kleines Fahrzeug die
Wellen berührt, so brach auch schon der unge-
heure Sturm los, der noch jetzt über unsern
Häuptern fortwüthet. Es war, als hätten die
Fluthen nur auf uns gewartet, um die aller-
tollsten, strudelndsten, Tänze mit uns zu begin-
nen. Die Ruder waren bald aus meiner Füh-
rer Händen gerissen, und trieben zerschmettert
auf den Wogen weiter und weiter vor uns hin-
aus. Wir selbst flogen hülflos und der tauben
Naturkraft hingegeben, auf die Höhe des See's,
zu Euern fernen Ufern herüber, die wir schon
zwischen den Nebeln und Wasserschäumen em-
porstreben sahen. Da drehte sich endlich der
Nachen immer wilder und schwindliger; ich weiß
nicht, stürzte er um, stürzte ich heraus. Im dun-
keln Aengstigen des nahen, schrecklichen Todes

Da habe er nach langen Umwegen um eben
dieſer Ueberſchwemmungen willen, ſich Heute ge-
gen Abend dennoch genoͤthigt geſehn, einen uͤber-
getretnen Arm des See’s, mit Huͤlfe zweier gu-
ten Faͤhrleute, zu uͤberſchiffen. — Kaum aber,
fuhr er fort, hatte unſer kleines Fahrzeug die
Wellen beruͤhrt, ſo brach auch ſchon der unge-
heure Sturm los, der noch jetzt uͤber unſern
Haͤuptern fortwuͤthet. Es war, als haͤtten die
Fluthen nur auf uns gewartet, um die aller-
tollſten, ſtrudelndſten, Taͤnze mit uns zu begin-
nen. Die Ruder waren bald aus meiner Fuͤh-
rer Haͤnden geriſſen, und trieben zerſchmettert
auf den Wogen weiter und weiter vor uns hin-
aus. Wir ſelbſt flogen huͤlflos und der tauben
Naturkraft hingegeben, auf die Hoͤhe des See’s,
zu Euern fernen Ufern heruͤber, die wir ſchon
zwiſchen den Nebeln und Waſſerſchaͤumen em-
porſtreben ſahen. Da drehte ſich endlich der
Nachen immer wilder und ſchwindliger; ich weiß
nicht, ſtuͤrzte er um, ſtuͤrzte ich heraus. Im dun-
keln Aengſtigen des nahen, ſchrecklichen Todes

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[63/0077] Da habe er nach langen Umwegen um eben dieſer Ueberſchwemmungen willen, ſich Heute ge- gen Abend dennoch genoͤthigt geſehn, einen uͤber- getretnen Arm des See’s, mit Huͤlfe zweier gu- ten Faͤhrleute, zu uͤberſchiffen. — Kaum aber, fuhr er fort, hatte unſer kleines Fahrzeug die Wellen beruͤhrt, ſo brach auch ſchon der unge- heure Sturm los, der noch jetzt uͤber unſern Haͤuptern fortwuͤthet. Es war, als haͤtten die Fluthen nur auf uns gewartet, um die aller- tollſten, ſtrudelndſten, Taͤnze mit uns zu begin- nen. Die Ruder waren bald aus meiner Fuͤh- rer Haͤnden geriſſen, und trieben zerſchmettert auf den Wogen weiter und weiter vor uns hin- aus. Wir ſelbſt flogen huͤlflos und der tauben Naturkraft hingegeben, auf die Hoͤhe des See’s, zu Euern fernen Ufern heruͤber, die wir ſchon zwiſchen den Nebeln und Waſſerſchaͤumen em- porſtreben ſahen. Da drehte ſich endlich der Nachen immer wilder und ſchwindliger; ich weiß nicht, ſtuͤrzte er um, ſtuͤrzte ich heraus. Im dun- keln Aengſtigen des nahen, ſchrecklichen Todes

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/77>, abgerufen am 22.11.2024.