irgend einem Anwesenden nicht diejenige Aufmerksamkeit, auf die er Anspruch zu machen berechtigt ist.
Viele Frauen glauben ihrem Rufe den Ausdruck der abgeschlossensten Kälte schuldig zu sein. Sie kennen die Abschattungen an- genehmer Heiterkeit, allgemeiner Wärme des Verstandes, Beweglichkeit des Jnnern, freier und gehaltener Conversation, kurz, sie ken- nen nichts als sich, und was mißverstande- ne Begriffe weiblicher Würde, ihnen Been- gendes anbildeten.
Diese Rücksichten sind es welche der Ei- telkeit der Männer die aller verderblichste Rahrung bieten. Braucht es so großer An- stalten, um sich sicher zu stellen, wie bedeu- tend muß die Gefahr von der Seite erschei- nen, gegen die man sich mit so viel Zurück- haltung waffent! Wenn der kleine Kitzel in- deß auch zuweilen ein Stachel mehr ist, alle Springfedern des Geistes und der Liebens- würdigkeit in Bewegung zu setzen, und das künstliche Schild wegzudrängen, sobald es der Mühe werth scheint, so wird doch das
irgend einem Anweſenden nicht diejenige Aufmerkſamkeit, auf die er Anſpruch zu machen berechtigt iſt.
Viele Frauen glauben ihrem Rufe den Ausdruck der abgeſchloſſenſten Kaͤlte ſchuldig zu ſein. Sie kennen die Abſchattungen an- genehmer Heiterkeit, allgemeiner Waͤrme des Verſtandes, Beweglichkeit des Jnnern, freier und gehaltener Converſation, kurz, ſie ken- nen nichts als ſich, und was mißverſtande- ne Begriffe weiblicher Wuͤrde, ihnen Been- gendes anbildeten.
Dieſe Ruͤckſichten ſind es welche der Ei- telkeit der Maͤnner die aller verderblichſte Rahrung bieten. Braucht es ſo großer An- ſtalten, um ſich ſicher zu ſtellen, wie bedeu- tend muß die Gefahr von der Seite erſchei- nen, gegen die man ſich mit ſo viel Zuruͤck- haltung waffent! Wenn der kleine Kitzel in- deß auch zuweilen ein Stachel mehr iſt, alle Springfedern des Geiſtes und der Liebens- wuͤrdigkeit in Bewegung zu ſetzen, und das kuͤnſtliche Schild wegzudraͤngen, ſobald es der Muͤhe werth ſcheint, ſo wird doch das
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irgend einem Anweſenden nicht diejenige
Aufmerkſamkeit, auf die er Anſpruch zu
machen berechtigt iſt.
Viele Frauen glauben ihrem Rufe den
Ausdruck der abgeſchloſſenſten Kaͤlte ſchuldig
zu ſein. Sie kennen die Abſchattungen an-
genehmer Heiterkeit, allgemeiner Waͤrme des
Verſtandes, Beweglichkeit des Jnnern, freier
und gehaltener Converſation, kurz, ſie ken-
nen nichts als ſich, und was mißverſtande-
ne Begriffe weiblicher Wuͤrde, ihnen Been-
gendes anbildeten.
Dieſe Ruͤckſichten ſind es welche der Ei-
telkeit der Maͤnner die aller verderblichſte
Rahrung bieten. Braucht es ſo großer An-
ſtalten, um ſich ſicher zu ſtellen, wie bedeu-
tend muß die Gefahr von der Seite erſchei-
nen, gegen die man ſich mit ſo viel Zuruͤck-
haltung waffent! Wenn der kleine Kitzel in-
deß auch zuweilen ein Stachel mehr iſt, alle
Springfedern des Geiſtes und der Liebens-
wuͤrdigkeit in Bewegung zu ſetzen, und das
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der Muͤhe werth ſcheint, ſo wird doch das
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/164>, abgerufen am 27.07.2024.
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