Kühleborn wieder gewaltig? -- Laß' ihn nur kommen, entgegnete sie lachend; ich bin ja da- bei, und vor mir wagt er sich mit keinem Un- heil hervor. -- Damit war das letzte Hinder- niß gehoben, man rüstete sich zur Fahrt, und trat sie alsbald mit frischem Muth und den heitersten Hoffnungen an.
Wundert Euch aber nur nicht, Ihr Men- schen, wenn es dann immer ganz anders kommt, als man gemeint hat. Die tückische Macht, die lauert, uns zu verderben, singt ihr auser- kornes Opfer gern mit süßen Liedern und gold- nen Mährchen in den Schlaf. Dagegen pocht der rettende Himmelsbote oftmals scharf und erschreckend an unsre Thür.
Sie waren die ersten Tage ihrer Donau- fahrt hindurch außerordentlich vergnügt gewe- sen. Es ward auch Alles immer besser und schöner, so wie sie den stolzer fluthenden Strom weiter hinunterschifften. Aber in einer sonst höchst anmuthigen Gegend, von deren erfreuli- chem Anblick sie sich die beste Freude versprochen
Kuͤhleborn wieder gewaltig? — Laß’ ihn nur kommen, entgegnete ſie lachend; ich bin ja da- bei, und vor mir wagt er ſich mit keinem Un- heil hervor. — Damit war das letzte Hinder- niß gehoben, man ruͤſtete ſich zur Fahrt, und trat ſie alsbald mit friſchem Muth und den heiterſten Hoffnungen an.
Wundert Euch aber nur nicht, Ihr Men- ſchen, wenn es dann immer ganz anders kommt, als man gemeint hat. Die tuͤckiſche Macht, die lauert, uns zu verderben, ſingt ihr auser- kornes Opfer gern mit ſuͤßen Liedern und gold- nen Maͤhrchen in den Schlaf. Dagegen pocht der rettende Himmelsbote oftmals ſcharf und erſchreckend an unſre Thuͤr.
Sie waren die erſten Tage ihrer Donau- fahrt hindurch außerordentlich vergnuͤgt gewe- ſen. Es ward auch Alles immer beſſer und ſchoͤner, ſo wie ſie den ſtolzer fluthenden Strom weiter hinunterſchifften. Aber in einer ſonſt hoͤchſt anmuthigen Gegend, von deren erfreuli- chem Anblick ſie ſich die beſte Freude verſprochen
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Kuͤhleborn wieder gewaltig? — Laß’ ihn nur
kommen, entgegnete ſie lachend; ich bin ja da-
bei, und vor mir wagt er ſich mit keinem Un-
heil hervor. — Damit war das letzte Hinder-
niß gehoben, man ruͤſtete ſich zur Fahrt, und
trat ſie alsbald mit friſchem Muth und den
heiterſten Hoffnungen an.
Wundert Euch aber nur nicht, Ihr Men-
ſchen, wenn es dann immer ganz anders kommt,
als man gemeint hat. Die tuͤckiſche Macht,
die lauert, uns zu verderben, ſingt ihr auser-
kornes Opfer gern mit ſuͤßen Liedern und gold-
nen Maͤhrchen in den Schlaf. Dagegen pocht
der rettende Himmelsbote oftmals ſcharf und
erſchreckend an unſre Thuͤr.
Sie waren die erſten Tage ihrer Donau-
fahrt hindurch außerordentlich vergnuͤgt gewe-
ſen. Es ward auch Alles immer beſſer und
ſchoͤner, ſo wie ſie den ſtolzer fluthenden Strom
weiter hinunterſchifften. Aber in einer ſonſt
hoͤchſt anmuthigen Gegend, von deren erfreuli-
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/168>, abgerufen am 16.07.2024.
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