Himmelslicht zweier Menschenaugen, die zu- gleich Morgen- und Abendsterne, Leben und Sehnsucht über das Leben hinaus, geben, diese Fülle des Daseins, sie ist das Wesen der wahrhaft Liebevollen.
Aus welchem Quell aber schöpft sie den Strom immer gleicher Wärme? Was un- terhält in ihr die Regsamkeit, das unwill- kührliche Verstehen und die rührende Theil- nahme?
Mit dem besten Willen eine ähnliche Stimmung in sich zu erzeugen, immer gut, liebreich, sanft, mit Allen einverstanden zu sein, bringt es kein Mensch von selbst so weit. Man quält sich, trotz aller Willens- kraft, zwischen vergeblicher Anstrengung und dem Aerger über sich und Andre halbtodt, es ist und bleibt doch Stückwerk. Der rechte Guß aus dem Jnnern, bricht nur momentan hervor, um gleich wieder zu stocken.
Engel, sagt man, werden geboren. Freilich! aber welche trostlose Bestimmung, wenn kein Sieg den Kampf belohnen könnte! Mittel und Wege sind Jedem gegeben. Ein
Himmelslicht zweier Menſchenaugen, die zu- gleich Morgen- und Abendſterne, Leben und Sehnſucht uͤber das Leben hinaus, geben, dieſe Fuͤlle des Daſeins, ſie iſt das Weſen der wahrhaft Liebevollen.
Aus welchem Quell aber ſchoͤpft ſie den Strom immer gleicher Waͤrme? Was un- terhaͤlt in ihr die Regſamkeit, das unwill- kuͤhrliche Verſtehen und die ruͤhrende Theil- nahme?
Mit dem beſten Willen eine aͤhnliche Stimmung in ſich zu erzeugen, immer gut, liebreich, ſanft, mit Allen einverſtanden zu ſein, bringt es kein Menſch von ſelbſt ſo weit. Man quaͤlt ſich, trotz aller Willens- kraft, zwiſchen vergeblicher Anſtrengung und dem Aerger uͤber ſich und Andre halbtodt, es iſt und bleibt doch Stuͤckwerk. Der rechte Guß aus dem Jnnern, bricht nur momentan hervor, um gleich wieder zu ſtocken.
Engel, ſagt man, werden geboren. Freilich! aber welche troſtloſe Beſtimmung, wenn kein Sieg den Kampf belohnen koͤnnte! Mittel und Wege ſind Jedem gegeben. Ein
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Himmelslicht zweier Menſchenaugen, die zu-
gleich Morgen- und Abendſterne, Leben und
Sehnſucht uͤber das Leben hinaus,
geben, dieſe Fuͤlle des Daſeins, ſie iſt das
Weſen der wahrhaft Liebevollen.
Aus welchem Quell aber ſchoͤpft ſie den
Strom immer gleicher Waͤrme? Was un-
terhaͤlt in ihr die Regſamkeit, das unwill-
kuͤhrliche Verſtehen und die ruͤhrende Theil-
nahme?
Mit dem beſten Willen eine aͤhnliche
Stimmung in ſich zu erzeugen, immer gut,
liebreich, ſanft, mit Allen einverſtanden zu
ſein, bringt es kein Menſch von ſelbſt ſo
weit. Man quaͤlt ſich, trotz aller Willens-
kraft, zwiſchen vergeblicher Anſtrengung und
dem Aerger uͤber ſich und Andre halbtodt,
es iſt und bleibt doch Stuͤckwerk. Der rechte
Guß aus dem Jnnern, bricht nur momentan
hervor, um gleich wieder zu ſtocken.
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Freilich! aber welche troſtloſe Beſtimmung,
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/269>, abgerufen am 18.07.2024.
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