Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Widerspruch, wo der Ernst den flüchtigen
Scherz festhalten will. Wer hier den ersten
unvorsichtigen Schritt thut, muß es büßen;
und nicht allein durch unabwendbare Täu-
schung, zuverläßig auch durch das allmähli-
ge Verschieben des ganzen Charakters der
Geselligkeit. Unwillkürlich wird durch die
hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per-
sönlichkeit zuerst Entfremdung, dann Steif-
heit, und zuletzt kaltes, starres Zurückziehen,
von allen früher gesuchten Zirkeln bei denen
entstehen, die sich falsch beurtheilt sehen.

Frauen bedingen stets den Geist der
Gesellschaft. Sie verbreiten unfehlbar Un-
befangenheit oder Befangenheit, je nachdem
sie ihre Stellung nehmen und sie den Män-
nern geben.

Es ist, dächte ich, diesem viel zu viel
eingeräumt, sie nur glauben zu lassen, man
beschäfftigte sich noch über den Augenblick
hinaus, anders mit ihnen, als der Augen-
blick selbst es mit sich bringt; allein es ist
gewiß eben so nutzlose Affectation, will
man das Ansehen nehmen, als gönne man

Widerſpruch, wo der Ernſt den fluͤchtigen
Scherz feſthalten will. Wer hier den erſten
unvorſichtigen Schritt thut, muß es buͤßen;
und nicht allein durch unabwendbare Taͤu-
ſchung, zuverlaͤßig auch durch das allmaͤhli-
ge Verſchieben des ganzen Charakters der
Geſelligkeit. Unwillkuͤrlich wird durch die
hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per-
ſoͤnlichkeit zuerſt Entfremdung, dann Steif-
heit, und zuletzt kaltes, ſtarres Zuruͤckziehen,
von allen fruͤher geſuchten Zirkeln bei denen
entſtehen, die ſich falſch beurtheilt ſehen.

Frauen bedingen ſtets den Geiſt der
Geſellſchaft. Sie verbreiten unfehlbar Un-
befangenheit oder Befangenheit, je nachdem
ſie ihre Stellung nehmen und ſie den Maͤn-
nern geben.

Es iſt, daͤchte ich, dieſem viel zu viel
eingeraͤumt, ſie nur glauben zu laſſen, man
beſchaͤfftigte ſich noch uͤber den Augenblick
hinaus, anders mit ihnen, als der Augen-
blick ſelbſt es mit ſich bringt; allein es iſt
gewiß eben ſo nutzloſe Affectation, will
man das Anſehen nehmen, als goͤnne man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0163" n="159"/>
Wider&#x017F;pruch, wo der Ern&#x017F;t den flu&#x0364;chtigen<lb/>
Scherz fe&#x017F;thalten will. Wer hier den er&#x017F;ten<lb/>
unvor&#x017F;ichtigen Schritt thut, muß es bu&#x0364;ßen;<lb/>
und nicht allein durch unabwendbare Ta&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;chung, zuverla&#x0364;ßig auch durch das allma&#x0364;hli-<lb/>
ge Ver&#x017F;chieben des ganzen Charakters der<lb/>
Ge&#x017F;elligkeit. Unwillku&#x0364;rlich wird durch die<lb/>
hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;nlichkeit zuer&#x017F;t Entfremdung, dann Steif-<lb/>
heit, und zuletzt kaltes, &#x017F;tarres Zuru&#x0364;ckziehen,<lb/>
von allen fru&#x0364;her ge&#x017F;uchten Zirkeln bei denen<lb/>
ent&#x017F;tehen, die &#x017F;ich fal&#x017F;ch beurtheilt &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Frauen bedingen &#x017F;tets den Gei&#x017F;t der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Sie verbreiten unfehlbar Un-<lb/>
befangenheit oder Befangenheit, je nachdem<lb/>
&#x017F;ie ihre Stellung nehmen und &#x017F;ie den Ma&#x0364;n-<lb/>
nern geben.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t, da&#x0364;chte ich, die&#x017F;em viel zu viel<lb/>
eingera&#x0364;umt, &#x017F;ie nur glauben zu la&#x017F;&#x017F;en, man<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;fftigte &#x017F;ich noch u&#x0364;ber den Augenblick<lb/>
hinaus, anders mit ihnen, als der Augen-<lb/>
blick &#x017F;elb&#x017F;t es mit &#x017F;ich bringt; allein es i&#x017F;t<lb/>
gewiß eben &#x017F;o nutzlo&#x017F;e Affectation, will<lb/>
man das An&#x017F;ehen nehmen, als go&#x0364;nne man<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0163] Widerſpruch, wo der Ernſt den fluͤchtigen Scherz feſthalten will. Wer hier den erſten unvorſichtigen Schritt thut, muß es buͤßen; und nicht allein durch unabwendbare Taͤu- ſchung, zuverlaͤßig auch durch das allmaͤhli- ge Verſchieben des ganzen Charakters der Geſelligkeit. Unwillkuͤrlich wird durch die hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per- ſoͤnlichkeit zuerſt Entfremdung, dann Steif- heit, und zuletzt kaltes, ſtarres Zuruͤckziehen, von allen fruͤher geſuchten Zirkeln bei denen entſtehen, die ſich falſch beurtheilt ſehen. Frauen bedingen ſtets den Geiſt der Geſellſchaft. Sie verbreiten unfehlbar Un- befangenheit oder Befangenheit, je nachdem ſie ihre Stellung nehmen und ſie den Maͤn- nern geben. Es iſt, daͤchte ich, dieſem viel zu viel eingeraͤumt, ſie nur glauben zu laſſen, man beſchaͤfftigte ſich noch uͤber den Augenblick hinaus, anders mit ihnen, als der Augen- blick ſelbſt es mit ſich bringt; allein es iſt gewiß eben ſo nutzloſe Affectation, will man das Anſehen nehmen, als goͤnne man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/163
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/163>, abgerufen am 02.05.2024.