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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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ren Wolken hinein: Du! Du! Hüte Dich, daß
Du uns nicht naß machst; wir sind noch lange
nicht unter Dach. -- Der Alte verwies ihr
solches als eine sündhafte Vermessenheit; aber sie
kicherte leise vor sich hin, und es widerfuhr auch
Niemanden etwas Uebles darum. Vielmehr ge-
langten alle drei, wider Vermuthen, mit ihrer
Beute trocken an den behaglichen Heerd, und
erst, als man das Faß geöffnet, und erprobt
hatte, daß es einen wundersam trefflichen Wein
enthalte, riß sich der Regen aus dem dunkeln
Gewölke los, und rauschte der Sturm durch die
Wipfel der Bäume und über des See's empörte
Wogen hin.

Einige Flaschen waren bald aus dem gro-
ßen Fasse gefüllt, das für viele Tage Vorrath
verhieß, man saß trinkend und scherzend, und
heimisch gesichert vor dem tobenden Unwetter,
an der Glut des Heerdes beisammen. Da sag-
te der alte Fischer, und ward plötzlich sehr ernst:
ach großer Gott, wir freuen uns hier der edlen

ren Wolken hinein: Du! Du! Huͤte Dich, daß
Du uns nicht naß machſt; wir ſind noch lange
nicht unter Dach. — Der Alte verwies ihr
ſolches als eine ſuͤndhafte Vermeſſenheit; aber ſie
kicherte leiſe vor ſich hin, und es widerfuhr auch
Niemanden etwas Uebles darum. Vielmehr ge-
langten alle drei, wider Vermuthen, mit ihrer
Beute trocken an den behaglichen Heerd, und
erſt, als man das Faß geoͤffnet, und erprobt
hatte, daß es einen wunderſam trefflichen Wein
enthalte, riß ſich der Regen aus dem dunkeln
Gewoͤlke los, und rauſchte der Sturm durch die
Wipfel der Baͤume und uͤber des See’s empoͤrte
Wogen hin.

Einige Flaſchen waren bald aus dem gro-
ßen Faſſe gefuͤllt, das fuͤr viele Tage Vorrath
verhieß, man ſaß trinkend und ſcherzend, und
heimiſch geſichert vor dem tobenden Unwetter,
an der Glut des Heerdes beiſammen. Da ſag-
te der alte Fiſcher, und ward ploͤtzlich ſehr ernſt:
ach großer Gott, wir freuen uns hier der edlen

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[55/0069] ren Wolken hinein: Du! Du! Huͤte Dich, daß Du uns nicht naß machſt; wir ſind noch lange nicht unter Dach. — Der Alte verwies ihr ſolches als eine ſuͤndhafte Vermeſſenheit; aber ſie kicherte leiſe vor ſich hin, und es widerfuhr auch Niemanden etwas Uebles darum. Vielmehr ge- langten alle drei, wider Vermuthen, mit ihrer Beute trocken an den behaglichen Heerd, und erſt, als man das Faß geoͤffnet, und erprobt hatte, daß es einen wunderſam trefflichen Wein enthalte, riß ſich der Regen aus dem dunkeln Gewoͤlke los, und rauſchte der Sturm durch die Wipfel der Baͤume und uͤber des See’s empoͤrte Wogen hin. Einige Flaſchen waren bald aus dem gro- ßen Faſſe gefuͤllt, das fuͤr viele Tage Vorrath verhieß, man ſaß trinkend und ſcherzend, und heimiſch geſichert vor dem tobenden Unwetter, an der Glut des Heerdes beiſammen. Da ſag- te der alte Fiſcher, und ward ploͤtzlich ſehr ernſt: ach großer Gott, wir freuen uns hier der edlen

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/69>, abgerufen am 02.05.2024.