Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

müthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich
bestehenden Verhältnissen des Lebens viel ge-
winnen wird, ob die höh're Gattung | des
Roman's nicht wenigstens vor müßiger
Nachäfferei schützen würde? das überlasse ich
einem jeden zu entscheiden. Jch fühle mich
nur gedrungen, noch einmal Mäßigkeit
im Lesen
anzuempfehlen; damit man lie-
ben
lerne, was man vielleicht nur auf Em-
pfehlung bewunderte.

Die tiefer gehende Bildung, welche hier-
aus erwachsen muß, berichtigt dann noch in
etwas die unsichre und verworrene Ansicht,
welche seichte Kritiken zum öftern durch
Knabenhand, noch von der Schule aus ver-
faßt, in den unzähligen Journalzirkeln un-
srer Lesewelt verbreiten. Der Wahn, ta-
delndes Urtheil beurkunde allein ächten Ver-
stand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu-
gung: daß das Mangelnde jedem auf-
falle,
die Harmonie aber nur von Einzel-
nen gefunden werde.



muͤthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich
beſtehenden Verhaͤltniſſen des Lebens viel ge-
winnen wird, ob die hoͤh’re Gattung | des
Roman’s nicht wenigſtens vor muͤßiger
Nachaͤfferei ſchuͤtzen wuͤrde? das uͤberlaſſe ich
einem jeden zu entſcheiden. Jch fuͤhle mich
nur gedrungen, noch einmal Maͤßigkeit
im Leſen
anzuempfehlen; damit man lie-
ben
lerne, was man vielleicht nur auf Em-
pfehlung bewunderte.

Die tiefer gehende Bildung, welche hier-
aus erwachſen muß, berichtigt dann noch in
etwas die unſichre und verworrene Anſicht,
welche ſeichte Kritiken zum oͤftern durch
Knabenhand, noch von der Schule aus ver-
faßt, in den unzaͤhligen Journalzirkeln un-
ſrer Leſewelt verbreiten. Der Wahn, ta-
delndes Urtheil beurkunde allein aͤchten Ver-
ſtand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu-
gung: daß das Mangelnde jedem auf-
falle,
die Harmonie aber nur von Einzel-
nen gefunden werde.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0080" n="76"/>
mu&#x0364;thes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich<lb/>
be&#x017F;tehenden Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en des Lebens viel ge-<lb/>
winnen wird, ob die ho&#x0364;h&#x2019;re Gattung | des<lb/>
Roman&#x2019;s nicht wenig&#x017F;tens vor mu&#x0364;ßiger<lb/>
Nacha&#x0364;fferei &#x017F;chu&#x0364;tzen wu&#x0364;rde? das u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e ich<lb/>
einem jeden zu ent&#x017F;cheiden. Jch fu&#x0364;hle mich<lb/>
nur gedrungen, noch einmal <hi rendition="#g">Ma&#x0364;ßigkeit<lb/>
im Le&#x017F;en</hi> anzuempfehlen; damit man <hi rendition="#g">lie-<lb/>
ben</hi> lerne, was man vielleicht nur auf Em-<lb/>
pfehlung bewunderte.</p><lb/>
          <p>Die tiefer gehende Bildung, welche hier-<lb/>
aus erwach&#x017F;en muß, berichtigt dann noch in<lb/>
etwas die un&#x017F;ichre und verworrene An&#x017F;icht,<lb/>
welche &#x017F;eichte Kritiken zum o&#x0364;ftern durch<lb/>
Knabenhand, noch von der Schule aus ver-<lb/>
faßt, in den unza&#x0364;hligen Journalzirkeln un-<lb/>
&#x017F;rer Le&#x017F;ewelt verbreiten. Der Wahn, ta-<lb/>
delndes Urtheil beurkunde allein a&#x0364;chten Ver-<lb/>
&#x017F;tand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu-<lb/>
gung: daß das Mangelnde <hi rendition="#g">jedem auf-<lb/>
falle,</hi> die Harmonie aber nur von Einzel-<lb/>
nen <hi rendition="#g">gefunden</hi> werde.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0080] muͤthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich beſtehenden Verhaͤltniſſen des Lebens viel ge- winnen wird, ob die hoͤh’re Gattung | des Roman’s nicht wenigſtens vor muͤßiger Nachaͤfferei ſchuͤtzen wuͤrde? das uͤberlaſſe ich einem jeden zu entſcheiden. Jch fuͤhle mich nur gedrungen, noch einmal Maͤßigkeit im Leſen anzuempfehlen; damit man lie- ben lerne, was man vielleicht nur auf Em- pfehlung bewunderte. Die tiefer gehende Bildung, welche hier- aus erwachſen muß, berichtigt dann noch in etwas die unſichre und verworrene Anſicht, welche ſeichte Kritiken zum oͤftern durch Knabenhand, noch von der Schule aus ver- faßt, in den unzaͤhligen Journalzirkeln un- ſrer Leſewelt verbreiten. Der Wahn, ta- delndes Urtheil beurkunde allein aͤchten Ver- ſtand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu- gung: daß das Mangelnde jedem auf- falle, die Harmonie aber nur von Einzel- nen gefunden werde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/80
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/80>, abgerufen am 24.11.2024.