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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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strahl unvermuthet auf mich herunter blitzt. --
Ihr seid ein höchst seltsamer Mann, entgegnete
der Priester, und ich möchte wohl nähere Kunde
von Euch haben. -- Und wer seid Ihr denn,
von Einem auf's Andre zu kommen? fragte der
Fremde. Sie nennen mich den Pater Heilmann,
sprach der Geistliche, und ich komme aus Kloster
Mariagruß von jenseit des Sees. -- So, so;
antwortete der Fremde. Ich heiße Kühleborn,
und wenn es auf Höflichkeit ankommt, könnte
man mich auch wohl eben so gut Herr von Küh-
leborn betiteln, oder Freiherr von Kühleborn;
denn frei bin ich, wie der Vogel im Walde,
und wohl noch ein Bischen drüber. Zum Exempel,
jetzt hab' ich der jungen Frau dorten etwas zu
erzählen. -- Und ehe man sich's versah, war
er auf der andern Seite des Priesters, dicht neben
Undinen, und reckte sich hoch in die Höhe, um
ihr etwas in's Ohr zu flüstern. Sie aber wandte
sich erschrocken ab, sagend: ich habe nichts mit
Euch mehr zu schaffen. -- Hoho, lachte der
Fremde, was für eine ungeheuer vornehme Hei-

ſtrahl unvermuthet auf mich herunter blitzt. —
Ihr ſeid ein hoͤchſt ſeltſamer Mann, entgegnete
der Prieſter, und ich moͤchte wohl naͤhere Kunde
von Euch haben. — Und wer ſeid Ihr denn,
von Einem auf’s Andre zu kommen? fragte der
Fremde. Sie nennen mich den Pater Heilmann,
ſprach der Geiſtliche, und ich komme aus Kloſter
Mariagruß von jenſeit des Sees. — So, ſo;
antwortete der Fremde. Ich heiße Kuͤhleborn,
und wenn es auf Hoͤflichkeit ankommt, koͤnnte
man mich auch wohl eben ſo gut Herr von Kuͤh-
leborn betiteln, oder Freiherr von Kuͤhleborn;
denn frei bin ich, wie der Vogel im Walde,
und wohl noch ein Bischen druͤber. Zum Exempel,
jetzt hab’ ich der jungen Frau dorten etwas zu
erzaͤhlen. — Und ehe man ſich’s verſah, war
er auf der andern Seite des Prieſters, dicht neben
Undinen, und reckte ſich hoch in die Hoͤhe, um
ihr etwas in’s Ohr zu fluͤſtern. Sie aber wandte
ſich erſchrocken ab, ſagend: ich habe nichts mit
Euch mehr zu ſchaffen. — Hoho, lachte der
Fremde, was fuͤr eine ungeheuer vornehme Hei-

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[93/0107] ſtrahl unvermuthet auf mich herunter blitzt. — Ihr ſeid ein hoͤchſt ſeltſamer Mann, entgegnete der Prieſter, und ich moͤchte wohl naͤhere Kunde von Euch haben. — Und wer ſeid Ihr denn, von Einem auf’s Andre zu kommen? fragte der Fremde. Sie nennen mich den Pater Heilmann, ſprach der Geiſtliche, und ich komme aus Kloſter Mariagruß von jenſeit des Sees. — So, ſo; antwortete der Fremde. Ich heiße Kuͤhleborn, und wenn es auf Hoͤflichkeit ankommt, koͤnnte man mich auch wohl eben ſo gut Herr von Kuͤh- leborn betiteln, oder Freiherr von Kuͤhleborn; denn frei bin ich, wie der Vogel im Walde, und wohl noch ein Bischen druͤber. Zum Exempel, jetzt hab’ ich der jungen Frau dorten etwas zu erzaͤhlen. — Und ehe man ſich’s verſah, war er auf der andern Seite des Prieſters, dicht neben Undinen, und reckte ſich hoch in die Hoͤhe, um ihr etwas in’s Ohr zu fluͤſtern. Sie aber wandte ſich erſchrocken ab, ſagend: ich habe nichts mit Euch mehr zu ſchaffen. — Hoho, lachte der Fremde, was fuͤr eine ungeheuer vornehme Hei-

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/107>, abgerufen am 06.05.2024.