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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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gährenden Stoffe werden sich ja denn wohl
endlich einmal setzen und Ordnung und
Gesetz aus dringender Nothwendigkeit her-
vorgehen. So beruhigt man besorgte Eltern
bei den Ausbrüchen ungezügelter Wildheit
schlecht gewöhnter Kinder, mit der Versi-
cherung: Alles das werden die armen En-
gel nicht mehr sagen und thun, wenn sie
sechzehn Jahr alt sind! Das gewiß nicht!
aber die Richtung bleibt dieselbe, und der
Leidenschaftliche oder Störige wird aus
demselben Naturtriebe, wenn man diesen
progressiv walten läßt, späterhin sündigen
wie er früherhin fehlte. --

Gesetzt also, es verhielte sich mit dem
übermäßigen Jdeenreichthum unserer Zeit
wirklich so, wie es viele annehmen, was
gewinnen wir dadurch, dem Ueberflusse so
lange einen ungeregelten Lauf zu gestat-
ten, bis Verwöhnung und Bequemlichkeit
der willkührlichen Richtung den Anstrich des
Naturgemäßen geben, und die Rükkehr zur
Ordnung erschweren? Und abgesehen von
dem, was die Zukunft unter ihrer Hülle

gaͤhrenden Stoffe werden ſich ja denn wohl
endlich einmal ſetzen und Ordnung und
Geſetz aus dringender Nothwendigkeit her-
vorgehen. So beruhigt man beſorgte Eltern
bei den Ausbruͤchen ungezuͤgelter Wildheit
ſchlecht gewoͤhnter Kinder, mit der Verſi-
cherung: Alles das werden die armen En-
gel nicht mehr ſagen und thun, wenn ſie
ſechzehn Jahr alt ſind! Das gewiß nicht!
aber die Richtung bleibt dieſelbe, und der
Leidenſchaftliche oder Stoͤrige wird aus
demſelben Naturtriebe, wenn man dieſen
progreſſiv walten laͤßt, ſpaͤterhin ſuͤndigen
wie er fruͤherhin fehlte. —

Geſetzt alſo, es verhielte ſich mit dem
uͤbermaͤßigen Jdeenreichthum unſerer Zeit
wirklich ſo, wie es viele annehmen, was
gewinnen wir dadurch, dem Ueberfluſſe ſo
lange einen ungeregelten Lauf zu geſtat-
ten, bis Verwoͤhnung und Bequemlichkeit
der willkuͤhrlichen Richtung den Anſtrich des
Naturgemaͤßen geben, und die Ruͤkkehr zur
Ordnung erſchweren? Und abgeſehen von
dem, was die Zukunft unter ihrer Huͤlle

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[43/0047] gaͤhrenden Stoffe werden ſich ja denn wohl endlich einmal ſetzen und Ordnung und Geſetz aus dringender Nothwendigkeit her- vorgehen. So beruhigt man beſorgte Eltern bei den Ausbruͤchen ungezuͤgelter Wildheit ſchlecht gewoͤhnter Kinder, mit der Verſi- cherung: Alles das werden die armen En- gel nicht mehr ſagen und thun, wenn ſie ſechzehn Jahr alt ſind! Das gewiß nicht! aber die Richtung bleibt dieſelbe, und der Leidenſchaftliche oder Stoͤrige wird aus demſelben Naturtriebe, wenn man dieſen progreſſiv walten laͤßt, ſpaͤterhin ſuͤndigen wie er fruͤherhin fehlte. — Geſetzt alſo, es verhielte ſich mit dem uͤbermaͤßigen Jdeenreichthum unſerer Zeit wirklich ſo, wie es viele annehmen, was gewinnen wir dadurch, dem Ueberfluſſe ſo lange einen ungeregelten Lauf zu geſtat- ten, bis Verwoͤhnung und Bequemlichkeit der willkuͤhrlichen Richtung den Anſtrich des Naturgemaͤßen geben, und die Ruͤkkehr zur Ordnung erſchweren? Und abgeſehen von dem, was die Zukunft unter ihrer Huͤlle

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/47>, abgerufen am 19.04.2024.