zwischen den gleichgearteten Wesen geschlun- gen hat, so, daß sich diese gegenseitig suchen und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der Jnstinct allein schon das Bedürfniß der Ge- meinschaft erweckt, und Thiere in einer Art geselligem Verbande leben, so hat der Mensch noch eine ganz andere Aufforderung sich mit- zutheilen und zu ergänzen. Der Geist, in allen seinen unzähligen Strahlenbrechungen verlangt nach dem lebendigen Wiederscheine seines innern Lichtes. Das Herz empfindet sich selbst nicht, ohne die Tausende von Ab- schattungen mannigfach-bezogener Gefühle; die Seele bedarf einer Welt, um sich groß- artig auseinander zu thun, sich zu erheben, und zu umfassen, was sie allein erfüllen kann. Daher tadle man den Trieb, welcher uns von uns selbst zu entfernen scheint, nicht voreilig. Man ist erst etwas unter Vielen.
Hiernach würde die höhere Bestimmung des Menschen, die Gesellschaft an sich, noth- wendig machen, und sie selbst nichts anders sein, als Sphäre geistiger Thätigkeit. Je größer nun der Umfang, je freier, feiner,
zwiſchen den gleichgearteten Weſen geſchlun- gen hat, ſo, daß ſich dieſe gegenſeitig ſuchen und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der Jnſtinct allein ſchon das Beduͤrfniß der Ge- meinſchaft erweckt, und Thiere in einer Art geſelligem Verbande leben, ſo hat der Menſch noch eine ganz andere Aufforderung ſich mit- zutheilen und zu ergaͤnzen. Der Geiſt, in allen ſeinen unzaͤhligen Strahlenbrechungen verlangt nach dem lebendigen Wiederſcheine ſeines innern Lichtes. Das Herz empfindet ſich ſelbſt nicht, ohne die Tauſende von Ab- ſchattungen mannigfach-bezogener Gefuͤhle; die Seele bedarf einer Welt, um ſich groß- artig auseinander zu thun, ſich zu erheben, und zu umfaſſen, was ſie allein erfuͤllen kann. Daher tadle man den Trieb, welcher uns von uns ſelbſt zu entfernen ſcheint, nicht voreilig. Man iſt erſt etwas unter Vielen.
Hiernach wuͤrde die hoͤhere Beſtimmung des Menſchen, die Geſellſchaft an ſich, noth- wendig machen, und ſie ſelbſt nichts anders ſein, als Sphaͤre geiſtiger Thaͤtigkeit. Je groͤßer nun der Umfang, je freier, feiner,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0013"n="9"/>
zwiſchen den gleichgearteten Weſen geſchlun-<lb/>
gen hat, ſo, daß ſich dieſe gegenſeitig ſuchen<lb/>
und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der<lb/>
Jnſtinct allein ſchon das Beduͤrfniß der Ge-<lb/>
meinſchaft erweckt, und Thiere in einer Art<lb/>
geſelligem Verbande leben, ſo hat der Menſch<lb/>
noch eine ganz andere Aufforderung ſich mit-<lb/>
zutheilen und zu ergaͤnzen. Der Geiſt, in<lb/>
allen ſeinen unzaͤhligen Strahlenbrechungen<lb/>
verlangt nach dem lebendigen Wiederſcheine<lb/>ſeines innern Lichtes. Das Herz empfindet<lb/>ſich ſelbſt nicht, ohne die Tauſende von Ab-<lb/>ſchattungen mannigfach-bezogener Gefuͤhle;<lb/>
die Seele bedarf einer Welt, um ſich groß-<lb/>
artig auseinander zu thun, ſich zu erheben,<lb/>
und zu umfaſſen, was ſie allein erfuͤllen<lb/>
kann. Daher tadle man den Trieb, welcher<lb/>
uns von uns ſelbſt zu entfernen ſcheint, nicht<lb/>
voreilig. Man <hirendition="#g">iſt</hi> erſt <hirendition="#g">etwas</hi> unter Vielen.</p><lb/><p>Hiernach wuͤrde die hoͤhere Beſtimmung<lb/>
des Menſchen, die Geſellſchaft an ſich, noth-<lb/>
wendig machen, und ſie ſelbſt nichts anders<lb/>ſein, als Sphaͤre geiſtiger Thaͤtigkeit. Je<lb/>
groͤßer nun der Umfang, je freier, feiner,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[9/0013]
zwiſchen den gleichgearteten Weſen geſchlun-
gen hat, ſo, daß ſich dieſe gegenſeitig ſuchen
und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der
Jnſtinct allein ſchon das Beduͤrfniß der Ge-
meinſchaft erweckt, und Thiere in einer Art
geſelligem Verbande leben, ſo hat der Menſch
noch eine ganz andere Aufforderung ſich mit-
zutheilen und zu ergaͤnzen. Der Geiſt, in
allen ſeinen unzaͤhligen Strahlenbrechungen
verlangt nach dem lebendigen Wiederſcheine
ſeines innern Lichtes. Das Herz empfindet
ſich ſelbſt nicht, ohne die Tauſende von Ab-
ſchattungen mannigfach-bezogener Gefuͤhle;
die Seele bedarf einer Welt, um ſich groß-
artig auseinander zu thun, ſich zu erheben,
und zu umfaſſen, was ſie allein erfuͤllen
kann. Daher tadle man den Trieb, welcher
uns von uns ſelbſt zu entfernen ſcheint, nicht
voreilig. Man iſt erſt etwas unter Vielen.
Hiernach wuͤrde die hoͤhere Beſtimmung
des Menſchen, die Geſellſchaft an ſich, noth-
wendig machen, und ſie ſelbſt nichts anders
ſein, als Sphaͤre geiſtiger Thaͤtigkeit. Je
groͤßer nun der Umfang, je freier, feiner,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/13>, abgerufen am 29.03.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.