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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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drohend vor Beide, vorzüglich aber vor Bertal-
den hin, so daß diese schon einigemal vor Schre-
cken krank darnieder gelegen hatte, und manch-
mal daran dachte, die Burg zu verlaßen. Theils
aber war ihr Huldbrand allzu lieb, und sie
stützte sich dabei auf ihre Unschuld, weil es nie
zu einer eigentlichen Erklärung unter ihnen ge-
kommen war; theils auch wußte sie nicht, wo-
hin sie sonst ihre Schritte richten solle. Der
alte Fischer hatte auf des Herrn von Ringstet-
tens Bothschaft, daß Bertalda bei ihm sei, mit
einigen schwer zu lesenden Federzügen, so wie
sie ihm Alter und lange Entwöhnung verstatte-
ten, geantwortet: ich bin nun ein armer alter
Wittwer worden, denn meine liebe treue Frau
ist mir erstorben. Wie sehr ich aber auch allein
in der Hütten sitzen mag, Bertalda ist mir lie-
ber dort, als bei mir. Nur daß sie meiner lie-
ben Undine nichts zu Leide thue! Sonst hätte
sie meinen Fluch. -- Die letztern Worte schlug
Bertalda in den Wind, aber das wegen des
Wegbleibens von dem Vater behielt sie gut, so

drohend vor Beide, vorzuͤglich aber vor Bertal-
den hin, ſo daß dieſe ſchon einigemal vor Schre-
cken krank darnieder gelegen hatte, und manch-
mal daran dachte, die Burg zu verlaßen. Theils
aber war ihr Huldbrand allzu lieb, und ſie
ſtuͤtzte ſich dabei auf ihre Unſchuld, weil es nie
zu einer eigentlichen Erklaͤrung unter ihnen ge-
kommen war; theils auch wußte ſie nicht, wo-
hin ſie ſonſt ihre Schritte richten ſolle. Der
alte Fiſcher hatte auf des Herrn von Ringſtet-
tens Bothſchaft, daß Bertalda bei ihm ſei, mit
einigen ſchwer zu leſenden Federzuͤgen, ſo wie
ſie ihm Alter und lange Entwoͤhnung verſtatte-
ten, geantwortet: ich bin nun ein armer alter
Wittwer worden, denn meine liebe treue Frau
iſt mir erſtorben. Wie ſehr ich aber auch allein
in der Huͤtten ſitzen mag, Bertalda iſt mir lie-
ber dort, als bei mir. Nur daß ſie meiner lie-
ben Undine nichts zu Leide thue! Sonſt haͤtte
ſie meinen Fluch. — Die letztern Worte ſchlug
Bertalda in den Wind, aber das wegen des
Wegbleibens von dem Vater behielt ſie gut, ſo

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[127/0141] drohend vor Beide, vorzuͤglich aber vor Bertal- den hin, ſo daß dieſe ſchon einigemal vor Schre- cken krank darnieder gelegen hatte, und manch- mal daran dachte, die Burg zu verlaßen. Theils aber war ihr Huldbrand allzu lieb, und ſie ſtuͤtzte ſich dabei auf ihre Unſchuld, weil es nie zu einer eigentlichen Erklaͤrung unter ihnen ge- kommen war; theils auch wußte ſie nicht, wo- hin ſie ſonſt ihre Schritte richten ſolle. Der alte Fiſcher hatte auf des Herrn von Ringſtet- tens Bothſchaft, daß Bertalda bei ihm ſei, mit einigen ſchwer zu leſenden Federzuͤgen, ſo wie ſie ihm Alter und lange Entwoͤhnung verſtatte- ten, geantwortet: ich bin nun ein armer alter Wittwer worden, denn meine liebe treue Frau iſt mir erſtorben. Wie ſehr ich aber auch allein in der Huͤtten ſitzen mag, Bertalda iſt mir lie- ber dort, als bei mir. Nur daß ſie meiner lie- ben Undine nichts zu Leide thue! Sonſt haͤtte ſie meinen Fluch. — Die letztern Worte ſchlug Bertalda in den Wind, aber das wegen des Wegbleibens von dem Vater behielt ſie gut, ſo

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/141>, abgerufen am 26.11.2024.