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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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Luise wußte es nicht, und erinnerte sich kaum ein flüchtiges Zeichen der Zuneigung zwischen Beiden bemerkt zu haben.

Die arme Auguste, sagte Emilie weiter, hat sich jetzt auf mehrere Monate von dem Geliebten getrennt, der erst kommenden Herbst, und vielleicht noch später, aus seinem Vaterlande zurückkehrt. Ich begreife kaum, wie sie den Schmerz der Trennung so überwindet. Den Menschen, hub Auguste sinnend an, den wir einmal wahrhaft sahen, den sahen wir, den werden wir ewig sehen! Zeit und Raum sind in dieser Hinsicht höchst untergeordnete Begriffe, die dem Wesen tief empfundner Liebe entgegenstehn.

Emilie bewunderte auf's neue diese Stärke der Gesinnung, und sagte sehr naiv, daß sie den Geliebten entweder gar nicht aus ihren Armen gelassen, oder ihn gleich aufgegeben hätte, denn sie kenne sich und die Menschen, und wisse, daß über den ersten, entsetzlichen Schmerz der Trennung hinaus, die Welt gar zu lockend und lieblich auf die Herzen eindringe, die solch gegebnes Wort nur peinlich hin und her zerre. Von hier ging sie freudig zu den Verhältnissen zur Welt im Allgemeinen über, lobte das beweglichere Leben in den Städten, erzählte von ihrem nahen Aufenthalt in der Residenz, und schloß damit, Luisen dringend um ihre Begleitung

Luise wußte es nicht, und erinnerte sich kaum ein flüchtiges Zeichen der Zuneigung zwischen Beiden bemerkt zu haben.

Die arme Auguste, sagte Emilie weiter, hat sich jetzt auf mehrere Monate von dem Geliebten getrennt, der erst kommenden Herbst, und vielleicht noch später, aus seinem Vaterlande zurückkehrt. Ich begreife kaum, wie sie den Schmerz der Trennung so überwindet. Den Menschen, hub Auguste sinnend an, den wir einmal wahrhaft sahen, den sahen wir, den werden wir ewig sehen! Zeit und Raum sind in dieser Hinsicht höchst untergeordnete Begriffe, die dem Wesen tief empfundner Liebe entgegenstehn.

Emilie bewunderte auf’s neue diese Stärke der Gesinnung, und sagte sehr naiv, daß sie den Geliebten entweder gar nicht aus ihren Armen gelassen, oder ihn gleich aufgegeben hätte, denn sie kenne sich und die Menschen, und wisse, daß über den ersten, entsetzlichen Schmerz der Trennung hinaus, die Welt gar zu lockend und lieblich auf die Herzen eindringe, die solch gegebnes Wort nur peinlich hin und her zerre. Von hier ging sie freudig zu den Verhältnissen zur Welt im Allgemeinen über, lobte das beweglichere Leben in den Städten, erzählte von ihrem nahen Aufenthalt in der Residenz, und schloß damit, Luisen dringend um ihre Begleitung

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[75/0077] Luise wußte es nicht, und erinnerte sich kaum ein flüchtiges Zeichen der Zuneigung zwischen Beiden bemerkt zu haben. Die arme Auguste, sagte Emilie weiter, hat sich jetzt auf mehrere Monate von dem Geliebten getrennt, der erst kommenden Herbst, und vielleicht noch später, aus seinem Vaterlande zurückkehrt. Ich begreife kaum, wie sie den Schmerz der Trennung so überwindet. Den Menschen, hub Auguste sinnend an, den wir einmal wahrhaft sahen, den sahen wir, den werden wir ewig sehen! Zeit und Raum sind in dieser Hinsicht höchst untergeordnete Begriffe, die dem Wesen tief empfundner Liebe entgegenstehn. Emilie bewunderte auf’s neue diese Stärke der Gesinnung, und sagte sehr naiv, daß sie den Geliebten entweder gar nicht aus ihren Armen gelassen, oder ihn gleich aufgegeben hätte, denn sie kenne sich und die Menschen, und wisse, daß über den ersten, entsetzlichen Schmerz der Trennung hinaus, die Welt gar zu lockend und lieblich auf die Herzen eindringe, die solch gegebnes Wort nur peinlich hin und her zerre. Von hier ging sie freudig zu den Verhältnissen zur Welt im Allgemeinen über, lobte das beweglichere Leben in den Städten, erzählte von ihrem nahen Aufenthalt in der Residenz, und schloß damit, Luisen dringend um ihre Begleitung

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/77>, abgerufen am 02.05.2024.