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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen,
der alle andre Stimmen überschreit?

Der Stolz trägt dem Fürsten der Fin-
sterniß das Päckchen Sünden gefällig zu, was
der Sieg über gemeinere Verlockungen ihm zu
entwenden drohte. Die Harmonie des Gu-
ten bleibt darum nicht weniger gestört, wenn
man der Liebe nimmt, um es der Tugend
zu geben.

Jst nun im Wesentlichen schon so we-
nig dadurch gethan, daß der nackte, oft
bittre Kern ohne die ihn umschließende Fülle
der Frucht, als einziger Genuß hingewor-
fen werde, was muß erst der Sinn für For-
men dadurch einbüßen?

Betrachte man nur die trockene Kälte,
welche sich so leicht des belehrenden Tones
bemeistert! wie schroff im allgemeinen ein
dünkelvoller Verweis klingt! Was um's
Himmelswillen, sollte aus den unerlaß-
lichen Rücksichten unter geselligen Menschen
werden, wenn die Einen den Meister spiel-
ten, und die Andern es dulden müßten?

Die Sittlichkeit ohne gefällige, zeitge-

den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen,
der alle andre Stimmen uͤberſchreit?

Der Stolz traͤgt dem Fuͤrſten der Fin-
ſterniß das Paͤckchen Suͤnden gefaͤllig zu, was
der Sieg uͤber gemeinere Verlockungen ihm zu
entwenden drohte. Die Harmonie des Gu-
ten bleibt darum nicht weniger geſtoͤrt, wenn
man der Liebe nimmt, um es der Tugend
zu geben.

Jſt nun im Weſentlichen ſchon ſo we-
nig dadurch gethan, daß der nackte, oft
bittre Kern ohne die ihn umſchließende Fuͤlle
der Frucht, als einziger Genuß hingewor-
fen werde, was muß erſt der Sinn fuͤr For-
men dadurch einbuͤßen?

Betrachte man nur die trockene Kaͤlte,
welche ſich ſo leicht des belehrenden Tones
bemeiſtert! wie ſchroff im allgemeinen ein
duͤnkelvoller Verweis klingt! Was um’s
Himmelswillen, ſollte aus den unerlaß-
lichen Ruͤckſichten unter geſelligen Menſchen
werden, wenn die Einen den Meiſter ſpiel-
ten, und die Andern es dulden muͤßten?

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[198/0202] den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen, der alle andre Stimmen uͤberſchreit? Der Stolz traͤgt dem Fuͤrſten der Fin- ſterniß das Paͤckchen Suͤnden gefaͤllig zu, was der Sieg uͤber gemeinere Verlockungen ihm zu entwenden drohte. Die Harmonie des Gu- ten bleibt darum nicht weniger geſtoͤrt, wenn man der Liebe nimmt, um es der Tugend zu geben. Jſt nun im Weſentlichen ſchon ſo we- nig dadurch gethan, daß der nackte, oft bittre Kern ohne die ihn umſchließende Fuͤlle der Frucht, als einziger Genuß hingewor- fen werde, was muß erſt der Sinn fuͤr For- men dadurch einbuͤßen? Betrachte man nur die trockene Kaͤlte, welche ſich ſo leicht des belehrenden Tones bemeiſtert! wie ſchroff im allgemeinen ein duͤnkelvoller Verweis klingt! Was um’s Himmelswillen, ſollte aus den unerlaß- lichen Ruͤckſichten unter geſelligen Menſchen werden, wenn die Einen den Meiſter ſpiel- ten, und die Andern es dulden muͤßten? Die Sittlichkeit ohne gefaͤllige, zeitge-

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/202>, abgerufen am 22.11.2024.