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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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laufen, und rief, man solle innehalten; aus die-
sem Brunnen lasse sie das Waschwasser holen,
welches ihrer Haut so vortheilhaft sei, und sie
werde nimmermehr zugeben, daß man ihn ver-
schliesse. Undine aber blieb diesmal, obgleich
auf gewohnte Weise sanft, dennoch auf unge-
wohnte Weise, bei ihrer Meinung fest; sie sagte,
als Hausfrau gebühre ihr, alle Anordnungen
der Wirthschaft nach bester Ueberzeugung einzu-
richten, und Niemand habe sie darüber Rechen-
schaft abzulegen, als ihrem Ehgemahl und
Herrn. -- Seht, o seht doch, rief Bertalda
unwillig und ängstlich, das arme, schöne Wasser
kräuselt sich und windet sich, weil es vor der
klaren Sonne versteckt werden soll, und vor dem
erfreulichen Anblick der Menschengesichter, zu de-
ren Spiegel es erschaffen ist! -- In der That
zischte und regte sich die Fluth im Borne ganz
wunderlich; es war, als wolle sich etwas daraus
hervorringen, aber Undine drang nur um so
ernstlicher auf die Erfüllung ihrer Befehle. Es
brauchte dieses Ernstes kaum. Das Schloßgesind'

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laufen, und rief, man ſolle innehalten; aus die-
ſem Brunnen laſſe ſie das Waſchwaſſer holen,
welches ihrer Haut ſo vortheilhaft ſei, und ſie
werde nimmermehr zugeben, daß man ihn ver-
ſchlieſſe. Undine aber blieb diesmal, obgleich
auf gewohnte Weiſe ſanft, dennoch auf unge-
wohnte Weiſe, bei ihrer Meinung feſt; ſie ſagte,
als Hausfrau gebuͤhre ihr, alle Anordnungen
der Wirthſchaft nach beſter Ueberzeugung einzu-
richten, und Niemand habe ſie daruͤber Rechen-
ſchaft abzulegen, als ihrem Ehgemahl und
Herrn. — Seht, o ſeht doch, rief Bertalda
unwillig und aͤngſtlich, das arme, ſchoͤne Waſſer
kraͤuſelt ſich und windet ſich, weil es vor der
klaren Sonne verſteckt werden ſoll, und vor dem
erfreulichen Anblick der Menſchengeſichter, zu de-
ren Spiegel es erſchaffen iſt! — In der That
ziſchte und regte ſich die Fluth im Borne ganz
wunderlich; es war, als wolle ſich etwas daraus
hervorringen, aber Undine drang nur um ſo
ernſtlicher auf die Erfuͤllung ihrer Befehle. Es
brauchte dieſes Ernſtes kaum. Das Schloßgeſind’

J
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[129/0143] laufen, und rief, man ſolle innehalten; aus die- ſem Brunnen laſſe ſie das Waſchwaſſer holen, welches ihrer Haut ſo vortheilhaft ſei, und ſie werde nimmermehr zugeben, daß man ihn ver- ſchlieſſe. Undine aber blieb diesmal, obgleich auf gewohnte Weiſe ſanft, dennoch auf unge- wohnte Weiſe, bei ihrer Meinung feſt; ſie ſagte, als Hausfrau gebuͤhre ihr, alle Anordnungen der Wirthſchaft nach beſter Ueberzeugung einzu- richten, und Niemand habe ſie daruͤber Rechen- ſchaft abzulegen, als ihrem Ehgemahl und Herrn. — Seht, o ſeht doch, rief Bertalda unwillig und aͤngſtlich, das arme, ſchoͤne Waſſer kraͤuſelt ſich und windet ſich, weil es vor der klaren Sonne verſteckt werden ſoll, und vor dem erfreulichen Anblick der Menſchengeſichter, zu de- ren Spiegel es erſchaffen iſt! — In der That ziſchte und regte ſich die Fluth im Borne ganz wunderlich; es war, als wolle ſich etwas daraus hervorringen, aber Undine drang nur um ſo ernſtlicher auf die Erfuͤllung ihrer Befehle. Es brauchte dieſes Ernſtes kaum. Das Schloßgeſind’ J

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/143>, abgerufen am 06.05.2024.