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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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vornehmen zu lassen. -- Meine Frau und ich
dachten so: ist sie nicht getauft, so giebt's da
nichts zu zögern; ist sie es aber doch, so kann
bei guten Dingen zu wenig eher schaden, als zu
viel. Und dem zu Folge sannen wir auf einen
guten Namen für das Kind, das wir ohnehin
noch nicht ordentlich zu rufen wußten. Wir mein-
ten endlich, Dorothea werde sich am besten für
sie schicken, weil ich einmal gehört hatte, das
heiße Gottesgabe, und sie uns doch von Gott
als eine Gabe zugesandt war, als ein Trost in
unserm Elend. Sie hingegen wollte nichts da-
von hören, und meinte, Undine sei sie von ih-
ren Aeltern genannt worden, Undine wolle sie
auch ferner heissen. Nun kam mir das wie ein
heidnischer Name vor, der in keinem Kalender
stehe, und ich holte mir deshalben Rath bei ei-
nem Priester in der Stadt. Der wollte auch
nichts von dem Undinen-Namen hören, und kam
auf mein vieles Bitten mit mir durch den ver-
wunderlichen Wald, zu Vollziehung der Tauf-
handlung, hier herein in meine Hütte. Die

vornehmen zu laſſen. — Meine Frau und ich
dachten ſo: iſt ſie nicht getauft, ſo giebt’s da
nichts zu zoͤgern; iſt ſie es aber doch, ſo kann
bei guten Dingen zu wenig eher ſchaden, als zu
viel. Und dem zu Folge ſannen wir auf einen
guten Namen fuͤr das Kind, das wir ohnehin
noch nicht ordentlich zu rufen wußten. Wir mein-
ten endlich, Dorothea werde ſich am beſten fuͤr
ſie ſchicken, weil ich einmal gehoͤrt hatte, das
heiße Gottesgabe, und ſie uns doch von Gott
als eine Gabe zugeſandt war, als ein Troſt in
unſerm Elend. Sie hingegen wollte nichts da-
von hoͤren, und meinte, Undine ſei ſie von ih-
ren Aeltern genannt worden, Undine wolle ſie
auch ferner heiſſen. Nun kam mir das wie ein
heidniſcher Name vor, der in keinem Kalender
ſtehe, und ich holte mir deshalben Rath bei ei-
nem Prieſter in der Stadt. Der wollte auch
nichts von dem Undinen-Namen hoͤren, und kam
auf mein vieles Bitten mit mir durch den ver-
wunderlichen Wald, zu Vollziehung der Tauf-
handlung, hier herein in meine Huͤtte. Die

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[25/0039] vornehmen zu laſſen. — Meine Frau und ich dachten ſo: iſt ſie nicht getauft, ſo giebt’s da nichts zu zoͤgern; iſt ſie es aber doch, ſo kann bei guten Dingen zu wenig eher ſchaden, als zu viel. Und dem zu Folge ſannen wir auf einen guten Namen fuͤr das Kind, das wir ohnehin noch nicht ordentlich zu rufen wußten. Wir mein- ten endlich, Dorothea werde ſich am beſten fuͤr ſie ſchicken, weil ich einmal gehoͤrt hatte, das heiße Gottesgabe, und ſie uns doch von Gott als eine Gabe zugeſandt war, als ein Troſt in unſerm Elend. Sie hingegen wollte nichts da- von hoͤren, und meinte, Undine ſei ſie von ih- ren Aeltern genannt worden, Undine wolle ſie auch ferner heiſſen. Nun kam mir das wie ein heidniſcher Name vor, der in keinem Kalender ſtehe, und ich holte mir deshalben Rath bei ei- nem Prieſter in der Stadt. Der wollte auch nichts von dem Undinen-Namen hoͤren, und kam auf mein vieles Bitten mit mir durch den ver- wunderlichen Wald, zu Vollziehung der Tauf- handlung, hier herein in meine Huͤtte. Die

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/39>, abgerufen am 28.03.2024.