Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

Undine und der Ritter sahen nach Pater
Heilmann; der aber schien in einem wandeln-
den Traume fortzugehn, und von Allem, was
gesprochen ward, nichts mehr zu vernehmen.
Da sagte Undine zu Kühleborn: ich sehe dort
schon das Ende des Waldes. Wir brauchen
Eurer Hülfe nicht mehr, und nichts macht uns
Grauen als Ihr. Drum bitt' Euch in Lieb'
und Güte, verschwindet, und laßt uns in Frie-
den ziehn. -- Darüber schien Kühleborn unwil-
lig zu werden; er zog ein häßliches Gesicht, und
grinzte Undinen an, die laut aufschrie, und ih-
ren Freund zu Hülfe rief. Wie ein Blitz war
der Ritter um das Pferd herum, und schwang
die scharfe Klinge gegen Kühleborns Haupt.
Aber er hieb in einen Wasserfall, der von einer
hohen Klippe neben ihnen herabschäumte, und
sie plötzlich mit einem Geplätscher, das beinahe
wie Lachen klang, übergoß, und bis auf die
Haut durchnetzte. Der Priester sagte, wie plötz-
lich erwachend: das hab' ich lange gedacht, weil
der Bach so dicht auf der Anhöhe neben uns

Undine und der Ritter ſahen nach Pater
Heilmann; der aber ſchien in einem wandeln-
den Traume fortzugehn, und von Allem, was
geſprochen ward, nichts mehr zu vernehmen.
Da ſagte Undine zu Kuͤhleborn: ich ſehe dort
ſchon das Ende des Waldes. Wir brauchen
Eurer Huͤlfe nicht mehr, und nichts macht uns
Grauen als Ihr. Drum bitt’ Euch in Lieb’
und Guͤte, verſchwindet, und laßt uns in Frie-
den ziehn. — Daruͤber ſchien Kuͤhleborn unwil-
lig zu werden; er zog ein haͤßliches Geſicht, und
grinzte Undinen an, die laut aufſchrie, und ih-
ren Freund zu Huͤlfe rief. Wie ein Blitz war
der Ritter um das Pferd herum, und ſchwang
die ſcharfe Klinge gegen Kuͤhleborns Haupt.
Aber er hieb in einen Waſſerfall, der von einer
hohen Klippe neben ihnen herabſchaͤumte, und
ſie ploͤtzlich mit einem Geplaͤtſcher, das beinahe
wie Lachen klang, uͤbergoß, und bis auf die
Haut durchnetzte. Der Prieſter ſagte, wie ploͤtz-
lich erwachend: das hab’ ich lange gedacht, weil
der Bach ſo dicht auf der Anhoͤhe neben uns

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0109" n="95"/>
          <p>Undine und der Ritter &#x017F;ahen nach Pater<lb/>
Heilmann; der aber &#x017F;chien in einem wandeln-<lb/>
den Traume fortzugehn, und von Allem, was<lb/>
ge&#x017F;prochen ward, nichts mehr zu vernehmen.<lb/>
Da &#x017F;agte Undine zu Ku&#x0364;hleborn: ich &#x017F;ehe dort<lb/>
&#x017F;chon das Ende des Waldes. Wir brauchen<lb/>
Eurer Hu&#x0364;lfe nicht mehr, und nichts macht uns<lb/>
Grauen als Ihr. Drum bitt&#x2019; Euch in Lieb&#x2019;<lb/>
und Gu&#x0364;te, ver&#x017F;chwindet, und laßt uns in Frie-<lb/>
den ziehn. &#x2014; Daru&#x0364;ber &#x017F;chien Ku&#x0364;hleborn unwil-<lb/>
lig zu werden; er zog ein ha&#x0364;ßliches Ge&#x017F;icht, und<lb/>
grinzte Undinen an, die laut auf&#x017F;chrie, und ih-<lb/>
ren Freund zu Hu&#x0364;lfe rief. Wie ein Blitz war<lb/>
der Ritter um das Pferd herum, und &#x017F;chwang<lb/>
die &#x017F;charfe Klinge gegen Ku&#x0364;hleborns Haupt.<lb/>
Aber er hieb in einen Wa&#x017F;&#x017F;erfall, der von einer<lb/>
hohen Klippe neben ihnen herab&#x017F;cha&#x0364;umte, und<lb/>
&#x017F;ie plo&#x0364;tzlich mit einem Gepla&#x0364;t&#x017F;cher, das beinahe<lb/>
wie Lachen klang, u&#x0364;bergoß, und bis auf die<lb/>
Haut durchnetzte. Der Prie&#x017F;ter &#x017F;agte, wie plo&#x0364;tz-<lb/>
lich erwachend: das hab&#x2019; ich lange gedacht, weil<lb/>
der Bach &#x017F;o dicht auf der Anho&#x0364;he neben uns<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0109] Undine und der Ritter ſahen nach Pater Heilmann; der aber ſchien in einem wandeln- den Traume fortzugehn, und von Allem, was geſprochen ward, nichts mehr zu vernehmen. Da ſagte Undine zu Kuͤhleborn: ich ſehe dort ſchon das Ende des Waldes. Wir brauchen Eurer Huͤlfe nicht mehr, und nichts macht uns Grauen als Ihr. Drum bitt’ Euch in Lieb’ und Guͤte, verſchwindet, und laßt uns in Frie- den ziehn. — Daruͤber ſchien Kuͤhleborn unwil- lig zu werden; er zog ein haͤßliches Geſicht, und grinzte Undinen an, die laut aufſchrie, und ih- ren Freund zu Huͤlfe rief. Wie ein Blitz war der Ritter um das Pferd herum, und ſchwang die ſcharfe Klinge gegen Kuͤhleborns Haupt. Aber er hieb in einen Waſſerfall, der von einer hohen Klippe neben ihnen herabſchaͤumte, und ſie ploͤtzlich mit einem Geplaͤtſcher, das beinahe wie Lachen klang, uͤbergoß, und bis auf die Haut durchnetzte. Der Prieſter ſagte, wie ploͤtz- lich erwachend: das hab’ ich lange gedacht, weil der Bach ſo dicht auf der Anhoͤhe neben uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/109
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/109>, abgerufen am 05.05.2024.