Undine und der Ritter sahen nach Pater Heilmann; der aber schien in einem wandeln- den Traume fortzugehn, und von Allem, was gesprochen ward, nichts mehr zu vernehmen. Da sagte Undine zu Kühleborn: ich sehe dort schon das Ende des Waldes. Wir brauchen Eurer Hülfe nicht mehr, und nichts macht uns Grauen als Ihr. Drum bitt' Euch in Lieb' und Güte, verschwindet, und laßt uns in Frie- den ziehn. -- Darüber schien Kühleborn unwil- lig zu werden; er zog ein häßliches Gesicht, und grinzte Undinen an, die laut aufschrie, und ih- ren Freund zu Hülfe rief. Wie ein Blitz war der Ritter um das Pferd herum, und schwang die scharfe Klinge gegen Kühleborns Haupt. Aber er hieb in einen Wasserfall, der von einer hohen Klippe neben ihnen herabschäumte, und sie plötzlich mit einem Geplätscher, das beinahe wie Lachen klang, übergoß, und bis auf die Haut durchnetzte. Der Priester sagte, wie plötz- lich erwachend: das hab' ich lange gedacht, weil der Bach so dicht auf der Anhöhe neben uns
Undine und der Ritter ſahen nach Pater Heilmann; der aber ſchien in einem wandeln- den Traume fortzugehn, und von Allem, was geſprochen ward, nichts mehr zu vernehmen. Da ſagte Undine zu Kuͤhleborn: ich ſehe dort ſchon das Ende des Waldes. Wir brauchen Eurer Huͤlfe nicht mehr, und nichts macht uns Grauen als Ihr. Drum bitt’ Euch in Lieb’ und Guͤte, verſchwindet, und laßt uns in Frie- den ziehn. — Daruͤber ſchien Kuͤhleborn unwil- lig zu werden; er zog ein haͤßliches Geſicht, und grinzte Undinen an, die laut aufſchrie, und ih- ren Freund zu Huͤlfe rief. Wie ein Blitz war der Ritter um das Pferd herum, und ſchwang die ſcharfe Klinge gegen Kuͤhleborns Haupt. Aber er hieb in einen Waſſerfall, der von einer hohen Klippe neben ihnen herabſchaͤumte, und ſie ploͤtzlich mit einem Geplaͤtſcher, das beinahe wie Lachen klang, uͤbergoß, und bis auf die Haut durchnetzte. Der Prieſter ſagte, wie ploͤtz- lich erwachend: das hab’ ich lange gedacht, weil der Bach ſo dicht auf der Anhoͤhe neben uns
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Undine und der Ritter ſahen nach Pater
Heilmann; der aber ſchien in einem wandeln-
den Traume fortzugehn, und von Allem, was
geſprochen ward, nichts mehr zu vernehmen.
Da ſagte Undine zu Kuͤhleborn: ich ſehe dort
ſchon das Ende des Waldes. Wir brauchen
Eurer Huͤlfe nicht mehr, und nichts macht uns
Grauen als Ihr. Drum bitt’ Euch in Lieb’
und Guͤte, verſchwindet, und laßt uns in Frie-
den ziehn. — Daruͤber ſchien Kuͤhleborn unwil-
lig zu werden; er zog ein haͤßliches Geſicht, und
grinzte Undinen an, die laut aufſchrie, und ih-
ren Freund zu Huͤlfe rief. Wie ein Blitz war
der Ritter um das Pferd herum, und ſchwang
die ſcharfe Klinge gegen Kuͤhleborns Haupt.
Aber er hieb in einen Waſſerfall, der von einer
hohen Klippe neben ihnen herabſchaͤumte, und
ſie ploͤtzlich mit einem Geplaͤtſcher, das beinahe
wie Lachen klang, uͤbergoß, und bis auf die
Haut durchnetzte. Der Prieſter ſagte, wie ploͤtz-
lich erwachend: das hab’ ich lange gedacht, weil
der Bach ſo dicht auf der Anhoͤhe neben uns
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/109>, abgerufen am 17.02.2025.
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