Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

rath habt Ihr denn gethan, daß Ihr Eure
Verwandten nicht mehr kennt? Wißt Ihr denn
nicht vom Oheim Kühleborn, der Euch auf sei-
nem Rücken so treu in diese Gegend trug? --
Ich bitte Euch aber, entgegnete Undine, daß
Ihr Euch nicht wieder vor mir sehn laßt. Jetzt
fürcht' ich Euch; und soll mein Mann mich
scheuen lernen, wenn er mich in so seltsamer
Gesellschaft und Verwandtschaft sieht? -- Nicht-
chen, sagte Kühleborn, Ihr müßt nicht vergessen,
daß ich hier zum Geleiter bei Euch bin; die
spukenden Erdgeister möchten sonst dummen Spaß
mit Euch treiben. Laßt mich also doch immer
ruhig mitgehn; der alte Priester dort wußte sich
übrigens meiner besser zu erinnern, als Ihr es
zu thun scheint, denn er versicherte vorhin, ich
käme ihm sehr bekannt vor und ich müsse wohl
mit im Nachen gewesen sein, auf dem er in's
Wasser fiel. Das war ich auch freilich, denn
ich war just die Wasserhose, die ihn herausriß,
und schwemmte ihn hernach zu Deiner Trauung
vollends an's Land.


rath habt Ihr denn gethan, daß Ihr Eure
Verwandten nicht mehr kennt? Wißt Ihr denn
nicht vom Oheim Kuͤhleborn, der Euch auf ſei-
nem Ruͤcken ſo treu in dieſe Gegend trug? —
Ich bitte Euch aber, entgegnete Undine, daß
Ihr Euch nicht wieder vor mir ſehn laßt. Jetzt
fuͤrcht’ ich Euch; und ſoll mein Mann mich
ſcheuen lernen, wenn er mich in ſo ſeltſamer
Geſellſchaft und Verwandtſchaft ſieht? — Nicht-
chen, ſagte Kuͤhleborn, Ihr muͤßt nicht vergeſſen,
daß ich hier zum Geleiter bei Euch bin; die
ſpukenden Erdgeiſter moͤchten ſonſt dummen Spaß
mit Euch treiben. Laßt mich alſo doch immer
ruhig mitgehn; der alte Prieſter dort wußte ſich
uͤbrigens meiner beſſer zu erinnern, als Ihr es
zu thun ſcheint, denn er verſicherte vorhin, ich
kaͤme ihm ſehr bekannt vor und ich muͤſſe wohl
mit im Nachen geweſen ſein, auf dem er in’s
Waſſer fiel. Das war ich auch freilich, denn
ich war juſt die Waſſerhoſe, die ihn herausriß,
und ſchwemmte ihn hernach zu Deiner Trauung
vollends an’s Land.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="94"/>
rath habt Ihr denn gethan, daß Ihr Eure<lb/>
Verwandten nicht mehr kennt? Wißt Ihr denn<lb/>
nicht vom Oheim Ku&#x0364;hleborn, der Euch auf &#x017F;ei-<lb/>
nem Ru&#x0364;cken &#x017F;o treu in die&#x017F;e Gegend trug? &#x2014;<lb/>
Ich bitte Euch aber, entgegnete Undine, daß<lb/>
Ihr Euch nicht wieder vor mir &#x017F;ehn laßt. Jetzt<lb/>
fu&#x0364;rcht&#x2019; ich Euch; und &#x017F;oll mein Mann mich<lb/>
&#x017F;cheuen lernen, wenn er mich in &#x017F;o &#x017F;elt&#x017F;amer<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft und Verwandt&#x017F;chaft &#x017F;ieht? &#x2014; Nicht-<lb/>
chen, &#x017F;agte Ku&#x0364;hleborn, Ihr mu&#x0364;ßt nicht verge&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß ich hier zum Geleiter bei Euch bin; die<lb/>
&#x017F;pukenden Erdgei&#x017F;ter mo&#x0364;chten &#x017F;on&#x017F;t dummen Spaß<lb/>
mit Euch treiben. Laßt mich al&#x017F;o doch immer<lb/>
ruhig mitgehn; der alte Prie&#x017F;ter dort wußte &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;brigens meiner be&#x017F;&#x017F;er zu erinnern, als Ihr es<lb/>
zu thun &#x017F;cheint, denn er ver&#x017F;icherte vorhin, ich<lb/>
ka&#x0364;me ihm &#x017F;ehr bekannt vor und ich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wohl<lb/>
mit im Nachen gewe&#x017F;en &#x017F;ein, auf dem er in&#x2019;s<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er fiel. Das war ich auch freilich, denn<lb/>
ich war ju&#x017F;t die Wa&#x017F;&#x017F;erho&#x017F;e, die ihn herausriß,<lb/>
und &#x017F;chwemmte ihn hernach zu Deiner Trauung<lb/>
vollends an&#x2019;s Land.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0108] rath habt Ihr denn gethan, daß Ihr Eure Verwandten nicht mehr kennt? Wißt Ihr denn nicht vom Oheim Kuͤhleborn, der Euch auf ſei- nem Ruͤcken ſo treu in dieſe Gegend trug? — Ich bitte Euch aber, entgegnete Undine, daß Ihr Euch nicht wieder vor mir ſehn laßt. Jetzt fuͤrcht’ ich Euch; und ſoll mein Mann mich ſcheuen lernen, wenn er mich in ſo ſeltſamer Geſellſchaft und Verwandtſchaft ſieht? — Nicht- chen, ſagte Kuͤhleborn, Ihr muͤßt nicht vergeſſen, daß ich hier zum Geleiter bei Euch bin; die ſpukenden Erdgeiſter moͤchten ſonſt dummen Spaß mit Euch treiben. Laßt mich alſo doch immer ruhig mitgehn; der alte Prieſter dort wußte ſich uͤbrigens meiner beſſer zu erinnern, als Ihr es zu thun ſcheint, denn er verſicherte vorhin, ich kaͤme ihm ſehr bekannt vor und ich muͤſſe wohl mit im Nachen geweſen ſein, auf dem er in’s Waſſer fiel. Das war ich auch freilich, denn ich war juſt die Waſſerhoſe, die ihn herausriß, und ſchwemmte ihn hernach zu Deiner Trauung vollends an’s Land.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/108
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/108>, abgerufen am 06.05.2024.