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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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auch genug; wir wollen uns nicht mit tausend-
fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln,
sondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein-
mal so gekommen war, wie ich es vorhin sagte.
Die arme Undine war sehr betrübt, die andern
Beiden waren auch nicht eben vergnügt; sonder-
lich meinte Bertalda bei der geringsten Abwei-
chung von dem, was sie wünschte, den eifersüch-
tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu spüren.
Sie hatte sich deshalb ordentlich ein herrisches
Wesen angewöhnt, dem Undine in wehmüthiger
Entsagung nachgab, und das durch den verblen-
deten Huldbrand gewöhnlich auf's entschiedenste
unterstützt ward. -- Was die Burggesellschaft
noch mehr verstörte, waren allerhand wunder-
liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal-
den in den gewölbten Gängen des Schlosses
begegneten, und von denen vorher seit Menschen-
gedenken nichts gehört worden war. Der lange,
weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim
Kühleborn, Bertalda den gespenstischen Brun-
nenmeister nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

auch genug; wir wollen uns nicht mit tauſend-
fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln,
ſondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein-
mal ſo gekommen war, wie ich es vorhin ſagte.
Die arme Undine war ſehr betruͤbt, die andern
Beiden waren auch nicht eben vergnuͤgt; ſonder-
lich meinte Bertalda bei der geringſten Abwei-
chung von dem, was ſie wuͤnſchte, den eiferſuͤch-
tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu ſpuͤren.
Sie hatte ſich deshalb ordentlich ein herriſches
Weſen angewoͤhnt, dem Undine in wehmuͤthiger
Entſagung nachgab, und das durch den verblen-
deten Huldbrand gewoͤhnlich auf’s entſchiedenſte
unterſtuͤtzt ward. — Was die Burggeſellſchaft
noch mehr verſtoͤrte, waren allerhand wunder-
liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal-
den in den gewoͤlbten Gaͤngen des Schloſſes
begegneten, und von denen vorher ſeit Menſchen-
gedenken nichts gehoͤrt worden war. Der lange,
weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim
Kuͤhleborn, Bertalda den geſpenſtiſchen Brun-
nenmeiſter nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

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[126/0140] auch genug; wir wollen uns nicht mit tauſend- fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln, ſondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein- mal ſo gekommen war, wie ich es vorhin ſagte. Die arme Undine war ſehr betruͤbt, die andern Beiden waren auch nicht eben vergnuͤgt; ſonder- lich meinte Bertalda bei der geringſten Abwei- chung von dem, was ſie wuͤnſchte, den eiferſuͤch- tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu ſpuͤren. Sie hatte ſich deshalb ordentlich ein herriſches Weſen angewoͤhnt, dem Undine in wehmuͤthiger Entſagung nachgab, und das durch den verblen- deten Huldbrand gewoͤhnlich auf’s entſchiedenſte unterſtuͤtzt ward. — Was die Burggeſellſchaft noch mehr verſtoͤrte, waren allerhand wunder- liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal- den in den gewoͤlbten Gaͤngen des Schloſſes begegneten, und von denen vorher ſeit Menſchen- gedenken nichts gehoͤrt worden war. Der lange, weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim Kuͤhleborn, Bertalda den geſpenſtiſchen Brun- nenmeiſter nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/140>, abgerufen am 06.05.2024.