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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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und das Außenleben zu verschönen, ward
vorherrschend. Hieran setzte man im Kur-
zen alles, Erfindung, Talent, Fleiß, Vermö-
gen, Zeit und Beruf. Erst war man an-
tik, dann romantisch, endlich künstlerisch.
Es ist eine andre Gattung von Putzsucht,
die nur vor sich selbst ihre Rechtfertigung
in dem Anstrich allgemeiner Kunstliebe sucht.
Für die Meisten ist diese gleichwohl weit
mehr Verfeinerung, als Erhöhung
des Geschmackes. Frauen haben wohl auf
sich zu achten, daß sie Nachahmung und
Ehrgeiz hier nicht in ein Labyrinth verlok-
ken, wo sie dennoch nicht von den Haus
und Familienpflichten auf unerwartete Weise
ganz getrennt werden.

Es wäre muthwillige Verblendung, die
großen Vorschritte in der Kunst, im Allge-
meinen und Besondern, eben so, wie den er-
weiterten Sinn dafür, während den letzten
Jahreszehnten, bestreiten zu wollen. Das
spricht übrigens für sich allein; jede Ent-
weihung des Wahren und Aechten straft
sich durch eigene Herabsetzung. Auch wer-

und das Außenleben zu verſchoͤnen, ward
vorherrſchend. Hieran ſetzte man im Kur-
zen alles, Erfindung, Talent, Fleiß, Vermoͤ-
gen, Zeit und Beruf. Erſt war man an-
tik, dann romantiſch, endlich kuͤnſtleriſch.
Es iſt eine andre Gattung von Putzſucht,
die nur vor ſich ſelbſt ihre Rechtfertigung
in dem Anſtrich allgemeiner Kunſtliebe ſucht.
Fuͤr die Meiſten iſt dieſe gleichwohl weit
mehr Verfeinerung, als Erhoͤhung
des Geſchmackes. Frauen haben wohl auf
ſich zu achten, daß ſie Nachahmung und
Ehrgeiz hier nicht in ein Labyrinth verlok-
ken, wo ſie dennoch nicht von den Haus
und Familienpflichten auf unerwartete Weiſe
ganz getrennt werden.

Es waͤre muthwillige Verblendung, die
großen Vorſchritte in der Kunſt, im Allge-
meinen und Beſondern, eben ſo, wie den er-
weiterten Sinn dafuͤr, waͤhrend den letzten
Jahreszehnten, beſtreiten zu wollen. Das
ſpricht uͤbrigens fuͤr ſich allein; jede Ent-
weihung des Wahren und Aechten ſtraft
ſich durch eigene Herabſetzung. Auch wer-

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[254/0258] und das Außenleben zu verſchoͤnen, ward vorherrſchend. Hieran ſetzte man im Kur- zen alles, Erfindung, Talent, Fleiß, Vermoͤ- gen, Zeit und Beruf. Erſt war man an- tik, dann romantiſch, endlich kuͤnſtleriſch. Es iſt eine andre Gattung von Putzſucht, die nur vor ſich ſelbſt ihre Rechtfertigung in dem Anſtrich allgemeiner Kunſtliebe ſucht. Fuͤr die Meiſten iſt dieſe gleichwohl weit mehr Verfeinerung, als Erhoͤhung des Geſchmackes. Frauen haben wohl auf ſich zu achten, daß ſie Nachahmung und Ehrgeiz hier nicht in ein Labyrinth verlok- ken, wo ſie dennoch nicht von den Haus und Familienpflichten auf unerwartete Weiſe ganz getrennt werden. Es waͤre muthwillige Verblendung, die großen Vorſchritte in der Kunſt, im Allge- meinen und Beſondern, eben ſo, wie den er- weiterten Sinn dafuͤr, waͤhrend den letzten Jahreszehnten, beſtreiten zu wollen. Das ſpricht uͤbrigens fuͤr ſich allein; jede Ent- weihung des Wahren und Aechten ſtraft ſich durch eigene Herabſetzung. Auch wer-

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/258>, abgerufen am 04.05.2024.