Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.sie ein Meerfräulein war. Mein ist das Un- Kaum aber, daß sie die Augen geschlossen ſie ein Meerfraͤulein war. Mein iſt das Un- Kaum aber, daß ſie die Augen geſchloſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0170" n="156"/> ſie ein Meerfraͤulein war. Mein iſt das Un-<lb/> heil, das jeden meiner Schritte durch der tollen<lb/> Verwandtſchaft Grillen bannt und ſtoͤrt, aber<lb/> mein iſt nicht die Schuld. — Durch ſolcherlei<lb/> Gedanken fuͤhlte er ſich einigermaaßen geſtaͤrkt,<lb/> aber dagegen ward er immer verdrießlicher, ja<lb/> feindſeeliger, wider Undinen geſtimmt. Er ſah<lb/> ſie ſchon mit muͤrriſchen Blicken an, und die<lb/> arme Frau verſtand deren Bedeutung wohl.<lb/> Dadurch, und durch die beſtaͤndige Anſtrengung<lb/> wider Kuͤhleborns Liſten erſchoͤpft, ſank ſie ge-<lb/> gen Abend, von der ſanftgleitenden Barke ange-<lb/> nehm gewiegt, in einen tiefen Schlaf.</p><lb/> <p>Kaum aber, daß ſie die Augen geſchloſſen<lb/> hatte, ſo waͤhnte Jedermann im Schiffe, nach<lb/> der Seite, wo er grade hinausſah, ein ganz<lb/> abſcheuliches Menſchenhaupt zu erblicken, das<lb/> ſich aus den Wellen emporhob, nicht wie das<lb/> eines Schwimmenden, ſondern ganz ſenkrecht,<lb/> wie auf den Waſſerſpiegel grade eingepfaͤhlt,<lb/> aber mitſchwimmend, ſo wie die Barke ſchwamm.<lb/> Jeder wollte dem Andern zeigen, was ihn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0170]
ſie ein Meerfraͤulein war. Mein iſt das Un-
heil, das jeden meiner Schritte durch der tollen
Verwandtſchaft Grillen bannt und ſtoͤrt, aber
mein iſt nicht die Schuld. — Durch ſolcherlei
Gedanken fuͤhlte er ſich einigermaaßen geſtaͤrkt,
aber dagegen ward er immer verdrießlicher, ja
feindſeeliger, wider Undinen geſtimmt. Er ſah
ſie ſchon mit muͤrriſchen Blicken an, und die
arme Frau verſtand deren Bedeutung wohl.
Dadurch, und durch die beſtaͤndige Anſtrengung
wider Kuͤhleborns Liſten erſchoͤpft, ſank ſie ge-
gen Abend, von der ſanftgleitenden Barke ange-
nehm gewiegt, in einen tiefen Schlaf.
Kaum aber, daß ſie die Augen geſchloſſen
hatte, ſo waͤhnte Jedermann im Schiffe, nach
der Seite, wo er grade hinausſah, ein ganz
abſcheuliches Menſchenhaupt zu erblicken, das
ſich aus den Wellen emporhob, nicht wie das
eines Schwimmenden, ſondern ganz ſenkrecht,
wie auf den Waſſerſpiegel grade eingepfaͤhlt,
aber mitſchwimmend, ſo wie die Barke ſchwamm.
Jeder wollte dem Andern zeigen, was ihn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |