Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

sehen wehmuthig dem blassen Staube nach! Das höchste Entzücken, fiel Auguste ein, ist schmerzlich. Das liegt im Wechsel der Erscheinungen, den wir im flüchtigen Genuß vorempfinden, und über den hinaus wir das Ewige binden möchten. Aber dieser Wechsel, liebe Freundin, fuhr sie fast vertraulich fort, sollte dem wahrhaften Menschen eigentlich nichts anhaben. Wer die volle, gesammte Einheit in sich trägt, der könne, dünkt mich, dem Spiel der bunten Oberfläche ruhig zusehn. Er kennt die tief verborgne Bedeutung desselben und sieht in jedem Schmerz das Saamenkorn neuer Offenbarungen. Ich für mein Theil habe keinen Begriff von der Ewigkeit, der Trauer und jenem sehnsüchtigen Schmachten, das einen welken Schein über die ganze Schöpfung ausgießt, die Menschen in kränkliche Träume wiegt und sie in träger Hingebung mit Andacht und Frömmigkeit äfft, statt daß ein frischer Lebenshauch den Phönix aus der Asche erweckt.

Wie schön Du redest, sagte Emilie, die während dem beifällig mit dem Kopf genickt und Luisen wiederholt ihr Entzücken mitgetheilt hatte. Es wundert mich nicht, daß Du den kalten Sir Arthur gewannest. Du könntest Steine beleben. Aber Sie wissen wohl nicht, liebe Luise, fuhr sie fort, daß unsre Freundin mit dem jungen Engländer verlobt ist, den Sie bei meinen Eltern sahen.

sehen wehmuthig dem blassen Staube nach! Das höchste Entzücken, fiel Auguste ein, ist schmerzlich. Das liegt im Wechsel der Erscheinungen, den wir im flüchtigen Genuß vorempfinden, und über den hinaus wir das Ewige binden möchten. Aber dieser Wechsel, liebe Freundin, fuhr sie fast vertraulich fort, sollte dem wahrhaften Menschen eigentlich nichts anhaben. Wer die volle, gesammte Einheit in sich trägt, der könne, dünkt mich, dem Spiel der bunten Oberfläche ruhig zusehn. Er kennt die tief verborgne Bedeutung desselben und sieht in jedem Schmerz das Saamenkorn neuer Offenbarungen. Ich für mein Theil habe keinen Begriff von der Ewigkeit, der Trauer und jenem sehnsüchtigen Schmachten, das einen welken Schein über die ganze Schöpfung ausgießt, die Menschen in kränkliche Träume wiegt und sie in träger Hingebung mit Andacht und Frömmigkeit äfft, statt daß ein frischer Lebenshauch den Phönix aus der Asche erweckt.

Wie schön Du redest, sagte Emilie, die während dem beifällig mit dem Kopf genickt und Luisen wiederholt ihr Entzücken mitgetheilt hatte. Es wundert mich nicht, daß Du den kalten Sir Arthur gewannest. Du könntest Steine beleben. Aber Sie wissen wohl nicht, liebe Luise, fuhr sie fort, daß unsre Freundin mit dem jungen Engländer verlobt ist, den Sie bei meinen Eltern sahen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="74"/>
sehen wehmuthig dem blassen Staube nach! Das höchste Entzücken, fiel Auguste ein, ist schmerzlich. Das liegt im Wechsel der Erscheinungen, den wir im flüchtigen Genuß vorempfinden, und über den hinaus wir das Ewige binden möchten. Aber dieser Wechsel, liebe Freundin, fuhr sie fast vertraulich fort, sollte dem wahrhaften Menschen eigentlich nichts anhaben. Wer die volle, gesammte Einheit in sich trägt, der könne, dünkt mich, dem Spiel der bunten Oberfläche ruhig zusehn. Er kennt die tief verborgne Bedeutung desselben und sieht in jedem Schmerz das Saamenkorn neuer Offenbarungen. Ich für mein Theil habe keinen Begriff von der Ewigkeit, der Trauer und jenem sehnsüchtigen Schmachten, das einen welken Schein über die ganze Schöpfung ausgießt, die Menschen in kränkliche Träume wiegt und sie in träger Hingebung mit Andacht und Frömmigkeit äfft, statt daß ein frischer Lebenshauch den Phönix aus der Asche erweckt.</p>
        <p>Wie schön Du redest, sagte Emilie, die während dem beifällig mit dem Kopf genickt und Luisen wiederholt ihr Entzücken mitgetheilt hatte. Es wundert mich nicht, daß Du den kalten Sir Arthur gewannest. Du könntest Steine beleben. Aber Sie wissen wohl nicht, liebe Luise, fuhr sie fort, daß unsre Freundin mit dem jungen Engländer verlobt ist, den Sie bei meinen Eltern sahen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0076] sehen wehmuthig dem blassen Staube nach! Das höchste Entzücken, fiel Auguste ein, ist schmerzlich. Das liegt im Wechsel der Erscheinungen, den wir im flüchtigen Genuß vorempfinden, und über den hinaus wir das Ewige binden möchten. Aber dieser Wechsel, liebe Freundin, fuhr sie fast vertraulich fort, sollte dem wahrhaften Menschen eigentlich nichts anhaben. Wer die volle, gesammte Einheit in sich trägt, der könne, dünkt mich, dem Spiel der bunten Oberfläche ruhig zusehn. Er kennt die tief verborgne Bedeutung desselben und sieht in jedem Schmerz das Saamenkorn neuer Offenbarungen. Ich für mein Theil habe keinen Begriff von der Ewigkeit, der Trauer und jenem sehnsüchtigen Schmachten, das einen welken Schein über die ganze Schöpfung ausgießt, die Menschen in kränkliche Träume wiegt und sie in träger Hingebung mit Andacht und Frömmigkeit äfft, statt daß ein frischer Lebenshauch den Phönix aus der Asche erweckt. Wie schön Du redest, sagte Emilie, die während dem beifällig mit dem Kopf genickt und Luisen wiederholt ihr Entzücken mitgetheilt hatte. Es wundert mich nicht, daß Du den kalten Sir Arthur gewannest. Du könntest Steine beleben. Aber Sie wissen wohl nicht, liebe Luise, fuhr sie fort, daß unsre Freundin mit dem jungen Engländer verlobt ist, den Sie bei meinen Eltern sahen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/76
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/76>, abgerufen am 09.11.2024.