den Worte dem unvergänglichen Streben nichts nehmen, nichts geben, noch seinen Lauf hemmen. Er bedingt sich durch sich selbst.
Allein, weit entfernt dem Erhabenen zu nahe zu treten, will ich dieses nicht, durch die unseelige Sucht alles und jedes zum Spielwerk der Mode machen zu müssen, zu einem ähnlichen Spielwerk herabgezogen se- hen. Man soll wirklich lieben, und nicht mit Liebeleien Abgötterei treiben.
Mögen Damen in ihrem Cabinet mah- len und musiziren, Freunde und Freundinnen den angenehmen Zeitvertreib theilen lassen, das gesellige Beisammensein dadurch beleben, Töne und Bilder wie ein glänzendes Netz über das graue Alltagsleben ausspannen, productive Künstlerinnen dürfen sie so wenig werden wollen, als Kunstrichterinnen. Be- scheidenes Urtheil ist jedwedem eine Zierde, doch unaussprechlich entstellt es die Lippen der Frau, wenn sie sich zu gewissen, trocke- nen, bestimmten Aussprüchen öffnen, die doch nur beweisen sollen, daß die Kritisirende
den Worte dem unvergaͤnglichen Streben nichts nehmen, nichts geben, noch ſeinen Lauf hemmen. Er bedingt ſich durch ſich ſelbſt.
Allein, weit entfernt dem Erhabenen zu nahe zu treten, will ich dieſes nicht, durch die unſeelige Sucht alles und jedes zum Spielwerk der Mode machen zu muͤſſen, zu einem aͤhnlichen Spielwerk herabgezogen ſe- hen. Man ſoll wirklich lieben, und nicht mit Liebeleien Abgoͤtterei treiben.
Moͤgen Damen in ihrem Cabinet mah- len und muſiziren, Freunde und Freundinnen den angenehmen Zeitvertreib theilen laſſen, das geſellige Beiſammenſein dadurch beleben, Toͤne und Bilder wie ein glaͤnzendes Netz uͤber das graue Alltagsleben ausſpannen, productive Kuͤnſtlerinnen duͤrfen ſie ſo wenig werden wollen, als Kunſtrichterinnen. Be- ſcheidenes Urtheil iſt jedwedem eine Zierde, doch unausſprechlich entſtellt es die Lippen der Frau, wenn ſie ſich zu gewiſſen, trocke- nen, beſtimmten Ausſpruͤchen oͤffnen, die doch nur beweiſen ſollen, daß die Kritiſirende
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den Worte dem unvergaͤnglichen Streben
nichts nehmen, nichts geben, noch ſeinen
Lauf hemmen. Er bedingt ſich durch ſich ſelbſt.
Allein, weit entfernt dem Erhabenen zu
nahe zu treten, will ich dieſes nicht, durch
die unſeelige Sucht alles und jedes zum
Spielwerk der Mode machen zu muͤſſen, zu
einem aͤhnlichen Spielwerk herabgezogen ſe-
hen. Man ſoll wirklich lieben, und nicht
mit Liebeleien Abgoͤtterei treiben.
Moͤgen Damen in ihrem Cabinet mah-
len und muſiziren, Freunde und Freundinnen
den angenehmen Zeitvertreib theilen laſſen,
das geſellige Beiſammenſein dadurch beleben,
Toͤne und Bilder wie ein glaͤnzendes Netz
uͤber das graue Alltagsleben ausſpannen,
productive Kuͤnſtlerinnen duͤrfen ſie ſo wenig
werden wollen, als Kunſtrichterinnen. Be-
ſcheidenes Urtheil iſt jedwedem eine Zierde,
doch unausſprechlich entſtellt es die Lippen
der Frau, wenn ſie ſich zu gewiſſen, trocke-
nen, beſtimmten Ausſpruͤchen oͤffnen, die doch
nur beweiſen ſollen, daß die Kritiſirende
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/259>, abgerufen am 16.02.2025.
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